Fatah-Hamas-Einigung: Chinas Ziele als Friedensbringer

    Analyse

    Friedensbringer im Nahen Osten?:Warum die Fatah-Hamas-Einigung China hilft

    Elisabeth Schmidt
    von Elisabeth Schmidt, Peking
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    Die Palästinensergruppen sind erbitterte Feinde. Ihre Einigung in Peking ist ein diplomatischer Erfolg für China. Warum das neuen weltpolitischen Sprengstoff birgt.

    Palästinensergruppen auf einer Bühne beim Vermittlungstreffen in Peking.
    Die vorzeitige Einigung der Palästinensergruppen bestätigt China in seiner Vermittlerrolle im Nahost-Konflikt. Chinas politischer und wirtschaftlicher Einfluss im Nahen Osten steigt.
    Quelle: epa

    Die Karikatur zeigt den Arm eines Anzugträgers, auf dem weißen Hemd am Handgelenk steht "China", die Hand entlässt eine weiße Taube mit grünem Olivenzweig in den Nahen Osten. Veröffentlich hat sie die Global Times, chinesisches Staatsmedium, zur "Pekinger Erklärung".

    Fatah und Hamas



    Von Sonntag bis Dienstag saßen vierzehn rivalisierende Palästinensergruppen, unter ihnen die islamistische Hamas und die säkulare Fatah, auf Einladung Chinas zu Gesprächen zusammen. In den vergangenen Jahren hatten Saudi-Arabien, Ägypten, Katar, die Vereinten Nationen, die Schweiz und China vergeblich versucht, die Differenzen und teils blutigen Auseinandersetzungen zwischen Hamas und Fatah beizulegen. Die Einigung jetzt wird von der chinesischen Propaganda als internationaler Durchbruch gefeiert.
    23.07.2024, China, Peking: Mahmoud al-Aloul, stellvertretender Chef der Fatah, spricht während eines Treffens zwischen ihm und Mussa Abu Marzuk von der Hamas auf Einladung von Chinas Außenminister im Staatlichen Gästehaus Diaoyutai.
    Die bisher verfeindeten, palästinensischen Gruppen Hamas und Fatah streben eine Einheitsregierung in den palästinensischen Gebieten an. China hatte bei den Gesprächen vermittelt.24.07.2024 | 2:02 min

    China inszeniert sich als Friedensbringer

    Chinas Außenminister Wang Yi ließ es sich nicht nehmen, das historische Ergebnis persönlich zu verkünden:

    Der herausragende Höhepunkt ist der Konsens über die Einrichtung einer Übergangsregierung zur nationalen Versöhnung, die Gaza nach dem Krieg verwalten soll.

    Wang Yi, Außenminister China

    Sein Land wolle eine "konstruktive Rolle bei der Sicherung von Frieden und Stabilität" im Nahen Osten spielen. Die Einigung bringe "den leidenden palästinensischen Menschen wertvolle Hoffnung" hieß es aus dem Außenministerium weiter. China inszeniert sich heute bereits als Friedensbringer, ohne dass die Waffen im Nahen Osten schweigen.
    Xi Jinping
    China soll Weltmacht werden, das ist der Plan von Xi Jinping. ZDF-Korrespondentin Miriam Steimer erzählt von geleakten Dokumenten, Überwachung und einer verfolgten Journalistin.04.10.2023 | 14:02 min

    Einigung steht auf wackligen Beinen

    Welche Bedeutung die Einigung der rivalisierenden Palästinensergruppen hat, ist unklar. "Es ist nicht das erste Mal, dass sich die palästinensischen Gruppierungen auf eine Zusammenarbeit einigen, und es ist auch nicht die erste Gesprächsrunde, die von Peking ausgerichtet wird," erläutert Helena Legarda vom Mercator-Institut-für-China-Studien und verweist auf ein vorangegangenes Treffen in Peking im April diesen Jahres. In der Vergangenheit war es nach etlichen vermeintlichen Übereinkünften der Fatah und Hamas wieder zu blutigen Auseinandersetzungen gekommen.

    Ein Prozess der Vertrauensbildung wird notwendig sein, damit alle Fraktionen in Zukunft zusammenarbeiten können.

    Helena Legarda, Mercator-Institut-für-China-Studien

    Daniel Gerlach  (Nahost-Experte)
    Das Abkommen zwischen Fatah und Hamas ist ein "erster Schritt", jedoch sollte die "Versöhnung nicht zu hoch bewertet werden", sagt der Nahostexperte Daniel Gerlach.24.07.2024 | 8:07 min

    Chinas Einfluss im Nahen Osten wächst

    Chinas Vermittlerrolle ist Teil von Pekings Strategie, seine wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen im Nahen Osten auszubauen. Die Region, in welcher der Einfluss der USA als Israels stärkster Verbündeter traditionell groß ist, ist für die chinesische Staatsführung ein strategisch wichtiger Knotenpunkt - nicht nur für ihr Infrastrukturprojekt "Neue Seidenstraße":

    China möchte sich im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten und dem Westen als Friedensstifter und verantwortungsbewusste Weltmacht präsentieren und hat zu diesem Zweck eine größere Bereitschaft signalisiert, sich in internationale Konflikte — auch im Nahen Osten — einzumischen.

    Helena Legarda, Mercator-Institut-für-China-Studien

    Nach Chinas Vermittlungserfolg zwischen Saudi-Arabien und Iran 2023, hat die Volksrepublik ihre Bemühungen zur Lösung anderer Krisen im Nahen Osten verstärkt. China gewinnt in der Region als Vermittler - und Alternative zu den USA - massiv an Ansehen und Einfluss.
    GlobalPolitiX Israel Gaza
    Hass und Gewalt zwischen Hamas und Israel eskalieren. Die langjährige Nahost-Korrespondentin Nicola Albrecht erklärt die Hintergründe des aktuellen Konflikts. 16.10.2023 | 12:59 min

    Könnte China einen Frieden im Gaza-Streifen verhandeln?

    China unterstützt eine Zweistaatenlösung im israelisch-palästinensischen Konflikt. Diese sieht einen unabhängigen, mit Israel koexistierenden Palästinenserstaat vor. Allerdings akzeptieren weder Israel, noch die mit ihm verbündeten USA eine Beteiligung der Hamas an einer Nachkriegsordnung für den Gazastreifen. Nach deren brutalem Angriff am 7. Oktober 2023 hat Israel die Zerstörung der Radikalislamisten als Ziel ausgegeben. In China dagegen hatten sich damals Staatsmedien und viele Social-Media-User mit den Palästinensern solidarisiert.

    Die Beziehungen Chinas zu Israel haben sich seit den Anschlägen vom 7. Oktober rapide verschlechtert, was Peking zu einem höchst unwahrscheinlichen Vermittler zwischen Israel und Palästina macht.

    Helena Legarda, Mercator-Institut-für-China-Studien

    Pekings Vermittlung zwischen den Palästinensergruppen ist ein Erfolg. Von welcher Tragweite er sein wird, bleibt allerdings fraglich.
    Elisabeth Schmidt ist Korrespondentin im ZDF-Studio Peking.
    Auf dem Bild ist ein chinesischer Drache zu sehen.
    Die Abhängigkeit von China ist für Deutschland gefährlicher als die von russischem Gas und Öl. Wie erpressbar ist Deutschland im Falle eines Konfliktes? Und wie konnte es so weit kommen?23.11.2023 | 57:36 min

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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