Osterfeierlichkeiten in Rom:Urbi et Orbi als Belastungstest für den Papst
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An Ostern richten sich die Blicke der Welt nach Rom, genauer auf den Vatikan. Die spannende Fragen in diesem Jahr: Inwieweit ist der Papst noch seinen Aufgaben gewachsen?
Man sieht Papst Franziskus derzeit nur noch im Rollstuhl.
Quelle: ap
Die Szene haben im Vatikan alle noch in Erinnerung. Wie der alte Papst oben im Apostolischen Palast ans Fenster geschoben wird. Wie es ihm noch gelingt, mit der Hand das Kreuz zu machen, dann jedoch die Stimme versagt. Den Ostersegen schafft er nicht mehr.
Die Welt blickt gespannt nach Rom
So war das vor 20 Jahren, an Ostern 2005, als der todkranke Papst Johannes Paul II. noch einmal den Segen Urbi et Orbi (Der Stadt und dem Erdkreis) spenden wollte - eine Tradition, die der Pontifex aus Polen früher in allen möglichen Sprachen zelebriert hatte.
Nun steht Nachnachfolger Franziskus vor einer ähnlichen Herausforderung: Am Sonntag wird die ganze Welt darauf schauen, ob der 88-Jährige für sein Amt als Stellvertreter Christi noch gesund genug ist.
Wunder oder geschönte Tatsachen?
Aktuell gibt es dazu sehr unterschiedliche Meinungen. Für die einen grenzt es an ein Wunder, dass sich der Argentinier überhaupt wieder erholt hat. Nach 38 Tagen im Krankenhaus, mit einer schweren Lungenentzündung, einem beginnenden Nierenversagen, zwischen Leben und Tod. Chefarzt Sergio Alfieri berichtete, man habe Franziskus fast schon aufgegeben. Auch er sprach davon, dass ein "Wunder geschehen" sei.
Allerdings zweifeln manche, ob die Angaben über die allmähliche Gesundung des "Heiligen Vaters" den Tatsachen entsprechen. Bei öffentlichen Auftritten, die er inzwischen nur noch im Rollstuhl bewältigt, wird auf jedes Detail geachtet: wie er sitzt, wie er die Hände bewegt, ob er in der Nase die Kanülen trägt, über die er mit Sauerstoff versorgt wird. Und vor allem: wie er spricht. Mehr als drei, vier Sätze mit schwacher Stimme waren bislang nicht zu hören.
Wenig über genauen Zustand des Papstes bekannt
Im Kern geht es darum, ob ein so alter, so kranker Mann überhaupt noch in der Lage ist, eine Weltkirche mit mehr als 1,4 Milliarden Gläubigen zu führen. Seit der Entlassung aus der Gemelli-Klinik lebt Franziskus wieder im Vatikan-Gästehaus Santa Marta, wo seine Wohnung pflegegerecht umgebaut wurde. Der Zugang wird streng kontrolliert, sodass man über seinen Alltag so gut wie nichts weiß.
Auch wichtige Kardinäle kommen nicht durch. Das eine Mal, als er sich im Unterhemd und mit einer Art Poncho bedeckt in den Petersdom rollen ließ, wirkte er noch schwächer als in Soutane. Umso mehr wird nun darauf geachtet, wie Franziskus Ostern übersteht - das wichtigste Fest der Christenheit, mit dem an Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi erinnert wird. Das dieses Mal noch mehr Bedeutung hat, weil die katholische Kirche 2025 zum "Heiligen Jahr" erklärte.
Franziskus besteht auf Termin zur Fußwaschung
Eigentlich wäre der Papst in diesen Tagen im strapaziösen Dauereinsatz: Fußwaschung im Gefängnis, Kreuzweg, mehrere große Messen und dann der Segen. Große Messen werden nun von Kardinälen zelebriert Den Besuch im Gefängnis, wie jedes Jahr am Gründonnerstag, ließ er sich nicht nehmen. In Roms größter Haftanstalt Regina Coeli wurde er von etwa 70 ausgewählten Insassen mit Applaus begrüßt. Die Demutsgeste, ihnen nach Christi Vorbild auch die Füße zu waschen, musste er jedoch ausfallen lassen.
Dieses Jahr kann ich das nicht,
Papst Franziskus
entschuldigte er sich. "Aber ich kann und will Euch nahe sein. Ich bete für Euch und Eure Familien."
Die Kreuzweg-Andacht im Kolosseum und die Messen mit Tausenden Gläubigen im Petersdom übernehmen verschiedene Kardinäle. Die wichtigste Messe in der Osternacht zelebriert der Italiener Giovanni Battista Re, der Dekan des Kardinalskollegiums, der noch älter ist: 91. Die Messe am Ostersonntag hält Kardinal Angelo Comastri (81).
US-Vizepräsident JD Vance ist zu einem Besuch in Italien eingetroffen. Der Stellvertreter von Donald Trump will die Ostertage mit seiner Familie in Rom und im Vatikan verbringen. Am Ostersonntag will Vance die Ostermesse im Petersdom besuchen. Spekuliert wird über eine Begegnung mit Papst Franziskus. Möglicherweise stößt das Oberhaupt der katholischen Kirche zu einem bereits vereinbarten Treffen von Vance mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin hinzu. Vance wuchs in einem evangelikalen Haushalt auf und trat als Erwachsener zum katholischen Glauben über.
Gespanntes Warten auf das Urbi et Orbi
Aber dann, so die allgemeine Erwartung, soll Franziskus selbst den Segen Urbi et Orbi sprechen. Darauf warten vermutlich Zehntausende auf dem Petersplatz und Kameras aus aller Welt. Dem Vatikan zufolge hängt sein Erscheinen auch vom Wetter ab. Die Vorhersage: bis zu 22 Grad und bedeckt.
Im Grunde geht es nun stets darum, wie Franziskus sich den Rest seines Lebens vorstellt: so wie Johannes Paul II., der die Welt an seinem Leiden teilhaben ließ und bis zum Tod - sechs Tage nur nach seinem letzten Auftritt - im Amt blieb, oder so wie Benedikt XVI., der den Rücktritt einreichte, als er fand, dem Amt nicht mehr gewachsen zu sein. Bislang deutet viel darauf hin, dass Franziskus sich Johannes Paul II. zum Vorbild nehmen will.
Quelle: dpa
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Quelle: dpa
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