Zur Wahl stehen der Reform-Kandidat Peseschkian und Hardliner Dschalili. Rund 61 Millionen Menschen in Iran dürfen wählen.05.07.2024 | 1:37 min
Im
Iran gehen an diesem Freitag der gemäßigte Präsidentschaftskandidat Massud Peseschkian und der Hardliner Said Dschalili in die
Stichwahl. Rund 61 Millionen Menschen sind aufgerufen, einen Nachfolger des bei einem Hubschrauberunglück ums Leben gekommenen Ebrahim Raisi zu wählen.
Die Wahllokale sind erneut von 8 bis 18 Uhr Ortszeit (6:30 bis 16:30 Uhr MESZ) mit der Möglichkeit zur Verlängerung geöffnet. Mit ersten Ergebnissen wird am Samstag gerechnet. Von insgesamt 80 Bewerbern hatte der sogenannte Wächterrat, ein mächtiges islamisches Kontrollgremium, nur sechs als Kandidaten zugelassen. Zwei von ihnen zogen sich zurück.
Anders als in vielen anderen Ländern ist der Präsident im Iran nicht das Staatsoberhaupt. Die eigentliche Macht konzentriert sich auf den Religionsführer
Ali Khamenei.
Kaum jemand glaube an Reformversprechen, noch an eine Wahl - sagt der im Iran lebende Bürgerrechtler Hossein Ronaghi, der für seinen Aktivismus mehrmals verurteilt wurde.
Reformkandidat will bessere Beziehungen zum Westen
Der Reformkandidat Peseschkian ist 69 Jahre alt und stammt aus dem Nordwesten Irans. Im Wahlkampf warb der bisher eher unscheinbare Politiker für neues Vertrauen zwischen Regierung und Volk, das nach gescheiterten Reformversuchen, politischer Repression und einer Wirtschaftskrise von der Politik maßlos enttäuscht ist.
Wie viele Politiker des Reformlagers forderte er eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen. Im Wahlkampf kritisierte Peseschkian etwa die Internetzensur sowie das repressive Vorgehen der Sittenwächter gegen Frauen, die in der Öffentlichkeit gegen die Kopftuchpflicht verstoßen. Gleichzeitig bekundete der frühere Gesundheitsminister seine Loyalität gegenüber Religionsführer Chamenei.
Im Iran fanden heute Neuwahlen statt, nachdem der amtierende Präsident Raisi bei einem Hubschrauberabsturz verstarb. Vier Kandidaten wurden vom Wächterrat für die Wahl zugelassen.28.06.2024 | 1:28 min
In den TV-Debatten bezeichnete er sich selbst als wertkonservativen Politiker, der Reformen für notwendig hält. Kritiker halten ihm vor, dass er diese angesichts einer Mehrheit von Hardlinern im Parlament gar nicht erst umsetzen könnte.
Hardliner-Kandidat von Radikalen unterstützt
Dschalili auf der anderen Seite gehörte früh zum engsten Machtzirkel und arbeitete im Büro des Religionsführers. Unter dem umstrittenen früheren Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad war Dschalili Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen.
Der Hardliner genießt breite Unterstützung von radikalen und loyalen Systemanhängern. Er gilt als eiserner Verfechter der Ideologie der Islamischen Revolution im Iran.
Der Präsident im Iran könne keine "Richtungswechsel einläuten, aber er kann Akzente setzen", so ZDF-Korrespondentin Phoebe Gaa. Dies könne in den nächsten Jahren wichtig werden. 28.06.2024 | 1:42 min
Wenig Wahlstimmung, viel Frust
Bei der ersten Runde am vergangenen Freitag erreichte die Wahlbeteiligung nach offiziellen Daten mit rund 40 Prozent ein Rekordtief. Darin spiegelt sich die große Enttäuschung vor allem der jungen Generation, die den Glauben an große innenpolitische Veränderungen verloren hat. Der Tod der jungen Kurdin Jina Masa Amini im Herbst 2022 entfachte landesweite
Proteste gegen das islamische Herrschaftssystem.
Peseschkian kam vor einer Woche auf rund 10,4 Millionen (rund 42,5 Prozent), Dschalili auf 9,4 Millionen Stimmen (38,7 Prozent). Für den konservativen Drittplatzierten, Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf, stimmten etwa 3,4 Millionen Landesbewohner. Er sprach dann Dschalili seine Unterstützung aus. Damit geht das konservative Lager mit einem leichten Vorteil in die Runde. Reformkandidat Peseschkian müsste für einen Sieg vor allem Nichtwähler umstimmen.
Frauen oder Systemkritiker nicht zur Wahl zugelassen
Irans politisches System vereint seit der Revolution von 1979 republikanische und auch theokratische Züge. Freie Wahlen gibt es jedoch nicht: Das Kontrollgremium des Wächterrats prüft Kandidaten stets auf ihre Eignung. Frauen oder Kandidaten, die einen radikalen Wandel fordern, kommen gar nicht erst auf den Stimmzettel. Ebenso waren wie üblich keine international anerkannten Wahlbeobachter zugelassen.
Eine grundsätzliche Kritik am System wird nicht geduldet, wie die Niederschlagung von Protesten in den vergangenen Jahren zeigte.
Der Urnengang fällt in angespannte Zeiten im Nahen Osten - bedingt durch den
Gaza-Krieg zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas. Im April hatte der Iran erstmals einen direkten Angriff auf Israel verübt - offenbar eine Reaktion auf einen mutmaßlich israelischen Angriff auf ein Konsulatsgebäude neben der iranischen Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus, bei dem zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarde und andere ums Leben kamen.
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:IranNach dem Tod einer kurdischen Iranerin in Polizeigewahrsam protestieren viele Menschen im Iran gegen das Regime. Aktuelle News und Hintergründe zum Iran.
Quelle: dpa, Reuters, AP