Geiselnahme am Flughafen Hamburg:Waren die Sicherheitsvorkehrungen zu schwach?
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Die Geiselnahme in Hamburg ist nach 20 Stunden beendet. Nun bleiben Fragen: Ist das Sicherheitskonzept am Flughafen zu schwach? Passagiere sind entsetzt, Experten mahnen.
Nach der Geiselnahme am Hamburger Flughafen läuft der Flugverkehr wieder an. Ein bewaffneter 35-Jähriger gelangte mit seiner Tochter auf das Vorfeld des Airports - am Nachmittag ergab sich der Mann nach über 20 Stunden der Polizei. Das Kind blieb unverletzt.
Doch wie konnte es dazu kommen? Waren die einzigen Hindernisse wirklich nur rot-weiße Schranken? Passagiere und Experten sind entsetzt - und stellen Forderungen.
Post der Polizei Hamburg
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Nicht der erste Vorfall am Hamburger Flughafen
Fluggast Roland Kaminski ist entsetzt - eigentlich wollte er mit Frau und Sohn nach Dubai, doch der Zwischenfall verhindert den Abflug zunächst. Viel mehr aber als der stundenlang ausgesetzte Flugverkehr ärgert Passagier Kaminski, dass es dem Mann überhaupt möglich war, auf das Flughafengelände zu gelangen.
"Wir werden durch sämtliche Sachen durchgecheckt. Da noch mal, da noch mal, da noch mal - und er kommt hier mit seinem Auto und kann die Sicherheitsanlagen durchbrechen", klagt Kaminski. Das sei ihm völlig unverständlich. "Ganz ehrlich, da läuft irgendwie was verkehrt."
Erst im Juli hatten Klimaaktivisten der Gruppe "Letzte Generation" am Airport Hamburg den Zaun am Airport aufgeschnitten, fuhren mit Leihrädern in Richtung Rollfeld und klebten sich an mehreren Stellen auf Zubringerwegen fest. Die Folge: Am Flughafen ging über Stunden nichts mehr. Ähnliches erlebten zuletzt auch die Flughäfen in Berlin und München.
Experte: Behörden und Betreiber "unfassbar naiv"
Entsprechend harsch fällt auch das Urteil des Luftfahrtexperten Heinrich Großbongardt aus, der früher bei der Lufthansa, bei Boeing und bei der Pilotenvereinigung Cockpit gearbeitet hat: "Der Hamburger Flughafen ist nicht sicher - und andere Airports in Deutschland auch nicht", sagt er dem "Spiegel". Es sei ein Skandal.
"Auf den Vorfeldern stehen Maschinen mit Zehntausenden Litern Kerosin im Bauch und Hunderten Passagieren an Bord." Großbongardt nennt die Flughafenbetreiber und Behörden deshalb "unfassbar naiv".
Polizeigewerkschaft sieht Faeser in der Pflicht
Auch der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) reicht das bisherige Vorgehen nicht mehr. "Es ist nur schwer vermittelbar, dass etwa Weihnachtsmärkte mit Betonbarrikaden gesichert werden, und unsere Flughäfen werden als Hochsicherheitsbereiche von Betreibern stiefmütterlich behandelt", sagt DPolG-Bundesvize Heiko Teggatz der dpa. Die Politik unternehme da viel zu wenig.
Das Luftsicherheitsgesetz schreibt unter anderem vor, dass Flughafenbetreiber zum Schutz vor Angriffen verpflichtet sind, "die Bereiche der Luftseite gegen unberechtigten Zugang zu sichern und, soweit es sich um Sicherheitsbereiche oder sensible Teile der Sicherheitsbereiche handelt, den Zugang nur hierzu besonders berechtigten Personen zu gestatten".
Flughafen: Vorkehrungen übertreffen teils Vorschriften
Entsprechend ist sich der Flughafen Hamburg selbst keiner Versäumnisse bewusst. Eine Sprecherin sagte der dpa:
Dennoch könne bei der Größe des Airports - er umfasst fast 800 Fußballfelder - nicht ausgeschlossen werden, "dass ein hochkrimineller, unbefugter Zutritt zum Sicherheitsbereich mit brachialer Gewalt erfolgen kann". Die Sprecherin des Hamburger Flughafens weist zudem darauf hin, dass neben baulichen Maßnahmen auch Alarmketten etabliert seien, "die einwandfrei gegriffen haben".
Seit dem Terror-Überfall der Hamas auf Israel wächst auch in Deutschland die Sorge vor Anschlägen gegen jüdische Einrichtungen. Experten warnen vor einer zunehmenden Terrorgefahr.24.10.2023 | 9:04 min
Verband: Kein 100-prozentiger Schutz möglich
Rückendeckung für die Hamburger gibt es vom Flughafenverband ADV. Bei großen Flughäfen könnten die Zaunanlagen eine Länge von mehr als 40 Kilometern erreichen. Hinzu kämen Tore und Zugangsanlagen, die an bestimmten Stellen auch aus Sicherheitsgründen - etwa für die Feuerwehr - schnell passierbar sein müssten, teilt der Verband mit.
Auch mit Blick auf das Eindringen des 35-Jährigen auf das Vorfeld des Hamburger Flughafens erklärt der Verband:
Flughafen Hamburg will Maßnahmen verschärfen
Immerhin: Derzeit teste der Flughafen aber neue Kamera- und Zaunsensorik-Systeme, so die Flughafen-Sprecherin. "Zudem wurde die Bestreifung der Zaunanlage durch Sicherheitskräfte nachhaltig erhöht." Zu den offensichtlich leicht zu durchbrechenden Schranken will sie sich nicht äußern, schreibt nur: "Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine näheren Angaben zum Sicherheitskonzept machen."
Quelle: dpa, Markus Klemm