US-Raketen in Deutschland: Abschreckung oder Provokation? | Streitgespräch bei ZDFheute live
Schon im Juli vereinbarten Bundeskanzler Scholz und US-Präsident Biden am Rande des Nato-Gipfels, dass zur Abschreckung Russlands US-Mittelstreckenraketen, u.a. vom Typ Tomahawk, in Deutschland stationiert werden sollen. Es folgten heftige Diskussionen.
Die SPD-Spitze stellt sich jetzt in einem Präsidiums-Beschluss hinter die Entscheidung. "Als SPD übernehmen wir Verantwortung dafür, dass kein Kind, das heute in Deutschland geboren wird, wieder Krieg erleben muss", heißt es in dem Text. Dafür sei die Stationierung der US-Raketen "ein wichtiger Baustein". Dennoch gibt es auch innerhalb der Kanzlerpartei weiterhin Kritik. "Sowas wird nicht mal so eben entschieden", sagt etwa SPD-Bundestagsabgeordneter Ralf Stegner. Es brauche "eine Debatte in der Gesellschaft und in der SPD".
Kritik kommt auch aus der Opposition: Im Vorfeld der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen macht das Bündnis Sahra Wagenknecht etwa potenzielle Koalitionen auch von einer Ablehnung der Stationierung abhängig. Diese Raketen seien "Angriffswaffe", sagte Wagenknecht dem Deutschlandfunk. Damit gerate Deutschland in die Ziellinie russischer Angriffs- und Atomraketen.
Was bringt die Stationierung der US-Raketen in Deutschland? Welche Risiken sind damit verbunden? Darüber diskutiert Victoria Reichelt mit Oberst a.D. Wolfgang Richter und mit CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter bei ZDFheute live.
Wann beginnt ZDFheute live zur geplanten Stationierung der US-Waffen in Deutschland?
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Wann gab es das letzte Mal Mittelstreckenraketen in Deutschland?
Seit dem Kalten Krieg wurden in Deutschland keine Mittelstreckenraketen mehr stationiert. Damals reagierte die Nato auf die Bedrohung durch sowjetische SS20-Raketen mit der Stationierung von US-amerikanischen Pershing II Raketen. Gleichzeitig wurden Gespräche zur Abrüstung aufgenommen – der sogenannte Doppelbeschluss. Er war die Grundlage für den INF-Vertrag, der 1987 von Ronald Reagan und Michael Gorbatschow in Washington unterzeichnet wurde. Der Vertrag gilt als historisches Rüstungskontrollabkommen und Wendepunkt im Kalten Krieg. Mehr als 30 Jahre lang war der INF zentraler Bestandteil der Sicherheitsarchitektur in Europa.
Der Vertrag sah die Abschaffung landgestützter ballistischer Raketen und Marschflugkörper mit kurzer und mittlerer Reichweite von 500 bis 5500 Kilometern vor. Untersagt wurden auch die Produktion, Neuentwicklung und Tests an landgestützten Waffensystemen. Innerhalb von drei Jahren nach Vertragsschluss mussten die USA die amerikanischen Pershing-II-Raketen vernichten und die Sowjet-Union ihre SS-20 Mittelstreckenraketen. Auf Schiffen und Flugzeugen basierte Systeme sowie landgestützte atomare Kurzstreckensysteme mit einer Reichweite unter 500 Kilometern waren nicht im INF-Vertrag erfasst.
Der Vertrag war auf unbegrenzte Zeit ausgelegt, wobei beide Seiten zurücktreten konnten, wenn sie "entscheiden, dass durch außergewöhnliche Ereignisse eine Gefährdung ihrer höchsten Interessen eingetreten ist". Die USA haben die Vereinbarung nach über 30 Jahren wegen einer Reihe gegenseitiger Vorwürfe der Vertragsverletzungen schließlich gekündigt. Im August 2019 lief der Vertrag aus. Im August 2019 haben die USA die Vereinbarung nach über 30 Jahren gekündigt. Vorausgegangen war eine Reihe gegenseitiger Vorwürfe der Vertragsverletzungen. Unter anderem hatte Russland schon im Mai 2018 Iskander Raketen in der Exklave Kaliningrad präsentiert. Mit einer Reichweite von 500 Kilometern können sie von dort unter anderem Warschau, Kopenhagen oder auch Berlin erreichen. Jetzt planen die USA die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland.
Mit Material von ZDF, dpa, AFP
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