Wasen und Wiesn:Motive auf dem Rummel: Ist das Sexismus?
von Luisa Houben
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Bald starten in München die Wiesn, in Stuttgart der Wasen. Immer wieder gab es bei den Volksfesten Kritik an sexistischen Darstellungen auf Fahrgeschäften. Gibt es Veränderungen?
Unter dem Motto "1001 Nacht" bietet Schaustellerin Sabine Ernst bei Volksfesten Korkenschießen an.
Quelle: Privat
Die Tänzerin auf ihrer "1001 Nacht"- Bude trug fast 30 Jahre einen durchsichtigen BH. Jetzt nicht mehr. Schaustellerin Sabine Ernst hat die Brust der Tänzerin überklebt.
Der Grund: Eine hitzige Debatte über sexistische und diskriminierende Darstellungen auf Fahrgeschäften auf dem Cannstatter Volksfest, dem Wasen. Vertreterinnen der Grünen im Stuttgarter Stadtrat hatten in den vergangenen Jahren öffentlich kritisiert, dass Fahrgeschäfte mit diskriminierenden und sexistischen Gestaltungsmerkmalen Werbung machen.
Bei ihrer Kritik gehe es nicht um sichtbar nackte Haut, sondern um Diskriminierung auf Grund von ethnischer Herkunft oder Geschlecht. Sie kritisiert Darstellungen, die zum Beispiel sexuelle Übergriffe zeigen und Frauen als minderwertig oder als jederzeit willige Objekte zeigten.
Streit um Motive auf Fahrgeschäften
Darstellungen wie diese, auf denen Frauen sexualisiert oder exotisiert werden und ohne jeglichen Bezug zu Produkt oder Angebot dargestellt werden, werden als diskriminierend kritisiert.
Quelle: Imago
Wenn sich Darstellungen eindeutig das Motto 'sex sells' zu eigen machten, Frauen sexualisiert und exotisiert werden, und ohne jeglichen Bezug zu Produkt oder Angebot dargestellt werden, sei das diskriminierend.
Fahrgeschäfte sollen auf diskriminierende Motive verzichten
In diesem Jahr verpflichten sich die etwa 300 Schaustellerbetriebe im Vorhinein, auf politisch motivierte oder diskriminierende Motive auf ihren Fahrgeschäften zu verzichten. So ist es in der Ausschreibung für das Cannstatter Volksfest schriftlich festgehalten.
Schaustellerin Sabine Ernst zog Konsequenzen und überklebte die Brust der Tänzerin auf ihrer Bude. "Ich will Familien nicht verschrecken," sagt sie. Dass die Tänzerin als Lustobjekt dargestellt werde und damit eine sexistische Darstellung sei, findet Ernst aber nicht. Deswegen käme es für sie auch nicht in Frage das Bild ganz zu entfernen.
Seit fast 30 Jahren ist die Stuttgarterin mit ihrem Korkenschießen-Geschäft auf Volksfesten und Kirmessen unterwegs. Dass einzelne Darstellungen verletzend sein können, verstehe sie. Doch sei es schwer festzulegen, wo die Grenzen verlaufen.
Sexuelle Diskriminierung vs. Kunstfreiheit
Was diskriminierend ist und was nicht, sei eine sehr schwierige Entscheidung, teilt Marcus Christen von der "in.Stuttgart". Die städtischen Veranstaltungsgesellschaft organisiert das Volksfest und ist dafür zuständig, sicherzustellen, dass die neue Vereinbarung eingehalten wird.
Doch die Bilder auf Fahrgeschäften seien Zeichnungen und damit gelte die künstlerische Freiheit, so Christen. Anders als bei vielen Bildern auf Transportern von Sanitärfirmen, auf denen wenig bekleidete Damen in Badewannen sitzen, müsse man die Zeichnungen auf den Schaustellergeschäften anders bewerten.
In Gesprächen sensibilisiere man die Schausteller nun für das Thema. Eine Handvoll habe in Folge Zeichnungen verändert oder abgeklebt. Im schlimmsten Fall sei eine Nichtzulassung die letzte Konsequenz. Dies sei aber bisher nicht nötig gewesen.
#MeToo hat eine neue Ära des Feminismus eingeläutet. Öffentliche Debatten über Sexismus und männlichen Machtmissbrauch scheinen eine neue Dimension angenommen zu haben.
18.08.2021 | 44:44 min
Grüne befürchtet Normalisierung von Sexismus
Diese Entwicklung ärgert Albert Ritter, den Vorsitzenden des Deutschen Schaustellerbunds. Beschwerden über sexistische Darstellungen von Frauen auf Fahrgeschäften gingen von Einzelnen aus. "Die Millionen Besucher von Volksfesten beweisen, dass diese Darstellungen viele Menschen in Deutschland nicht stören," so Ritter. Erst wenn eine Darstellung strafrechtlich relevant sei, setze man sich seitens des Schaustellerbundes dafür ein, dass sie geändert wird.
Petra Rühle widerspricht: "Nur weil Menschen Volksfeste besuchen, auf denen diskriminierende Darstellungen gezeigt werden, sind sie nicht per se damit einverstanden." Es gehe nicht um eine Frage von Sittlichkeit, einen harmlosen Spaß und auch nicht um künstlerische Freiheit.
Sollten künftig diskriminierende Darstellungen gezeigt werden, werde man darauf aufmerksam machen.