Pressestimmen zu Frankreich: Macron hat sich "überschätzt"

    Wahlen in Frankreich:Pressestimmen: Macron hat sich "überschätzt"

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    Die Internationale Presse ist sich einig: Mit seiner Entscheidung für vorgezogene Parlamentswahlen hat Frankreichs Präsident Macron einen Fehler gemacht.

    Wahlzettel in Frankreich
    Nach der ersten Wahlrunde in Frankreich liegt die rechte Partei von le Pen klar vorn. Das Mittelager von Präsident Macron kommt hinter dem Linksbündnis auf Platz drei.01.07.2024 | 0:29 min
    Die frühere Chefin des RN, Marine Le Pen, sieht den Block von Macron nach der ersten Runde der vorgezogenen Parlamentswahl in Frankreich "praktisch ausgelöscht". Auch die internationale Presse hat Bedenken, ob Macrons Front gegen die Rechtspopulisten noch standhalten kann.

    Italien, "La Stampa": Macron hat Spiel verloren

    "Mit seiner Entscheidung, die Abgeordnetenkammer aufzulösen, wollte Präsident Emmanuel Macron eine Front von Republikanern um sich scharen, um sich als einziges echtes Bollwerk gegen die extreme Rechte zu positionieren und wie 2017 und 2022 seine politische Wette erneut gewinnen. Aufgrund der zahlreichen Spaltungen zwischen der gemäßigten Linken und der radikalen Linken von Jean-Luc Mélenchon rechnete er nicht damit, dass sich diese Kräfte für die Wahl in Form einer neuen Volksfront zusammenschließen.
    Emmanuel Macron hat dieses Spiel verloren. Der Präsident sieht sich mit einem Land konfrontiert, das in drei Lager gespalten ist, mit der sehr realen Möglichkeit, dass die republikanische Rechte und die Linke zum ersten Mal nicht in der Lage sein werden, sich zu verbünden, um die extreme Rechte an der Macht zu hindern."

    Spanien, "El País": Andere Parteien in der Verantwortung

    "Der Sieg des Rassemblement National (...) in der ersten Runde der Parlamentswahl nimmt die (...) anderen Parteien in die Verantwortung. Entweder sie schließen sich in der zweiten Runde zusammen, um Marine Le Pens RN zu besiegen, oder sie riskieren, in einer Woche den Weg für eine rechtsextreme Regierung in Frankreich zu ebnen (...). Der Wiederaufbau der sogenannten republikanischen Front (...) dürfte nicht schwierig sein. Dabei müsste in Bezirken, in denen sich drei Kandidaten für den zweiten Wahlgang qualifiziert haben und einer von ihnen der RN angehört, derjenige zurücktreten, der im ersten Wahlgang die wenigsten Stimmen erhalten hat. (...) Ab hier werden die Dinge kompliziert. (...)
    SGS Walde
    Es zeichnet sich eine hohe Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen in Frankreich ab. Wem die hohe Wahlbeteiligung nützen könnte, erklärt ZDF-Korrespondent Thomas Walde in Paris. 30.06.2024 | 1:10 min
    Die extreme Rechte hat sich strategisch so entwickelt, dass sie weniger Ablehnung erfährt. (...) Zudem setzen viele Wähler der Mitte und der gemäßigten Rechten (...) die Partei von Le Pen mit der von Jean-Luc Mélenchon, dem Vorsitzenden von La France Insoumise, gleich. (...) Zum Glück scheint es eine Bereitschaft zu geben, diese Unterschiede zu überbrücken. Präsident Emmanuel Macron (...) rief zu einer 'breiten, eindeutig demokratischen und republikanischen Union' auf. (...) Um zu verhindern, dass die extreme Rechte an die Macht kommt, müssen die anderen (...) ihre Differenzen beiseitelegen und denjenigen unterstützen, der die extreme Rechte besiegen kann."

