Experte zu Ukraine-Hilfe: Fehlende Munition "fast peinlich"
Experte zu Ukraine-Hilfen:Fehlende Munition "fast schon peinlich"
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Die Ukraine benötigt dringend Nachschub an Waffen und Munition. Dass der Westen die Produktion nicht erhöhe, sei fast schon peinlich, findet Militärexperte Nico Lange.
Es fehlt an Waffen und Munition, die Soldaten sind ausgelaugt und die internationale Hilfe stockt. Geländegewinne gibt es zurzeit kaum, weder für die russischen Angreifer, noch für die ukrainischen Verteidiger. Im Interview mit ZDFheute live analysiert Militärexperte Nico Lange die aktuelle Lage im Ukraine-Krieg.
Sehen Sie das Interview oben im Video oder lesen Sie es hier in Auszügen.
Das sagt der Militärexperte ...
... zur aktuellen Lage in der Ukraine
"Die Lage ist schon seit einiger Zeit schwierig", sagt Nico Lange. Denn die ukrainische Gegenoffensive habe nur Teilerfolge erreicht und Russland versuche zudem in einigen Frontbereichen wieder anzugreifen. Die Lage sei allerdings "sicher nicht ganz so schlimm", wie das in den Debatten hin und wieder den Anschein habe.
... arbeitet für die Zeitenwende-Initiative bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Von 2004 bis 2006 forschte und lehrte er in St. Petersburg. Später leitete er die Auslandsbüros der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in der Ukraine und in den USA. Von 2019 bis 2022 war er Leiter des Leitungsstabes im Bundesministerium der Verteidigung.
... zum Ausbleiben weiterer Hilfen für die Ukraine
"Die Realität sieht ja so aus, dass jetzt immer noch die Lieferungen ankommen, die schon im letzten Jahr oder vor einiger Zeit zugesagt worden sind."
Allerdings sei es vor allem nicht gut, dass die Produktionskapazitäten nicht erhöht worden seien, etwa bei Artillerie-Munition, erläutert Lange weiter. "Das erscheint mir eins der dringendsten Probleme zu sein." Hier müsse die Ukraine schon jetzt haushalten.
... dazu welche Lieferungen die Ukraine braucht
Laut dem Experten benötigt die Ukraine neben Artillerie-Munition auch Nachschub an Präzisionswaffen mit hohen Reichweiten. Die von Frankreich und Großbritannien gelieferten Marschflugkörper Storm Shadow bzw. Scalp EG seien nur noch in begrenzter Stückzahl vorhanden.
Allerdings müsse man sich nichts vormachen, so Lange. Man werde sich gegen Russland im Süden nur durchsetzen können, wenn man die russische Logistik behindere. "Taurus könnte das", weshalb man diese Flugkörper zur Verfügung stellen sollte.
... zur Bedeutung westlicher Waffenproduktion für den Krieg
Die Kapazitäten in der Produktion von Waffen und Munition seien nicht ausgelastet, meint Lange.
Die industriellen Fragen würden immer wichtiger werden. Auch die Munitionsproduktion für die Ukraine sowie für uns selbst seien sehr entscheidende Fragen. "Im Moment guckt Putin sich das an und sieht, dass wir nicht das Notwendige tun und denkt sich: 'Na dann habe ich vielleicht doch noch eine Chance, mich durchzusetzen'".
... zur Zurückhaltung des Westens bei entscheidenden Waffenlieferungen
Für Lange habe es den Anschein, dass noch nicht wirklich geklärt sei, was das Ziel der militärischen Unterstützung für die Ukraine ist.
"Und tun wir dann noch alles, um dieses Ziel zu erreichen? Nämlich unsere eigene Sicherheit zu schützen und die internationale Ordnung wiederherzustellen, und auch klar zu machen, dass bei einem Angriffskrieg der Angreifer keinen Gewinn haben darf." Es wirke etwas unentschlossen, findet Lange.
Ihm zufolge hätten die Ukrainer das für sich eindeutig festgelegt: "Sie wollen die Grenzen von 1991, da wollen sie die Kontrolle wieder haben und die Russen dort vertreiben." Viele Staaten in Europa hätten ebenfalls dieses Ziel.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.