1. (-) Ob bei Corona-Protesten oder den Debatten um Klimawandel und Cancel Culture: Anhand zahlreicher Fallstudien machen die Sozialwissenschaftler Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey einen neuen Typus Widerstandskämpfer fest: Die libertären Autoritären. Woher kommt dieser zunächst widersprüchlich wirkende Sozialfigur? Und inwiefern bedroht ihr verkürzter Freiheitsbegriff das Fundament der Demokratie? 51 Punkte
2. (7) Tiere nehmen die Welt anders wahr als Menschen: Käfer werden von Feuer angezogen, Schildkröten spüren Magnetfelder auf, Fische kommunizieren über elektrische Botschaften im Wasser. Doch Licht- und Lärmverschmutzung überfordern die tierischen Sinne. Altantic-Journalist Ed Yong über die faszinierende Wahrnehmungswelt der Tiere – und die verheerenden Schäden, die wir ihr zufügen. 49 Punkte
3. (9) Als Jesus auf die Erde zurückkehrt, wird er vom Großinquisitor zum Tode verurteilt. Unzählige Male ist auf die Figur aus der gleichnamigen Legende von Fjodor Dostojewski Bezug genommen worden: auf schwarzen Messen des Fin de Siècle, bei Max Weber und Carl Schmitt, immer als Personifizierung des Bösen. Ein aufregender Ritt durch die Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts. 38 Punkte
4. (-) Eigentlich verbindet sie so viel: Antisemitismus und Rassismus sind beides menschenfeindliche Ideologien. Diejenigen, die sich dagegen engagieren, können trotzdem oft nicht miteinander, das zeigte zuletzt die Documenta-Debatte. Forscherinnen und Aktivisten beider Lager suchen nach den Ursprüngen des Konflikts – und geben Antworten auf „naive Fragen“ wie: Sind Juden und Jüdinnen „weiß“? 33 Punkte
5. (2) Der Universalismus hat ein Imageproblem, für manche gilt er als kolonialistisch. Der israelische Philosoph Omri Boehm dagegen ist überzeugt: Eine gerechtere Zukunft ist nur mit universellem Denken möglich. Ein Plädoyer für eine Neuinterpretation von Immanuel Kants Philosophie, um die festgefahrenen Identitätsdebatten der Gegenwart hinter uns zu lassen. 31 Punkte
6. (-) Arm gegen Reich, Ost gegen West, Impfwillige gegen Impfgegner – die Spaltung der Gesellschaft wird oft behauptet. Ist sie aber wirklich das Merkmal unserer Zeit? Waren frühere Gesellschaften also besser integriert? Die Soziologen Jürgen Kaube und André Kieserling dekonstruieren die beliebte Floskel – und erklären, wann Unterschiede tatsächlich zu einem gesellschaftlichen Problem werden. 28 Punkte
6. (-) Ob in Bangladesch, Burkina Faso oder auf den Marschall-Inseln: Die Klimaforscherin Kira Vinke hat weltweit Menschen getroffen, deren Existenzen durch Dürren, Stürme und den steigenden Meeresspiegel bedroht sind. Sicher ist: die Migration wird durch die Klimakrise zunehmen. Welche rechtlichen und politischen Maßnahmen sind nötig, um den „Sturmnomaden“ ein Leben in Würde zu ermöglichen? 28 Punkte
8. (-) 1936 reist der afroamerikanische Soziologe und Bürgerrechtler W. E. B. Du Bois nach Deutschland. In Bierlokalen, den Wagner-Festspielen in Bayreuth oder den Olympischen Spielen in Berlin erkundet er das Leben in der totalitären Diktatur. Während er selbst kaum Diskriminierung erfährt, entsetzt ihn die Grausamkeit gegenüber den Juden. Jetzt erscheinen seine Reportagen erstmals auf Deutsch. 27 Punkte
9. (-) Der Kapitalismus hat viel Gutes hervorgebracht: Wohlstand, Gleichberechtigung, ein längeres Leben. Doch zeigt der Klimawandel: ewiges Wachstum, das zentrale Versprechen des Kapitalismus, kann es ohne dramatische Konsequenzen nicht geben. Die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann legt den Exit-Plan vor: hin zu einer Kreislaufwirtschaft, die nur so viel verbraucht, wie sich recyclen lässt. 24 Punkte
10. (-) 2021 veröffentlichte der Genozidforscher A. Dirk Moses den Aufsatz „Katechismus der Deutschen“, eine polemische Kritik am Singularitäts-Paradigma des Holocausts. Es war der Beginn einer hitzigen Debatte um das Verhältnis der Kolonialverbrechen zum Massenmord der Nazis. Ein Überblick über diesen Historikerstreit 2.0, mit Beiträgen von Autoren wie Eva Menasse, Per Leo oder Jan Philipp Reemtsma. 21 Punkte
10. (-) 1989 kündigte der Politologe Francis Fukuyama nach dem vermeintlichen Sieg des Liberalismus das „Ende der Geschichte“ an. Mehr als 30 Jahre später ist die Welt eine andere: Corona-Beschränkungen, Russlands Expansionspolitik und aggressive Identitätsdebatten – der Liberalismus wird von links wie rechts infrage gestellt. Ein Plädoyer für die Wiederentdeckung der wahren liberaler Tugenden. 21 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Marlen Hobrack (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (ZEIT-Stiftung), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Inge Kutter (DIE ZEIT), Hannah Lühmann (DIE WELT), Tania Martini (taz), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Peter Neumann (DIE ZEIT), Catherine Newmark (Deutschlandfund Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Bettina von Pfeil (ZDF), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT)