Preise stark gestiegen: Rechnet sich Urlaub in Polen noch?
Beliebtes Reiseland:Inflation: Rechnet sich Urlaub in Polen noch?
von Farukh Sauerwein
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Der Urlaub im eigenen Land wird für viele Polen wegen zweistelliger Inflationsraten immer unbezahlbarer. Touristen aus dem Ausland können trotzdem noch sparen.
Urlaub in Polen (hier Danzig) ist bei Deutschen weiterhin beliebt.
Quelle: picture alliance / NurPhoto
Lange Strände, kurze Anreise, günstige Übernachtungskosten - deswegen ist Polen seit Jahren ein beliebtes Reiseziel für deutsche Touristen. Gerade für kurzentschlossene und preisbewusste Urlauber gilt das östliche Nachbarland immer noch als Geheimtipp.
Doch in diesem Jahr könnten deutsche Gäste beim Blick auf die Rechnung ein böses Erwachen erleben. Die Urlaubspreise sind in Polen im Vergleich zum letzten Jahr kräftig gestiegen - nach Daten der Online-Reiseplattform Travelplanet.pl um bis zu 46 Prozent.
Eine der höchsten Inflationsraten Europas
Schuld an den hohen Preisen ist die Inflation. Im Juli lag die Inflationsrate in Polen mit 10,8 Prozent fast doppelt so hoch wie in Deutschland, wo sie 6,2 Prozent betrug.
"Die Inflation macht uns die Hölle heiß", beklagt sich ein Pole an der polnischen Ostseeküste. "Die Preise sind, meiner Meinung nach, 100 Prozent höher als vor zwei Jahren", sagt ein anderer Urlaubsgast.
Die Preise steigen seit Monaten, egal ob Restaurants, Hotels oder Strandkörbe. Besonders Rentner und Alleinerziehende sind betroffen.29.07.2023 | 5:02 min
Jeder Fünfte in Deutschland kann sich nicht mal eine Woche Urlaub leisten:
Vor allem bei den Kosten für Verpflegung macht sich der Preisanstieg bemerkbar:
Eine Urlauberin resümiert:
Viele kochen deswegen lieber in ihrer Unterkunft.
Internationaler Preisvorteil schrumpft
Im internationalen Vergleich schwindet mit der Inflation der Preisvorteil Polens. Zahlten deutsche Urlauber im Jahr 2018 noch 32,9 Prozent weniger für Gaststätten und Hotels als in Deutschland, liegt die Ersparnis aktuell nur noch bei 17,8 Prozent.
Damit bewegt sich Polen inzwischen auf dem Preisniveau von anderen beliebten Urlaubsländern wie Spanien oder Portugal.
Viel zu viel für viele Polen. "Ich habe 1.500 Zloty Rente (ca. 340 Euro), also für mich ist es echt teuer", sagt eine polnische Rentnerin, die das ganze Jahr auf ihren Urlaub spart.
Trotzdem: Urlaub in Deutschland weiterhin teurer
Wer aber die polnischen Preise mit den deutschen vergleicht, wird noch immer erhebliche Unterschiede feststellen. Für ein Zanderfilet zahlt man in einem strandnahen Restaurant in Kołobrzeg umgerechnet zwischen 12,50 Euro und 15,50 Euro, im Seebad Binz auf der Insel Rügen sind es hingegen 20,50 - 22,90 Euro.
Ein Bier kostet in dem polnischen Ostseebad umgerechnet um die 4,00 Euro, in Binz muss man indessen mit 4,90 - 5,70 Euro rechnen. Doch nicht überall fällt der Unterschied so deutlich aus: eine Limonade gibt es auf beiden Seiten der Grenze für etwa 3,50 Euro.
Türkei und Griechenland bei Polen beliebt
Die Inflation spüren auch die polnischen Urlauber. Diejenigen, die sich eine Urlaubsreise trotz steigender Preise noch leisten können, bemerken, dass es im Ausland zum Teil kaum teurer ist.
Diesen Sommer sind unter den Polen vor allem die Türkei und Griechenland als Urlaubsziele beliebt.
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Zahl ausländischer Touristen trotz Teuerung gestiegen
Trotz der getrübten Aussichten sei die Zahl der ausländischen Touristen laut Marcin Rozycki von der Polnischen Tourismusorganisation in diesem Jahr sogar gestiegen. Bei Urlaubern aus Tschechien, Lettland, Litauen und auch Deutschland sehe man sogar einen Zuwachs um 100 Prozent.
"USA Today" hatte Polen im Mai noch vor der Türkei oder Kroatien auf Platz 1 der Reiseländer mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis gewählt. Allerdings könnten die jüngsten Spannungen an der polnisch-belarussischen Grenze die Urlaubsstimmung etwas trüben.
Polnische Gastwirte rund um den Bialowieza-Nationalpark im Osten des Landes, bekannt für einen der letzten Urwälder Europas, beklagen einen Rückgang der Besuchszahlen, seit im Nachbarland die Söldner der Wagner-Gruppe stationiert wurden.
So gesellt sich zu den gestiegenen Preisen auch noch das Gefühl der gestiegenen militärischen Bedrohung aus dem Osten.