Der Brandschutz in Deutschland steht vor einer unsicheren Zukunft: Mehr als 90 Prozent der Feuerwehrleute sind ehrenamtlich organisiert, auch der Nachwuchs fehlt.
Was viele nicht wissen: Oft ist es die Freiwillige Feuerwehr, die bei einem Brand zur Hilfe kommt.
Quelle: Imago
Wenn es brennt, ruft man die Feuerwehr. Doch was, wenn niemand mehr kommt? Genau das haben die Menschen im niedersächsischen Nordenham Anfang März erlebt. 150 Feuerwehrleute hatten nach internen Streitigkeiten vorübergehend ihren Dienst quittiert.
Ein Szenario, das überall drohen kann. Aus anderen Gründen. Denn ohne freiwilliges Engagement gäbe es die flächendeckende Feuerwehr in Deutschland nicht.
Löschen geht nur noch am Wochenende
Auf gerade einmal rund 35.000 Einsatzkräfte von Berufsfeuerwehren kommen mehr als eine Million Menschen, die diesen wichtigen Beitrag der Daseinsvorsorge ehrenamtlich leisten. In einer Gesellschaft, die immer älter wird, in der immer weniger Kinder geboren werden und in der immer weniger bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren, steht die Feuerwehr vor immensen Herausforderungen.
Karl-Heinz Banse, Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands, warnt:
Auch die gesellschaftlichen Veränderungen bereiten ihm Sorgen: "Was bringt es, wenn es zwar auf dem Papier 80 Einsatzkräfte gibt, aber 60 von ihnen nur am Wochenende ausrücken können, weil sie nicht an ihrem Wohnort arbeiten."
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Ideen für eine zukunftssichere Feuerwehr
Etwas Luft verschafft hat den Freiwilligen Feuerwehren, dass in vielen Bundesländern die Altersgrenze für den aktiven Dienst bereits nach oben hin angepasst wurde. Auch darüber hinaus arbeitet die Feuerwehr daran, ihre Einsatzbereitschaft aufrechtzuerhalten. Technische Innovationen, wie der Einsatz von Löschrobotern, sorgen nicht nur dafür, dass die Risiken im Einsatz geringer werden, sondern auch dafür, dass weniger Personal benötigt wird.
Mit der Frage, wie der ehrenamtliche Dienst in der Feuerwehr gestärkt werden kann, befasst sich auch Doris Rosenkranz von der Technischen Hochschule Nürnberg. Die Soziologin, die zu Fragen des Ehrenamts und der Daseinsvorsorge arbeitet, hat in einem Forschungsprojekt in den Blick genommen, wie sich die Feuerwehren zukunftssicher organisieren lassen.
Mitglieder der Feuerwehren
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Ihrer Ansicht nach müssen sich diese besser als bislang auf die persönlichen Lebenssituationen ihren Engagierten einstellen. Etwa Auszeiten anbieten, bei der Geburt eines Kindes oder wenn Angehörige pflegebedürftig werden.
Zudem plädiert die Expertin dafür, das Engagement attraktiver zu gestalten: "Wer seine Lebenszeit auf diese Weise für das Wohl anderer einbringt, hat es auch verdient, dafür eine angemessene Anerkennung zu bekommen." Denkbar sei vieles: vom Erlass der Müllgebühren als Gegenleistung bis hin zur bevorzugten Vergabe eines Baugrundstücks. Gefragt sind dabei die Städte und Gemeinden, die Träger der Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland.
Feuerwehrrente als eine Lösung?
Der Deutsche Feuerwehrverband spricht sich ebenfalls für solche Anreize aus. Gemeinsam mit der Deutschen Rentenversicherung arbeitet er an einer bundesweiten Feuerwehrrente. Die Idee: Die Kommunen zahlen für die Angehörigen ihrer Freiwilligen Feuerwehr Beiträge ein. Langjährig Aktive können dadurch ohne Abschläge früher in Rente gehen und engagieren sich dafür noch bis zur Regelaltersgrenze von 67 ehrenamtlich in der Feuerwehr weiter.
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"Das Modell ist sinnvoll und durchdacht, im Moment aber aufgrund der angespannten Finanzlage von vielen Kommunen dennoch schwierig umsetzbar", sagt Karl-Heinz Banse. Expertin Rosenkranz sieht bei solchen Rentenzahlungen, die es vereinzelt in Bundesländern wie Thüringen bereits gibt, weitere Herausforderungen: "Neben der Finanzierungsfrage stellt sich auch die nach der entsprechenden Dokumentation und wie Missbrauch verhindert werden kann."
112: Die Nachbarschaft rückt aus
Ihre Empfehlung: In der breiten Bevölkerung stärker den Ehrenamtsaspekt in den Fokus zu rücken. Denn viele Menschen seien der Annahme, wenn es richtig schlimm ist, kommt die Berufsfeuerwehr, ansonsten die Freiwillige Feuerwehr. Derweil sind es meist die Versicherungsmaklerin, der Handwerker oder die Lehrerin aus der Nachbarschaft, die kommen, wenn es brenzlig wird. Oder eben nicht, wenn sich niemand mehr engagiert.
Gewalterfahrungen im Einsatz sind für knapp die Hälfte der ehrenamtlichen Feuerwehrangehörigen keine Seltenheit. Fast alle berichten von Beschimpfungen und Beleidigungen.