TOP TEN November 2024
1. (-) 1929 stirbt der erfolgreiche Außenminister Gustav Stresemann. Damit beginnt eine Zeit der Ratlosigkeit, in der die Demokraten den Aufstieg der Nazis mitverfolgen müssen. Der Journalist Jens Bisky stellt die Frage nach Handlungsoptionen auf dem Weg in den Faschismus. Ein Panorama deutscher Schicksalsjahre, mit erschreckenden Parallelen zur Gegenwart. 82 Punkte
2. (-) Von China bis Venezuela, vom Iran bis Russland: Diktaturen weltweit setzen auf Kooperation: Sie betreiben gemeinsame Propaganda, tauschen Militärtechnik aus oder vergeben Aufträge an korrupte Staatsunternehmen. Die Journalistin und Friedenspreisträgerin Anne Applebaum hat sich die autokratischen Allianzen genauer angesehen. Ein Plädoyer an die Demokratien, endlich tätig zu werden. 80 Punkte
3. (3) Gletscher schmelzen, Arbeitswelten verschwinden, Ordnungen zerfallen – das Gefühl von Verlust ist allgegenwärtig. Was macht das mit den Menschen? Der Gegenwarts-Erklärer Andreas Reckwitz legt die erste umfassende Analyse dieser existenziellen Erfahrung vor – und zeigt auf, wie sich Verlust und Fortschritt miteinander versöhnen lassen. 71 Punkte
4. (-) Von Norwegen bis Griechenland, von Frankreich bis in die Sowjetunion: 230 Millionen Menschen standen während des Zweiten Weltkriegs unter deutscher Herrschaft. Sie erlebten tiefe Einschnitte in ihren Alltag und mussten jederzeit mit Gewalt rechnen. Die erste Geschichte des von Deutschland okkupierten Europas, die aus der Perspektive der Besetzten geschrieben ist. 65 Punkte
5. (-) Früher wollten die anderen Kinder nicht mit dem "Ausländerkind" spielen. Heute fragt sich der Historiker Mohammad Sarhangi, welche Erfahrungen und Gefühle Migranten wie ihn seit Generationen verbindet. Er stößt auf Scham der Ausgrenzung, Angst vor Abschiebung – aber auch Sehnsucht nach Geborgenheit. Eine Mischung aus persönlichem Essay, Zeitzeugengesprächen und Appell an die Menschlichkeit. 57 Punkte
6. (-) Gefühle sind keine Privatsache – denn sie haben mehr mit der Gesellschaft zu tun als mit uns selbst. Medien, Politik und das Berufsleben triggern Angst, Enttäuschung, Wut, Scham und Liebe. Die Soziologin Eva Illouz erkundet den Gefühlshaushalt des modernen Menschen, indem sie Kulturprodukte von Proust bis Netflix analysiert. Originell und augenöffnend. 46 Punkte
7. (-) Künstlicher Intelligenz existiert nicht rein virtuell, sie hat eine materielle Grundlage: Lithium wird dafür abgebaut, gigantische Strommengen in KI-Trainingscamps verbraucht und das Pentagon forscht an den Möglichkeiten der Kriegsführung. In ihrem Atlas zeigt die KI-Forscherin Kate Crawford auf, wo KI von Ausbeutung profitiert – und dabei die Demokratie gefährdet. 40 Punkte
8. (-) Ein persönlicher Einblick in das Leben des großen Philosophen: Im Gespräch mit zwei seiner Interpreten erzählt der 95-jährige Habermas von den Umständen, die sein Denken geprägt haben. Von Büchern, Begegnungen und Momenten wie einer Wahlveranstaltung 1949, bei der die erste Strophe des Deutschlandliedes angestimmt wurde. Über eine Existenz geprägt von der Sorge um die Demokratie. 30 Punkte
9. (-) Der Postkolonialismus und die Philosophie der Aufklärung werden als Widersprüche wahrgenommen. Zu Unrecht, findet die indische Politikwissenschaftlerin Nikita Dhawan. Zwar wurde die Aufklärung oft als Rechtfertigung kolonialer Ausbeutung missbraucht, doch sollten Ideale wie Freiheit und Gleichheit nicht verworfen werden. Der Versuch, Kant und Fanon miteinander zu verbinden. 26 Punkte
10. (-) Nicht erst seit Wladimir Putin wird Russland mit eiserner Faust regiert. Schon im Zarenreich inszenierten sich Machthaber als allmächtige Autokraten; und schon damals hing diese Inszenierung mit der Fragilität des Riesenreichs zusammen – wie bei Hobbes‘ Leviathan musste die Illusion von Unerschütterlichkeit aufrechterhalten werden. Eine außergewöhnliche Tiefenanalyse des Wesens von Herrschaft. 21 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Anja Fix (3sat), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (ZEIT-Stiftung), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Hannah Lühmann (DIE WELT), Tania Martini (taz), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Peter Neumann (DIE ZEIT), Catherine Newmark (Deutschlandfunk Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Katharina Schmitz (der Freitag), Anna-Lena Scholz (DIE ZEIT), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT), Florian Felix Weyh (Deutschlandfunk Kultur)