EU legt Beitrittsprozess von Georgien vorerst auf Eis

    Umstrittenes "Agentengesetz":Georgien: EU-Beitrittsprozess vorerst auf Eis gelegt

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    Die EU hat den Beitrittsprozess von Georgien vorerst auf Eis gelegt. Zuvor hatte die Europäische Union mehrfach gefordert das umstrittene "Agentengesetz" zurückzuziehen.

    Zahlreiche Europaflaggen flattern vor dem Berlaymont-Gebäude, dem Sitz der Europäischen Kommission, im Wind.
    Der Europäische Rat äußerte seine ernsthafte Besorgnis über die jüngsten Entwicklungen in Georgien.
    Quelle: dpa

    Die Europäische Union legt den Beitrittsprozess von Georgien vorerst auf Eis. Grund ist der aktuelle Kurs der politischen Führung in Tiflis, wie aus einer Erklärung der Staats- und Regierungschefs vom Gipfeltreffen in Brüssel hervorgeht.
    In dem Text heißt es, der Europäische Rat äußere seine ernsthafte Besorgnis über die jüngsten Entwicklungen in Georgien. Die dortigen Behörden müssten den aktuellen Kurs umkehren, denn dieser gefährde Georgiens Weg in die EU und führe "de facto zu einem Stopp des Beitrittsprozesses".

    Georgien hat EU-Kandidatenstatus seit Dezember 2023

    Der EU-Kandidatenstatus war dem 3,7-Millionen-Einwohner-Land erst im vergangenen Dezember zuerkannt worden, nachdem es kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Aufnahme in die EU beantragt hatte.

    Gesetz führte zu Massenprotesten

    Als konkretes Beispiel für die negativen Entwicklungen in der früheren Sowjetrepublik an der Südgrenze Russlands nennen die Staats- und Regierungschefs ein neues Gesetz zur schärferen Kontrolle der Zivilgesellschaft.
    Dieses war im Mai trotz wochenlanger Massenproteste gegen das "russische Gesetz" vom Parlament verabschiedet worden. Es überstimmte dabei auch ein Veto der proeuropäischen Präsidentin Salome Surabischwili. 
    Coerper + Schaefers im Gespraech mit Hayali
    Die Proteste gegen das "russische Gesetz" dauern an, so Korrespondent Coerper. Aus Brüssel berichtet Isabelle Schaefers, die EU wolle die Türen für Georgien nicht zuschlagen. 14.05.2024 | 3:42 min

    Regierungspartei verschärft Rechenschaftspflicht

    Die Regierungspartei Georgischer Traum, die im Parlament die Mehrheit hält, verschärft mit dem Gesetz konkret die Rechenschaftspflicht von Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 20 Prozent ihres Geldes aus dem Ausland erhalten.
    Sie begründet dies mit höherer Transparenz. Ein ähnliches Gesetz in Russland stempelt diese vom Ausland unterstützten Organisationen als "ausländische Agenten" ab.

    Mahnungen nach Tiflis

    Die Staats- und Regierungschefs der EU sehen in dem georgischen Gesetz "einen Rückschritt" in Bezug auf Empfehlungen der EU-Kommission für den EU-Beitrittskandidatenstatus.
    Zum Vorgehen von Behörden gegen Kritiker schreiben sie, man fordere ein Ende der zunehmenden Einschüchterungen, Drohungen und körperlichen Angriffe gegen Vertreter der Zivilgesellschaft, politische Führungspersönlichkeiten und zivile Aktivisten und Journalisten.
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    Die Demonstrationen in der Hauptstadt reißen nicht ab. Zehntausende protestieren gegen ein moskaufreundliches Gesetz, das den Einfluss vom Ausland kontrollieren soll.15.05.2024 | 6:25 min
    Zudem wird in der Erklärung daran erinnert, dass die Achtung der Werte und Prinzipien, auf denen die Europäische Union gegründet seien, für jedes Land, das eine Mitgliedschaft anstrebe, von wesentlicher Bedeutung seien.
    Es müsse auch sichergestellt werden, dass die Parlamentswahlen in diesem Herbst frei und fair seien.
    13.03.2022, Mainz: Marfa Smirnova im Gespräch mit Christian Sievers über die Lage in der Ukraine.
    Die russische Journalistin Marfa Smirnova hat für den Fernsehsender "Doschd" gearbeitet, bis er geschlossen wurde. Jetzt lebt sie in Georgien. Sie glaubt, dass die Menschen in Russland irgendwann merken, was es heißt, isoliert zu sein.13.03.2022 | 4:10 min

    Gute Kontakte nach Moskau

    Was genau hinter dem Kurs der Regierung in Tiflis steckt, ist bislang unklar. Paradox ist, dass die Regierung von Georgischer Traum die erfolgreichen Gespräche über den EU-Kandidatenstatus geführt hat. Sie hält nach Worten am EU-Kurs fest - verfolgt aber zugleich gute Kontakte nach Moskau.
    Als ein Treiber des Gesetzes gilt der Parteigründer Bidsina Iwanischwili, der mit Geschäften in Russland zum Milliardär geworden ist und zeitweise auch Ministerpräsident war. Er vertrat in der Vergangenheit die Ansicht, dass sich Georgien vor verderblichem westlichem Einfluss schützen müsse.
    Quelle: dpa
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