Neue Regeln für Motivwagen: Karneval nur mit TÜV-Plakette

    Keine Plakette, kein Umzug:Karneval im Saarland: Motivwagen brauchen TÜV

    Claudia Oberst - Autorenbild
    von Claudia Oberst
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    Im Saarland müssen Motivwagen ab sofort Sicherheitsvorgaben erfüllen, damit sie bei Umzügen mitfahren dürfen. Die Vereine müssen umrüsten, aber nicht jeder kann sich das leisten.

    Die Mitglieder der KG Humor Merzig bauen ihren neuen Motivwagen um.
    Die Mitglieder der KG Humor Merzig bauen ihren neuen Motivwagen um.
    Quelle: Claudia Oberst

    "Wir hätten es gern schon im Sommer gewusst. Im Winter bei Minusgraden einen Wagen umzubauen ist ein anderes Problem, als wenn ich es im Sommer mache", sagt Eric Wagner, Vorsitzender der Karnevalsgesellschaft (KG) Humor Merzig.
    Er steht mit Freunden vor dem neuen Motivwagen, den die KG vor vier Wochen auf Kleinanzeigen gekauft hat. Der alte Wagen, den sie Jahre lang benutzt haben, entsprach nicht den Sicherheitsvorgaben, die ab sofort eingehalten werden müssen.

    Motivwagen müssen über den TÜV

    Erst vor ein paar Wochen wurde die neue Regel im Saarland offiziell: Motivwagen müssen über den TÜV oder eine ähnliche Prüfstelle. Jetzt muss der neue Anhänger der KG Humor in kürzester Zeit karnevalstauglich gemacht und alles angepasst werden: die Außenverkleidung, das Geländer, die Treppe, der Bodenbelag. Kosten: 2.000 Euro.
    "Der neue Hänger hat jetzt TÜV. Der hat ein Kennzeichen, den haben wir offiziell zugelassen, was uns natürlich auch jedes Jahr Versicherungskosten verursacht, die wir vorher nicht hatten", sagt Wagner.

    Alle paar Jahre müssen wir jetzt zur Hauptuntersuchung mit dem Anhänger. Viel Aufwand dafür, dass er viermal im Jahr benutzt wird.

    Eric Wagner, Vorsitzender Karnevalsgesellschaft (KG) Humor Merzig

    Kleinere Vereine machen nicht mehr mit

    150 Euro kostet das Gutachten. Für die KG Humor mit ihren 500 Mitgliedern ist das verschmerzbar. Anders sieht es bei kleineren Gruppen aus. Die KV Hol Iwwa Saarhölzbach (120 Mitglieder) nimmt dieses Jahr ohne Wagen am Umzug teil.
    "Wegen der behördlich auferlegten Richtlinien haben wir uns dazu entschieden, als Fußgruppe am Umzug teilzunehmen", sagt Moritz Strupp. Der Wagen der KV ist ein selbstgebauter Hänger. "Wie es sie früher halt auf dem Dorf gab", sagt der erste Kassierer. "Der würde niemals über den TÜV kommen."
    Der Verein weiß noch nicht, wie er sich künftig aufstellen will. "Das haben wir noch nicht besprochen, weil sich daraus ein großer finanzieller Aufwand für uns ergibt", sagt Strupp. Er fürchtet, dass es den Mitgliedern zu aufwendig werden könnte.
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    Stadt Merzig sponsort Motivwagen

    Dass sich Vereine aus dem Karneval zurückziehen und damit ein Stück Leben im Ort verloren gehen könnte, macht Marcus Hoffeld (CDU), Oberbürgermeister von Merzig, Sorgen: "Die Vereine haben es immer schwieriger".

    Die Auflagen werden immer größer, die Kosten steigen und gleichzeitig sind immer weniger Menschen bereit, bei diesem Brauchtum oder überhaupt in Vereinen mitanzupacken.

    Marcus Hoffeld, Oberbürgermeister von Merzig

    Merzig profitiere von den Umzügen, die Besucher in die Innenstadt und in die Ortsteile bringen, sagt der OB. Deshalb spendiert die Stadt jeder Gruppe, die an einem Umzug mit Motivwagen mitfährt, pro Umzug 50 Euro. Maximal drei Umzüge werden gesponsert. Die TÜV-Kosten können so gedeckt werden.
    Christian Reiter von der KÜS Merzig misst die Höhe des Motivwagens der Schreinerei Otte in Beckingen.
    Christian Reiter von der KÜS Merzig misst die Höhe des Wikinger-Wagens der Schreinerei Otte.
    Quelle: Claudia Oberst

    Gutachter prüft auf Sicherheit

    In Beckingen hat die Gemeinde für ihre Vereine und Gruppen einen Gutachter-Termin auf dem Bauhof organisiert. "Wie hoch? Wie breit? Wie lang?", das sind die wichtigen Fragen, sagt Gutachter Christian Reiter von der Kfz-Prüfstelle KÜS Merzig. Ein Knackpunkt: Der Zugang zum Motivwagen. Der darf nicht zwischen Zugfahrzeug und Anhänger liegen.
    Der Wikinger-Wagen der Schreinerei Otte besteht ohne Probleme. Der Zugang liegt hinten, ist sogar mit einer Kette gesichert. Der Drachenkopf, der das Gefährt verziert, hat die erlaubte Höhe.

    Karneval als Kulturgut

    "Unser Anhänger hatte schon TÜV, deshalb mussten wir nur ein paar Kleinigkeiten anpassen", sagt Jörg Otte. Der Aufwand sei zwar ärgerlich, aber für die Kinder, die auf dem Wagen mitfahren und dem Ereignis seit Wochen entgegenfiebern, lohne es sich. "Wir ziehen alle an einem Strang", ergänzt sein Freund Thorsten Scherer, der am Steuer sitzt.
    Auch bei der KG Humor Merzig warten sie darauf, dass es endlich losgeht. "Die Fastnacht ist das höchste kulturelle Gut, das wir in Deutschland haben", sagt Eric Wagner.

    Herkunft, Bildungsstand, die finanzielle Situation spielen hier keine Rolle. Es geht einfach nur darum, miteinander zu feiern. Und dann ist alles gut.

    Eric Wagner, Vorsitzender Karnevalsgesellschaft (KG) Humor Merzig

    Claudia Oberst ist Redakteurin im ZDF-Landesstudio Saarland.

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