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Streit im Europäischen Parlament:Bröckelt die Brandmauer nach rechts?
Clara Andersen, Brüssel
Nach Abstimmung für AfD-Antrag:Flirtet die Union auf EU-Ebene mit rechts?
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Die Fraktion von CDU/CSU hat im EU-Parlament dazu beigetragen, dass ein Änderungsantrag der AfD-Fraktion eine Mehrheit erhält. Bröckelt die Brandmauer gegen rechts auf EU-Ebene?
Nähern sich Manfred Weber und seine konservative EVP-Fraktion rechten Parteien an?
Quelle: epa
Eigentlich sollte es bei der Abstimmung um die politischen Leitlinien für den europäischen Haushalt 2025 gehen - welches Geld wie ausgegeben werden soll, wo das Europäische Parlament seine Prioritäten legen möchte. Doch mit einem Änderungsantrag hat sich der Fokus der Debatte verschoben und es drängt die Frage: Bröckelt die Brandmauer gegen rechts?
EVP stimmt für Antrag der AfD-Fraktion
Der Änderungsantrag, um den es geht, wurde von der AfD und ihrer Fraktion "Europa der Souveränen Nationen" (ESN) eingebracht. Darin wird eine "angemessene Finanzierung physischer Barrieren an den Außengrenzen der Union" gefordert. Dafür gestimmt hat die konservative Europäische Volkspartei (EVP) - also die Partei, in der CDU und CSU auf europäischer Ebene Mitglied sind.
Die Brandmauer - oder der Cordon Sanitaire, wie es auf Französisch heißt - gilt im EU-Parlament gegenüber den "Patrioten für Europa" (PfE) und dem "Europa Souveräner Nationen" (ESN), denen etwa die Fidesz-Partei von Viktor Orban und die deutsche AfD angehören.
Das bedeutet, es gilt eine informelle Vereinbarung, dass in keinem Fall mit diesen Fraktionen zusammengearbeitet wird. Auch wichtige Posten sollen Politikerinnen und Politiker dieser Partei nicht bekommen.
Es gab zwar Debatten darüber, ob der Cordon Sanitaire auch gegenüber der Fraktion "Europäische Konservative und Reformer" (EKR) gelten müsse, darauf konnten sich die anderen Parteien jedoch nicht klar einigen.
Das bedeutet, es gilt eine informelle Vereinbarung, dass in keinem Fall mit diesen Fraktionen zusammengearbeitet wird. Auch wichtige Posten sollen Politikerinnen und Politiker dieser Partei nicht bekommen.
Es gab zwar Debatten darüber, ob der Cordon Sanitaire auch gegenüber der Fraktion "Europäische Konservative und Reformer" (EKR) gelten müsse, darauf konnten sich die anderen Parteien jedoch nicht klar einigen.
Die Vorsitzende der Grünen, Terry Reintke, ist entrüstet: "Es ist ein billiges Manöver der Anbiederung an rechts, das die anderen demokratischen Fraktionen nicht mitspielen werden."
Die EVP scheint sich entschieden zu haben, für sie gilt die Brandmauer nach rechts nicht mehr. Damit isoliert sich die EVP-Fraktion von den anderen pro-demokratischen und pro-europäischen Fraktionen im Europäischen Parlament.
Terry Reintke, Grünen-Vorsitzende im Europäischen Parlament
Und tatsächlich: Der Änderungsantrag hat eine Mehrheit bekommen - doch die Leitlinien zum Haushalt als Ganzes sind durchgefallen.
Den Vorsitz bei der EVP hat der CSU-Politiker Manfred Weber, auf Nachfrage von ZDFheute erklärt er: "Wir haben unsere Brandmauer klar definiert."
Es gibt keine Zusammenarbeit mit Radikalen, die auch nur eines unserer drei Grundprinzipien – pro-Ukraine, pro-Europa, pro-Rechtsstaat – ablehnen oder verletzen. Das gilt für rechte und linke Parteien.
Manfred Weber, Vorsitzender EVP
"Wir folgen unseren politischen und programmatischen Überzeugungen", so Weber. Also: Keine Kompromisse, keine parlamentarische Zusammenarbeit, keine Verhandlungen mit den Rechten - das sei die Brandmauer.
Doch die Parteien links der Mitte sehen das anders. Es ist nicht der erste Riss, der durch die Brandmauer geht: Erst vor wenigen Wochen gab es einen ähnlichen Eklat bei einer Resolution zum Wahlergebnis in Venezuela.
AfD selbstbewusst: "Brandmauer abgetragen"
Die AfD feiert sich selbstbewusst, auf dem Nachrichtendienst X wird der Vorsitzende der AfD im EU-Parlament so zitiert: "Die Brandmauer ist heute im EU-Parlament weiter abgetragen worden."
Wir geben im EU-Parlament den Takt vor. Wir setzen die Themen. Wir bestimmen und verschieben den Diskurs.
Rene Aust, Vorsitzender der AfD im EU-Parlament via X
Und weiter: "Deutsche und internationale Mainstreammedien hatten geglaubt, wir könnten im EU-Parlament keinen Einfluss ausüben. Wir haben sie heute eines Besseren belehrt."
Einigkeit gegen rechte Parteien?
Mehrheiten ohne die Parteien des rechten Spektrums zu finden, ist schwierig im neu gewählten Europaparlament. Die Fraktion um Orbans "Patrioten für Europa" ist die drittstärkste Kraft. Hinter der Brandmauer gegen rechts sollte es darum eine Einigkeit geben.
"Bei der Abstimmung über die Haushaltsresolution hat sich gezeigt, in welcher politischen Stimmung sich dieses Haus gerade befindet", so René Repasi, Vorsitzender der SPD-Fraktion auf Nachfrage von ZDFheute. "Die Christdemokraten ignorieren Abmachungen mit uns Sozialdemokraten und verhelfen erstmals einem Vorschlag der AfD zur Mehrheit."
Manfred Webers Fraktion handelt willkürlich, opportunistisch und ignoriert den demokratischen Kompass, dem wir uns noch unmittelbar nach den Wahlen gemeinsam verschrieben hatten.
René Repasi, Vorsitzender SPD-Fraktion im Europäischen Parlament
In 14 Tagen beginnen die Anhörungen für die neuen EU-Kommissare. In Fachausschüssen sollen die Anwärter befragt, ja fast schon verhört werden. Wohl der nächste Test für die Brandmauer.
Lara Wiedeking ist Korrespondentin im ZDF-Studio Brüssel.
Quelle: ZDF
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