Wahl in Japan: Möglicher Machtwechsel nach 70 Jahren
Vorgezogene Parlamentswahl:Warum die Japan-Wahl für uns interessant ist
von Miriam Steimer, Tokio
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Es geht um Ehepaare mit unterschiedlichen Nachnamen, Kernenergie, steigende Preise und Schmiergelder. Drei Gründe, warum wir auf die Wahl in Japan blicken sollten.
In Japan sind viele Menschen unzufrieden mit der Regierung, so dass die kommende Parlamentswahl eine Überraschung bringen könnte. 26.10.2024 | 1:30 min
Seit 70 Jahren regiert die Liberaldemokratische Partei (LDP) Japan fast ununterbrochen, seit 2012 hat sie keine Wahl mehr verloren. Nun zeigen die Umfragen, dass es sehr knapp steht: Die LDP und ihr Koalitionspartner könnten die Mehrheit verlieren.
1. Nach Jahrzehnten könnte es in Tokio einen politischen Wandel geben
Japan erlebte unter der LDP sein Wirtschaftswunder: Aus dem vom Krieg gezeichneten Land wurde in den Jahrzehnten nach dem Ende der US-Besatzung die zweitstärkste Wirtschaftsmacht der Welt. Doch heute ist der Alltag vieler Japanerinnen und Japaner eher geprägt von Wirtschaftskrise, einem schwachen Yen, steigenden Preisen und stagnierenden Löhnen.
Die Bedrohung durch Peking im Chinesischen Meer nimmt zu - dort verläuft eine der wichtigsten Handelsrouten. Welche Rolle spielt Deutschland im Konflikt? ZDFheute live ordnet ein.28.08.2024 | 33:33 min
An Korruption und Skandale ist Japans Politik gewöhnt, doch der jüngste Schmiergeld-Skandal hatte ein besonders schlechtes Timing: Als viele Japanerinnen und Japaner sich gerade mit ihrer Steuererklärung beschäftigen mussten, wurde bekannt, dass etliche LDP-Politiker nicht gemeldete Gewinne aus dem Verkauf von Eintrittskarten für Parteiveranstaltungen in geheime Schmiergelder abgezweigt hatten - insgesamt mindestens 3,5 Millionen Euro.
Die LDP wird wegen ihres Umgang mit dem Skandal kritisiert. Zwölf Politiker, die wegen ihrer Verwicklung in den Skandal schwer bestraft worden waren, durften nicht als LDP-Kandidaten bei der Wahl antreten, neun kandidieren als unabhängige Kandidaten. Wie die LDP im Falle ihres Einzugs ins Parlament mit ihnen umgehen will, ließ sie offen. Vier Tage vor der Wahl wurde bekannt, dass auch an die Kandidaten, denen die Partei die Unterstützung offiziell entzogen hatte, LDP-Gelder geflossen sind - offiziell nicht für die Kandidaten selbst, sondern "zur Stärkung der Partei".
Xi Jinping weitet seinen Machtanspruch im Südchinesischen Meer und Richtung Taiwan aus. Fast täglich kommt es zu Zusammenstößen zwischen philippinischen Fischern und Chinas Küstenwache. 29.08.2024 | 43:33 min
2. Japan ist ein wichtiger Spieler im Machtpoker ums Chinesische Meer
Japan ist Teil eines geopolitischen Machtspiels: Die Anrainerstaaten des süd- und ostchinesischen Meeres rüsten auf, es geht um eine neue Weltordnung - für Japan vor allem: um eine Bedrohung durch China. Denn Peking will im Chinesischen Meer durch Einschüchterung und Übermacht Fakten schaffen.
Für Japan ist es eine Zeitenwende, denn das Land hat den Pazifismus in der Verfassung verankert, sein Militär trägt ihn schon im Namen: Selbstverteidigungsstreitkräfte nennen sie sich.
Streit im Ostchinesischen Meer: Mit neuen Marine-Streitkräften will sich Japan im Ernstfall gegen China verteidigen. Für eine pazifistisch geprägte Gesellschaft eine Zeitenwende.21.08.2024 | 6:48 min
Doch die Regierung in Tokio beschloss - auch als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg in der Ukraine - eine Kehrtwende: Schluss mit der ausschließlich auf Verteidigung ausgerichteten Sicherheitspolitik. Das Budget soll sich bis 2027 verdoppeln.
Es ist ein Konflikt, der auch uns betrifft: Die wichtigsten Routen des Welthandels gehen durch diese Gewässer, wenn der Schiffverkehr hier wegen einer Eskalation des Konflikts stoppt, hat das Auswirkungen auf die Lieferketten weltweit. Außerdem sind die Philippinen, Taiwan und auch Japan verbündet mit der Atommacht USA. Ein Krieg in der Region hätte katastrophale Folgen.
3. Nach der US-Wahl - Wer wird mit Trump oder Harris verhandeln?
Nach der Japan-Wahl ist vor der US-Wahl. Es geht bei dieser Wahl also auch um die Zukunft von Japans Militär - und das Verhältnis zum Bündnispartner: dem US-Militär. Im Sommer erst haben die USA beschlossen, in Japan eine neue Kommandozentrale für Kampfeinsätze zu errichten.
Ende September hatte Japans Regierungspartei LDP den früheren Verteidigungsminister Shigeru Ishiba zum Parteivorsitzenden gewählt, Anfang Oktober wurde er neuer Ministerpräsident Japans. Bei vielen weckte seine Wahl Hoffnungen, dass aus den Umwälzungen der letzten Monate eine gemäßigtere Version der LDP hervorgehen würde.
Der 67-jährige ehemalige Banker, dessen Hobby der Bau von Modellkriegsflugzeugen und -schiffen ist, hatte angedeutet, gleichgeschlechtliche Ehen zu unterstützen sowie das Recht verheirateter Paare, verschiedene Nachnamen zu tragen - soziale und kulturelle Veränderungen, die seine Partei entgegen der öffentlichen Meinung bisher abgelehnt hat.
Nach der Unterhaus-Wahl wird sich entscheiden, ob Ministerpräsident Shigeru Ishiba, der die LDP nach dem Rückzug von Fumio Kishida übernahm, seinen Vorschlag für ein gleichberechtigteres japanisch-amerikanisches Sicherheitsbündnis umsetzen kann. Er will auch eine gemeinsame Verwaltung von US-Stützpunkten in Japan und von Stützpunkten der japanischen Selbstverteidigungskräfte in den USA. Das derzeitige bilaterale Bündnis sei asymmetrisch und solle überarbeitet werden.
Fumio Kishida wird nicht mehr als Spitzenkandidat seiner Partei bei den nächsten Wahlen antreten. In Japan überrascht der Rückzug des unbeliebten Premiers nur wenige.
von Elisabeth Schmidt
Miriam Steimer ist Korrespondentin für Ostasien und Leiterin des ZDF-Studios in Peking.
Quelle: ZDF
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