    Belgien; "De Tijd": Macron hat sich überschätzt

    "Letztlich sagen diese Ergebnisse noch nicht viel über die endgültige Verteilung der Sitze im Parlament aus. Denn nächste Woche gibt es eine zweite Runde in den Wahlkreisen, in denen kein Kandidat eine absolute Mehrheit erreicht hat. Und dann kommen taktische Erwägungen bei der Stimmabgabe ins Spiel. Wenn es ein RN-Kandidat in die zweite Runde schafft - was angesichts der Ergebnisse der ersten Runde kein Problem ist - schließen sich die anderen Parteien normalerweise zusammen, um ihn zu besiegen.
    Vor den Parlamentswahlen in Frankreich
    Neuwahlen – das war Präsident Macrons Antwort auf die deutliche Niederlage seiner Liberalen bei der Europawahl. Steht nun ein folgenschwerer Sieg der Rechtspopulisten bevor?27.06.2024 | 2:35 min
    Nur stellt sich diesmal die Frage, welches Lager den Herausforderer des RN in den Wahlkreisen schlagen kann: das Parteienbündnis von Präsident Macron oder das Linksbündnis Nouveau Front Populaire. Macron rechnete damit, dass sein Bündnis vorn liegen würde. Er wurde jedoch von der raschen Bildung einer Linksfront überrascht, die unmittelbar auf seine Ankündigung vorgezogener Wahlen folgte. Nun läuft Macron Gefahr, die Initiative der Linken überlassen zu müssen, wenn sein Kandidat nur Dritter wurde. Macron sah die vorgezogenen Wahlen als eine Art Volksabstimmung über seine Politik in der Mitte seiner zweiten Amtszeit. Aber er hat seine Stärke eindeutig überschätzt."

    USA: "Wall Street Journal": Der französische Präsident zockte

    "Wenn Sie mit Emmanuel Macron in einem Kasino sind, dann ahmen sie nicht seine Einsätze nach. Der französische Präsident zockte, indem er eine kurzfristige Wahl zur Nationalversammlung ansetzte, und am Sonntag endeten er und seine Zentrumspartei auf einem schwachen dritten Platz im ersten Wahlgang. Die großen Sieger waren die Parteien der Rechten und der Linken (...) Das ist ein peinliches Ergebnis für Macron, der die unnötige kurzfristige Wahl ansetzte, nachdem der Rassemblement National gut bei der kürzlichen Wahl zum Europäischen Parlament abgeschnitten hatte.
    rechtsextreme Regierung
    In Frankreich fürchtet die Kulturszene umfangreiche Streichungen und Schließungen von Kulturbetrieben, sollte die extreme Rechte an die Macht kommen.27.06.2024 | 2:02 min
    Seine Wette war, dass die Wähler wieder nüchtern würden, wenn es um die Nationalversammlung ginge. Sie schenkten sich stattdessen noch einen Doppelten ein, mehr daran interessiert, eine Botschaft der Unzufriedenheit auszusenden als an Macrons Version einer zentristischen Nüchternheit."

    Slowakei, "Pravda": Macrons größter Feind ist seine eigene Politik

    "Macron bezeichnete seine erfolgreicheren größten Gegner, die Nationale Sammelbewegung RN von Marine Le Pen und das linke Unbeugsame Frankreich LFI, als Gefahr, die sogar zu einem Bürgerkrieg führen könne. Die Frage ist daher, warum er sich entschied, Wahlen auszurufen, bei denen sehr wahrscheinlich ist, dass der RN seinen Triumph von der Europawahl wiederholt und womöglich der aufgehende Stern der Ultrarechten, Jordan Bardella, Premier wird.
    Macron setzte auf das Schüren von Angst vor Konflikten zwischen den "Extremen", als die er neben RN auch das linke LFI einordnete. (...) Der größte Feind Macrons ist aber seine eigene, streng rechtsgerichtete, antisoziale und neoliberale Politik und das rücksichtslose Durchsetzen umstrittener Gesetze wie zum Beispiel die Erhöhung des Rentenalters sowie das Leugnen von Problemen von ländlichen Regionen und Peripherie."
    Europas Rechte und die AFD
    Die französische Rechtspopulistin Le Pen stellt die Fraktionsgemeinschaft mit der AfD im EU-Parlament infrage.28.02.2024 | 2:26 min
    Quelle: dpa

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