Angriff auf Hisbollah-Kommandeur: Eskalation zwischen Israel und Miliz in Libanon? | ZDFheute live
Erst explodierten Pager, dann Funkgeräte. Jetzt spitzt sich Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon weiter zu: Beide Seiten melden gegenseitigen Beschuss. Am Freitagnachmittag griff die israelische Armee einen Vorort von Beirut an. Ziel war laut Medienberichten Ibrahim Akil, Gründungsmitglied der Hisbollah und Anführer einer Eliteeinheit. Israel soll bereits in den 90er-Jahren versucht haben, ihn auszuschalten. Die USA haben ein Kopfgeld von sieben Millionen Dollar auf ihn ausgesetzt. Er wird verantwortlich gemacht für den Anschlag auf die US-Botschaft in Beirut 1983 mit 63 Toten. Akil wäre der zweite hochrangige Hisbollah-Kommandeur, den Israel innerhalb weniger Wochen gezielt tötet.
Am Donnerstag hatte Hisbollah-Chef Nasrallah erklärt, Israel habe "alle roten Linien überschritten". Heute reagierte die Miliz und feuerte zahlreiche Raketen auf den Norden Israels ab. Die Terrororganisation spricht Israel das Existenzrecht ab und handelt nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der Hamas.
Zuvor hatte Israel offiziell die Bekämpfung von Hisbollah-Infrastruktur als Kriegsziel verkündet und daraufhin Stellungen der Hisbollah bombardiert. Es waren die schwersten israelischen Luftangriffe im Süden des Landes seit dem Beginn der Gefechte zwischen Israel und der Hisbollah im Oktober.
International wächst deshalb die Sorge vor einer Eskalation in Nahost. Angesichts der schweren Kämpfe an der israelisch-libanesischen Grenze hat die UN-Beobachtermission Unifil im Libanon dazu aufgerufen, unverzüglich zu deeskalieren.
Folgt auf die Angriffe der vergangenen Tage eine israelische Bodenoffensive im Südlibanon? Und bedeutet die Eskalation auch das Aus für die Bemühungen um Waffenruhe und Geiselfreilassungen im Gazastreifen? Darüber spricht Christopher Wehrmann bei ZDFheute live mit dem Nahost-Experte Jan Busse von der Universität der Bundeswehr in München. Die ZDF-Reporterinnen Anne Brühl und Isabelle Tümena berichten aus Beirut und Tel Aviv.
Sprengfallen und Humanitäres Völkerrecht
Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums sind bei den Explosionen von Pagern und Funkgeräten am Dienstag und am Mittwoch 37 Menschen getötet und Tausende verletzt worden. Darunter auch Zivilisten. Völkerrechtsexperten sind sich bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit dieser Angriffe uneinig:
Gegenüber dem Schweizer Nachrichtensender SRF sagte Marco Sassoli, Professor für Völkerrecht, dass Israel geltend machen könnte, dass es sich in einem bewaffneten Konflikt mit der Hisbollah befinde.
Andrew Clapham vom Genfer "Graduate Institute" hingegen sieht in den Vorfällen klare Verstöße gegen internationales Recht. Er beruft sich im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur auf die Umfunktionierung von harmlosen Objekten zu Waffen. Solche Sprengfallen seien verboten. Ähnlich äußert sich auch Elisabeth Hoffberger-Pippan vom Leibnitz Institut für Friedens- und Konfliktforschung Frankfurt im Tagespiegel. Sie sagt, dass Israel an das Zusatzabkommen über die Nutzung konventioneller Waffen gebunden sei. Dieses verbietet versteckte Sprengsätze, die wie harmlose tragbare Geräte aussehen.
Elvira Rosert, Professorin am Institut für Friedens- und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg verwies auf der Plattform X auf Ausnahmeregelungen: Sprengfallen dürften kein "unnötiges Leid" verursachen. In einem bewaffneten Konflikt seien feindliche Kämpfer und militärisch genutzte Kommunikationssysteme legale Ziele, so Thomas Burri von der Universität St. Gallen. Für ihn sei nicht so klar, ob die Verwendung von solchen Sprengfallen nach Anwendung des humanitären Völkerrechts in diesem Fall rechtswidrig war.
Mit Material von ZDF, dpa, AFP
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