Papst Franziskus 2024: Zwischen Reform und Kritik

    Katholische Kirche:Durchwachsenes Jahr für den Papst

    Jürgen Erbacher, ZDF-Redaktion Kirche und Leben
    von Jürgen Erbacher
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    Trotz seines Alters lässt sich Franziskus nicht bremsen. Auch 2024 irritierte er durch Worte und Taten. Bei der Reform der Kirche kommt er schleppend voran, geht aber seinen Weg.

    Papst Franziskus
    Nach Monaten der Erkältungen bereiste Papst Franziskus die ganze Welt, im Versuch die Weltregionen zu verbinden. Aber auch Kontroversen begleiteten ihn im Jahr 2024.25.12.2024 | 7:35 min
    Papst Franziskus hat 2024 sein Ziel konsequent verfolgt, die katholische Kirche nach seinen Vorstellungen umzubauen. Er will sie an der Seite der Ausgegrenzten positionieren und denen eine Stimme geben, die unter Klimawandel sowie dem aus seiner Sicht ungerechten Weltwirtschaftssystem leiden.
    Deshalb machte er sich mit knapp 88 Jahren Anfang September zur längsten Auslandsreise des Pontifikats auf nach Südostasien und Ozeanien.

    Viele kritische Themen angesprochen

    In Papua-Neuguinea kritisierte er die Ausbeutung der Bodenschätze durch internationale Konzerne, in Ost-Timor warnte er vor einem Kulturimperialismus durch andere Länder und in Singapur machte er sich für die Rechte der Wanderarbeiter stark.
    In Jakarta besuchte er die größte Moschee Südostasiens, verurteilte gemeinsam mit dem Groß-Imam Gewalt im Namen der Religion. Der Schulterschluss der moderaten religiösen Kräfte ist Franziskus ein Anliegen, auch wenn es einer Sisyphusarbeit gleicht.
    Franziskus wird auf den Kopf geküsst von Großimam Nasaruddin
    Auf seiner Reise im September warb Franziskus für Toleranz zwischen den Religionen und warnte vor dem Klimawandel. 05.09.2024 | 1:41 min

    Papst irritiert mit Aussagen zu Krieg in Ukraine und Gaza

    Immer wieder irritierte das Kirchenoberhaupt mit Aussagen zum Krieg in der Ukraine und in Gaza, weil er nicht differenzierte. Im März riet er der Ukraine vermeintlich, die "weiße Fahne" zu hissen und zu verhandeln.
    Wiederholt stellte er die Frage, ob die Situation in Gaza nicht einem Genozid gleiche. Die Empörung über seine Aussagen war stets groß, in diplomatischen Kreisen litt sein Ansehen.

    Gesellschaft | Gottesdienste
    :Urbi et Orbi

    Traditionell richtet der Papst am ersten Weihnachtstag eine Friedensbotschaft an die Welt und spendet den Segen "Urbi et Orbi". Kommentator ist Jürgen Erbacher.
    "Urbi et Orbi - Weihnachtssengen des Papstes aus Rom": Außenaufnahme: Der Petersdom in Rom.
    30:01 min

    Frauenverbände kritisieren den Papst

    Als er in Brüssel bei einer Begegnung mit Studierenden feststellte, die Frau sei "fruchtbare Aufnahme, Fürsorge und lebendige Hingabe", distanzierte sich die Universität umgehend von seinen Aussagen. Frauenverbände weltweit kritisierten den Papst. Frauen dürften nicht auf traditionelle Rollenbilder reduziert werden, erklärte die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands.
    Schon zu Beginn seines Belgienbesuchs Ende September musste sich Franziskus wegen des Umgangs der katholischen Kirche mit Missbrauchsfällen ungewöhnlich scharfe Kritik des Königs und des Regierungschefs anhören.
    Papst Franziskus
    Bei der Katholischen Weltsynode wollten knapp 370 Teilnehmende Lösungen für schwierige Fragen finden, etwa zur Rolle der Frauen in der Kirche. Der Wunsch nach Veränderung ist groß.02.10.2024 | 2:48 min

    Stärkere Mitbestimmung beschlossen - Umsetzung ungewiss

    Eines der wichtigsten Projekte war die Bischofssynode im Oktober. Mit dem Treffen von 350 Bischöfen und Laien ging ein dreijähriger Beratungsprozess zu Ende. Franziskus will mehr Beteiligung aller Gläubigen an Entscheidungen. Heftig wurde über die Rolle der Frauen gestritten. Zu tiefgreifenden Reformen kam es nicht.
    Im Abschlussdokument machte die Synode zwar den Weg frei für eine stärkere Dezentralisierung und Mitbestimmung, doch es bleibt offen, wie diese nun umgesetzt werden sollen. Wie so oft stößt Franziskus Türen auf, ohne konkrete Vorgaben für die Umsetzung zu machen.
    Am Rande der Synode ließ er seine vierte Enzyklika veröffentlichen. "Dilexit nos - er hat uns geliebt" ist eine Art geistliches Vermächtnis und beschäftigt sich mit den Quellen des christlichen Glaubens und dem Engagement für eine solidarische Welt.
    Zeitenwende im Vatikan? - Papst Franziskus und die Zukunft der Kirche
    Welche Zukunft hat die katholische Kirche? Bei der Weltsynode prallten Welten aufeinander. 08.10.2024 | 74:05 min

    Neue Kardinäle ernannt

    Wichtige Akzente setzte Franziskus Anfang Dezember mit der Ernennung neuer Kardinäle. 110 der aktuell 139 Papstwähler hat damit er ernannt. Der globale Süden stellt mittlerweile die Hälfte der künftigen Papstwähler. Beim letzten Konklave 2013 waren es nur gut ein Drittel. Europa verliert an Einfluss.
    Viele Kardinäle kommen aus kleinen Ortskirchen wie etwa der neue Kardinal Lázló Német, in dessen Erzbistum Belgrad 20.000 Katholiken leben. Franziskus ist überzeugt, dass die Kardinäle, die in einer Minderheitensituation leben, wichtige Impulse für die römische Zentrale und ein künftiges Konklave geben können.
    Ans Aufhören denkt Franziskus nicht, auch wenn man dem 88-Jährigen die Strapazen des Amts immer mehr anmerkt. 2025 ist ein Heiliges Jahr in der katholischen Kirche. Rom erwartet Millionen zusätzliche Pilger, Franziskus plant unzählige Großevents, dazu gibt es erste Pläne für Auslandsreisen.

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