1 (8) Die Aufklärung stehen steht unter Beschuss, und das von allen Seiten: Rechte wollen zurück zur hierarchischen Gesellschaft, Linke halten den Universalismus für hegemonial. Die Philosophin Corine Pelluchon dagegen ist überzeugt: Um eine wahrhaftig ökologische und demokratische Gesellschaft herbeizuführen, müssen wir die aufklärerischen Ideale wiederentdecken – um sie anschließend weiterzuentwickeln. 61 Punkte
2 (1) Anstrengend, unentgeltlich und verdammt undankbar: Der Job der Hausfrau gilt als patriarchal, als überholt – und ist doch alles andere als ausgestorben. Detailliert zeichnet die Kulturwissenschaftlerin Evke Rulffes nach, wie sich das Ideal der "kümmernden Mutter" erst im 18. Jahrhundert etablierte – und wie es bis heute in unseren Köpfen fortwirkt. 52 Punkte
3 (-) „Leistung muss sich wieder lohnen!“ versprach einst Helmut Kohl. Was aber heißt das? Die Definition von Leistung hat sich gewandelt, schreiben die Soziologen Mayer-Ahuja und Nachtwey: Als Leistungsträger gelten Managerinnen oder Unternehmensberater. Postboten oder Pflegerinnen dagegen arbeiten hart, können aber kaum davon leben. Porträts von Menschen, die mehr verdient hätten als „Applaus vom Balkon“. 47 Punkte
4 (7) Niederländischen von M. Müller-Haas, Secession, 471 Seiten, 28,– € Anne Franks Tagebuch endet am 1. August 1944 – dem Tag, als sie und die anderen Bewohner ihres Amsterdamer Verstecks verhaftet und ins KZ verschleppt werden. Bas von Benda-Beckmann erzählt, wie es weitergeht: Der niederländische Historiker hat Zeugnisse und Dokumente ausgewertet, um das Schicksal der acht Menschen möglichst detailreich nachzuzeichnen. Nur einer von ihnen sollte den Holocaust überleben. 46 Punkte
5 (-) Amerikanischen von J. Wais, Harper Collins, 320 Seiten, 20,– € Einen Großteil unseres Lebens verbringen wir in Räumen – doch kaum jemand weiß, wie sie unsere Gefühle, unsere Leistung, unsere Gesundheit beeinflussen. Die Wissenschaftsjournalistin Emily Anthes zeigt, wie die Inneneinrichtung von Restaurants unser Essverhalten steuert, wie eines Tages Siedlungen auf dem Mars aussehen werden – und was die Architektur dazu beitragen kann, den Tod zu überwinden. 40 Punkte
6 (-) Die Hohenzollern Opfer der Nazis? So sieht es zumindest das preußische Adelsgeschlecht – und fordert Entschädigung für die Enteignungen nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Historiker Stephan Malinowski ist Gutachter im Hohenzollern-Streit. Sein neues Buch zeigt: Familienoberhaupt Wilhelm von Preußen unterstützte die NS-Bewegung – in der Hoffnung, selbst an die Macht zurückzukehren. 36 Punkte
7 (-) Wer Theaterstücke inszeniert, reflektiert die Gesellschaft kontinuierlich. Für Selbstreflexion dagegen blieb lange keine Zeit, beklagt Günther Rühle, ehemaliger Intendant des Schauspiels in Frankfurt. Nun, mit Mitte 90, horcht er in sich hinein – und nimmt die merkwürdigsten Dinge wahr, auch die Angst vor sich selbst. Eine innere Erkundungsreise, schonungslos ehrlich. 33 Punkte
8 (10) Während wir die einen lieben, essen wir die anderen. Ausgehend von diesem seltsamen Missverhältnis macht sich der Reporter Henry Mance auf, die Beziehung von Mensch und Tier zu erforschen. Er heuert im Schlachthof an, geht auf Jagd und reist in den globalen Süden, wo Regenwälder für die Nutztierhaltung geopfert werden. Mances Resümee: Wir müssen Tiere nicht lieben – es reicht, sie in Ruhe zu lassen. 31 Punkte
9 (-) Die Ampel-Koalition ist ein Novum in der deutschen Politik. Wie konnte es dazu kommen? Der Journalist Stephan Lamby, bekannt für seine politischen Langzeitbeobachtungen, hat den Wahlkampf 2021 hinter den Kulissen begleitet. Er traf sich wiederholt mit Laschet, Baerbock, Söder oder Lindner, erlebte ihre Pannen und Wendepunkte hautnah mit. Die Chronik eines historischen Politikjahres. 30 Punkte
10 (3) Ob gendersensible Sprache oder kulturelle Aneignung: Nie schien es wichtiger, Gefühle nicht zu verletzen. Eine positive Entwicklung? Nur teilweise, findet Svenja Flaßpöhler. Von Rousseau bis Judith Butler zeichnet die Chefredakteurin des Philosophie Magazins die Geschichte des "sensiblen Ichs" nach – und zeigt: Was einst zur Verfeinerung der Sitten geführt hatte, erzeugt heute Stillstand. 28 Punkte
10 (-) Wie kann es sein, dass sie, die Pariserin, Nostalgie empfindet, wenn sie an ihr Ferienhaus in Korsika denkt? Von dieser Frage ausgehend spürt die Philosophin Barbara Cassin in ihrem Essay dem Gefühl von Herkunft nach. Auf Homer und Hannah Arendt Bezug nehmend, kommt sie zur überraschenden Erkenntnis: Nicht der geografische Ort schafft Zugehörigkeit – sondern die Sprache. 28 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Marlen Hobrack (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (DIE ZEIT), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Inge Kutter (DIE ZEIT), Hannah Lühmann (DIE WELT), Ijoma Mangold (DIE ZEIT), Tania Martini (taz), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Catherine Newmark (Deutschlandfund Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Bettina von Pfeil (ZDF), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT)