Beschlüsse des Amazonas-Gipfels:An wichtigen Stellen bleibt man unkonkret
von Christoph Röckerath
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Es sollte ein Gipfel zur Rettung des Amazonas-Regenwaldes werden. Das Ergebnis: Ein Abschlussdokument mit mehr als 100 Punkten, das an bedeutenden Stellen unkonkret bleibt.
Es ist ein vielstrapaziertes Sprachbild, aber selten hat es so gut gepasst, wie jetzt: Zwei Schritte vor, einer zurück - so lässt sich der Amazonas-Gipfel im brasilianischen Belém zusammenfassen.
Nach dem Kahlschlag unter Ex-Präsident Bolsonaro, sowohl im Wald als auch auf diplomatischer Ebene, ist es eine kleine Sensation, dass es dem brasilianischen Präsidenten Lula da Silva gelungen ist, auf höchster Ebene die Anrainer des Regenwaldes an einem Tisch zu vereinen - von Staatschefs über Wissenschaftler und Aktivisten bis zu den Anführern indigener Völker.
Abschlussdokument mit mehr als 100 Punkten
Es ist mehr als nur ein symbolischer Erfolg. In ihrem 113 Punkte umfassenden Abschlussdokument gibt es ein paar handfeste Erklärungen. Die Gefahr eines drohenden Kipppunktes, ab dem sich bei weiterer Abholzung die Zerstörung des Regenwaldes unumkehrbar verselbstständigen würde, wird von allen acht Anrainerstaaten anerkannt, verbunden mit Beschlüssen, Forschung und Prävention gezielt und grenzüberschreitend zu intensivieren, um das Überschreiten dieses Punktes zu verhindern.
Experten glauben, dass dieser erreicht wird, wenn 20 Prozent der ursprünglichen Waldfläche zerstört wird. Derzeit liegt die Zerstörung zwischen 16 und 18 Prozent.
Ebenso bekennen sich die Staats- und Regierungschefs zu den Rechten der indigenen Völker, ihrer Kultur und den Ansprüchen auf ihr Land. Beide Punkte waren unter der vorherigen brasilianischen Regierung immer wieder infrage gestellt worden. Präsident Lula spricht bereits von einem "Wendepunkt in der Geschichte des Amazonas".
Keine Einigung auf vollständigen Abholzungs-Stopp
Doch ganz so eindeutig ist das dann doch nicht. Die 113 Punkte der Erklärung zeigen zwar einen Weg auf zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, zur Beendigung der Abholzung sowie zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens.
Doch an wichtigen Stellen bleibt es unkonkret. Man wolle zwar gemeinsam die Abholzung "bekämpfen". Auf das Ziel eines vollständigen Stopps aber konnten sie sich nicht einigen. Nur Kolumbien und Brasilien wollten sich verpflichten, ab 2030 jegliche Abholzung zu stoppen.
Großer Unmut bei Umweltschutzorganisationen
Entsprechend groß ist der Unmut bei den Umweltschutzorganisationen. Leandro Ramos, Programmdirektor bei Greenpeace Brasilien, nannte das Dokument "enttäuschend", weil es keine konkreten Verpflichtungen enthalte. Es fehle dem Abschlussdokument jegliche Durchschlagskraft, sagt auch Marcio Astrini, Generalsekretär der Organisation Klima-Observatorium.
Die Gründe dafür sind so komplex wie das riesige Ökosystem Amazonas. Acht Staaten mit unterschiedlichen Interessen treffen auf ein Gebiet, das größer ist als Europa und kaum zu kontrollieren. Vor diesem Hintergrund ist der Gipfel auch als Machtdemonstration der Anrainerstaaten zu verstehen, als Zeichen ihrer Souveränität, vor allem gegenüber dem Rest der Welt. Die Südamerikaner, nicht die Europäer und ausländische Organisationen sollen über den Wald bestimmen, so der Subtext. Lula selbst sagt in Belém:
Lange Zeit hat man uns die Träume anderer Leute aufgezwungen. Lange Zeit sprach die Welt über den Amazonas, und heute ist der Tag, an dem der Amazonas zur Welt spricht.
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Lula da Silva, Präsident Brasiliens
Lula will Erdölförderung weiter ausbauen
Dass es in letzter Konsequenz nicht ausschließlich um Umweltschutz geht, zeigt auch das Verhalten des brasilianischen Präsidenten selbst. Zwar hat er als erster Chef seines Landes überhaupt versprochen, die Abholzung auf Null zu reduzieren. Gleichzeitig aber will er die Erdölförderung weiter ausbauen, selbst in der Amazonas Mündung sind neue Bohrungen geplant, für die der ebenfalls zum Gipfel angereiste Chef der halbstaatlichen Erdölgesellschaft Petrobras am Rande der Veranstaltung eifrig warb.
Auf die Frage eines Journalisten, ob er wirklich an den Plänen festhalten wolle, reagiert Lula gereizt:
Glauben Sie wirklich, dass ich hergekommen bin, um das zu diskutieren?
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Lula da Silva, Präsident Brasiliens
Brasiliens Präsident bleibt ein schwer zu lesender Partner. Auch für die Europäer, die durch Norwegen und Deutschland als Hauptunterstützer des Amazonas Fonds ebenfalls in Belém dabei waren, um mitzureden.
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