Warum Häuser nicht einstürzen: Geophysiker zu Taiwan-Erdbeben
Interview
Geophysiker zu Beben in Taiwan:Warum Häuser bei Erdbeben nicht einstürzten
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In Taiwan sind nach einem schweren Erdbeben mehrere Häuser in Schieflage geraten. Geophysiker Frederik Tilmann erklärt das Phänomen und zeigt mögliche Folgen des Bebens auf.
Taiwan wird immer wieder von Erdbeben erschüttert. Im Interview spricht Geophysiker Frederik Tilmann über die Gründe und Folgen für die Bevölkerung und ihre Häuser. 03.04.2024 | 5:12 min
Ein Erdbeben in Taiwan, laut US-Erdbebenwarte mit der Stärke von 7,4, hat die Region um die östliche Stadt Hualien verwüstet. Mindestens neun Menschen starben, Hunderte wurden verletzt. In zehntausenden Haushalten fiel der Strom aus.
Bei einigen Bewohnern wurden Erinnerungen an das tragische Jiji-Erdbeben wach. 1999 hatte mitten in Taiwan ein Beben der Stärke 7,3 heftige Zerstörung angerichtet und mehr als 2.400 Todesopfer gefordert.
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Die Schäden durch das Erdbeben sind nun glücklicherweise geringer. Allerdings sind in Hualien mehrstöckige Wohnhäuser in Schieflage geraten. Sie sehen aus, als könnten sie jeden Moment umkippen.
Besonders betroffen: Ostküsten-Stadt Hualien
Die starken Erdstöße vor der Ostküste Taiwans haben die Stadt Hualien am schwersten getroffen. Dort starben mehrere Menschen, viele weitere wurden verletzt.
Quelle: AFP
Frederik Tilmann, Seismologe und Geophysiker am Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam, erklärt ZDFheute im Interview, wie so etwas passieren kann und welche Folgen das Erdbeben in Taiwan haben kann.
Sehen Sie oben das ganze Interview im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Frederik Tilmann ...
... zur Erdbebengefahr in Taiwan
Da sich in Taiwan die eurasische Erdplatte und die philippinische Seeplatte aufeinander zubewegen, komme es zu einem "breiten Gürtel an Deformationen, weil hier ein Kontinent auf andere kontinentale Masse trifft." Das Erdbeben vor der östlichen Küste Taiwans habe auf einer der entstandenen Verwerfungen der eurasischen Erdplatte stattgefunden.
Das Erdbeben in Taiwan
Quelle: ZDF
... zu den schiefen Häusern nach dem Erdbeben
Eine mögliche Ursache dafür könne sein, dass das Erdgeschoss der betroffenen Gebäude etwas schwächer gebaut sei als die anderen Stockwerke und aufgrund der Erschütterung kollabiert sei, da es auch die größte Last tragen müsse.
Eine andere Ursache für eine mögliche Schieflage sei die "sogenannte Verflüssigung des Grundes".
Eine Schieflage könne laut Tilmann dann entstehen, wenn "das etwas asymmetrisch passiert". Dies könne man insbesondere bei höheren, schweren Gebäuden beobachten.
Taiwan ist von dem schwersten Erdbeben seit 25 Jahren erschüttert worden.03.04.2024 | 0:59 min
... dazu, warum die Häuser nicht zusammenfallen
Die höheren Stockwerke seien häufig stabiler gebaut, so Tilmann. Im Erdgeschoss habe man häufig offenere Strukturen für breitere Fenster oder, um Parkmöglichkeiten für Autos zu schaffen. Dies sei bei höheren Stockwerken mit mehr Wänden nicht der Fall. Zudem handle es sich beim Einsinken um einen "Prozess, der nicht ganz schnell ist, sondern eher langsam."
Auch wenn ein eingesunkenes Gebäude wirtschaftlich ein Totalschaden sei, hätten Menschen in den höheren Stockwerken so auch eine gute Chance zu überleben, erklärt Tilmann.
... zu möglichen weiteren Folgen durch das Erdbeben
Da das Beben unter Wasser stattgefunden habe, habe es anfangs eine Tsunami-Warnung gegeben. Diese Warnung sei jedoch wieder zurückgenommen worden, da "das Beben nicht groß genug war, um einen größeren Tsunami auszulösen und es auch in relativ flachem Wasser stattgefunden hatte".
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Tilmann warnt jedoch vor möglichen "Landrutschungen", wo sich "eine Seite des Berges löst und ins Tal stürzt, was natürlich eine große Gefahr ist".
Er geht daher davon aus, dass die Gefahr für diese Erdrutsche "auch in den nächsten Monaten" in Taiwan erhöht bleibt. Glücklicherweise konzentriere sich die Gefahr in Taiwan momentan hauptsächlich auf einen Nationalpark und somit ein kaum besiedeltes Gebiet. Bei anderen Beben hätten Landrutschungen bereits "viele Todesopfer verursacht".
Infolge des Erdbebens waren auch zwei deutsche Staatsbürger zeitweise im Taroko-Nationalpark eingeschlossen, sie konnten jedoch wieder befreit werden.