Datenschutz gefährdet:Smart-Brille erspäht Personalien von Fremden
von Jean Dumler
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Zwei Harvard-Studenten haben es geschafft, mit einer manipulierten Smart-Brille Menschen auf der Straße zu identifizieren. Sie wollen damit auf Datenschutzlücken hinweisen.
22.10.2020, Mecklenburg-Vorpommern, Zingst: Spaziergänger sind im Boddenhafen hinter einer großen rosaroten Brille unterwegs, einer Arbeit mit dem Titel «Sea Pink II» von Marc Moser, während sich die Sonne durch die Schleierwolken kämpft. Reichlich Sonne und Temperaturen von bis zu 17 Grad locken die Gäste ins Freie. Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über das Kunstwerk und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++
Quelle: dpa
Man stelle sich eine Welt vor, in der man für jeden Menschen auf der Straße ein offenes Buch ist. Name, Adresse, Telefonnummer, Beruf und Verwandtschaft jedes Menschen, den man sieht, sind in Sekundenschnelle abrufbar. Und das nur mit einer Brille.
Was wie eine Szene aus einem Science-Fiction-Film klingt, ist bereits Realität. Das beweisen die beiden Harvard-Studenten AnhPhu Nguyen und Caine Ardayfio mit einer von ihnen modifizierten Smart-Brille.
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Personenerkennung mittels bereits existierenden Programmen
Beide betreiben seit einiger Zeit einen Virtual-Reality-Club an ihrer Universität, wo sie sich unter anderem mit den Möglichkeiten neuer Virtual-Reality-Geräte und künstlicher Intelligenz beschäftigen. Dabei sind sie auf die Smart-Brille gestoßen, die von der Brillenmarke Ray-Ban in Zusammenarbeit mit Meta, dem Mutterkonzern von Facebook und Instagram, entwickelt wurde.
Die Brille hat eine eingebaute Kamera, ein Mikrofon, Lautsprecher und eine Internetverbindung. Damit, so die beiden Studenten, könne man alles über die Personen erfahren, die man mit der Brille aufnimmt.
Nguyon und Ardayfio nehmen ihre Umgebung mit der Brille auf, übertragen die Aufnahmen mit einem Programm direkt auf einen Computer, der sie in die Gesichtssuchmaschine PimEyes hochlädt. In einer umgekehrten Bildersuche werden zahlreiche Links angezeigt, wo das Gesicht dieser Person im Internet zu finden ist. Eine künstliche Intelligenz scannt dann alle Links und fasst die Informationen zusammen.
Experiment, um vor Datenschutzlücken zu warnen
Die Ergebnisse variieren bei ihrem Experiment von Person zu Person, aber die Informationsdichte ist oft höher als gedacht. In sozialen Netzwerken und bei Online-Bestellungen werden viele Daten gesammelt, die oft schlecht geschützt sind.
Trotz zahlreicher Angebote verkaufen die beiden Studenten ihren Prototyp nicht. Sie haben zwar offengelegt, welches Programm sie benutzen. Doch nur vertrauenswürdigen Experten erklären sie im Detail, wie sie die Datenschutzlücken der Brillensoftware umgehen konnten und wie sie die frei verkäufliche Brille modifiziert haben. Vielmehr wollen sie mit ihrem Experiment darauf aufmerksam machen, wie viele Daten für jedermann leicht zugänglich sind. Außerdem haben sie eine Anleitung geschrieben, wie man seine Daten wenigstens aus Internet-Tools wie PimEyes und FastPeopleSearch löschen kann, so dass diese Technologie teilweise unwirksam wird - und erhalten dafür positive Reaktionen:
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Smart-Brillen kann jeder nutzen - und sie werden immer beliebter
Die Smart-Brille, die von den beiden Studenten verwendet werden, sind ohne Modifikation ab ca. 330 Euro für jeden erhältlich. Der Erfolg der Brille ist bereits größer, als das Technologieunternehmen Meta ursprünglich erwartet hatte. Nach Angaben des kooperierenden Brillenherstellers sollen 60 Prozent aller Verkäufe von Ray-Ban in Europa, dem Nahen Osten und Afrika auf die Smart Glasses entfallen, die damit sogar das meistverkaufte Produkt des Unternehmens sind.
Auch Apple arbeitet an einer intelligenten Brille, die mit der von Meta und Ray-Ban konkurrieren könnte.
Eingebaute Künstliche Intelligenz in der EU noch gestoppt
Sowohl Meta als auch Apple wollen ihre Smart-Brille mit integrierter künstlicher Intelligenz ausstatten. Beide stoßen jedoch auf regulatorische Hürden der EU, so dass ihr KI-System in Europa vorerst nicht eingesetzt werden darf.
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Quelle: ZDF
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