1 (-) Anstrengend, unentgeltlich und verdammt undankbar: Der Job der Hausfrau gilt als patriarchal, als überholt – und ist doch alles andere als ausgestorben. Detailliert zeichnet die Kulturwissenschaftlerin Evke Rulffes nach, wie sich das Ideal der "kümmernden Mutter" erst im 18. Jahrhundert etablierte – und wie es bis heute in unseren Köpfen fortwirkt. 50 Punkte
2 (-) Die extreme Rechte ist sich einig: Feministinnen unterdrücken den westlichen Mann, verweiblichen ihn. Nach seiner "Reise ins Reich" der Verschwörungstheoretiker vor drei Jahren mischt sich der Journalist Tobias Ginsburg in seinem neuen Buch inkognito unter Antifeministen. Er besucht radikale Burschenschaftler und faschistische Rapper – bis er schließlich ein international agierendes Netzwerk aufdeckt. 49 Punkte
3 (-) Ob gendersensible Sprache oder kulturelle Aneignung: Nie schien es wichtiger, Gefühle nicht zu verletzen. Eine positive Entwicklung? Nur teilweise, findet Svenja Flaßpöhler. Von Rousseau bis Judith Butler zeichnet die Chefredakteurin des Philosophie Magazins die Geschichte des "sensiblen Ichs" nach – und zeigt: Was einst zur Verfeinerung der Sitten geführt hatte, erzeugt heute Stillstand. 47 Punkte
4 (-) Fürsorglichkeit, Zuwendung, Wärme: Keine Ressource wird im patriarchalen Kapitalismus so sehr ausgebeutet, wie die vermeintliche "weibliche Natur", so die These der Gender-Forscherin Franziska Schutzbach. Ob im Haushalt oder der Pflege – Frauen sind dort überrepräsentiert, wo schlecht bezahlt, wenig gedankt aber viel erwartet wird. Schutzbach zeigt, wie Frau der Verfügbarkeitsfalle entkommen kann. 41 Punkte
5 (7) Der Historiker Wolfgang Schivelbusch erzählt von seinem durch Amerika geprägtem Leben. Als Kind bewunderte er die GIs im Frankfurter Schwimmbad, später ging er zum Forschen nach New York und blickte aus seiner Wohnung aufs World Trade Center, bis er schließlich wieder nach Deutschland zurückkehrte. Eine Biografie, die zugleich Analyse einer komplizierten transatlantischen Freundschaft ist. 36 Punkte
6 (-) Klar, Berlin-Bücher gibt es viele. Kirsty Bells Blick aber ist ein vollkommen neuer: Entlang der Wasseradern bewegt sich die britisch-amerikanische Kunstkritikerin durch die Geschichte Berlins. Im Takt der Gezeiten lernt sie die Stadt, in der sie seit 20 Jahren lebt, neu kennen – und stößt dabei auf berühmte Ex-Bewohner: Auf Walter Benjamin, Rosa Luxemburg oder Hannah Arendt. 35 Punkte
7 (-) Anne Franks Tagebuch endet am 1. August 1944 – dem Tag, als sie und die anderen Bewohner ihres Amsterdamer Verstecks verhaftet und ins KZ verschleppt werden. Bas von Benda-Beckmann erzählt, wie es weitergeht: Der niederländische Historiker hat Zeugnisse und Dokumente ausgewertet, um das Schicksal der acht Menschen möglichst detailreich nachzuzeichnen. Nur einer von ihnen sollte den Holocaust überleben. 33 Punkte
8 (-) Die Aufklärung stehen steht unter Beschuss, und das von allen Seiten: Rechte wollen zurück zur hierarchischen Gesellschaft, Linke halten den Universalismus für hegemonial. Die Philosophin Corine Pelluchon dagegen ist überzeugt: Um eine wahrhaftig ökologische und demokratische Gesellschaft herbeizuführen, müssen wir die aufklärerischen Ideale wiederentdecken – um sie anschließend weiterzuentwickeln. 31 Punkte
9 (2) "Einsamkeit ist ein Gefühl, das jede und jeden von uns früher oder später einholen wird" schreibt der Publizist Daniel Schreiber. Schließlich leben wir heute individualisierter denn je. Warum aber ist das Alleinsein so negativ besetzt? Anhand persönlicher Anekdoten und philosophischer Reflexion ergründet Schreiber das Spannungsfeld aus Rückzugswunsch und Sehnsucht nach Zugehörigkeit. 27 Punkte
10 (-) Während wir die einen lieben, essen wir die anderen. Ausgehend von diesem seltsamen Missverhältnis macht sich der Reporter Henry Mance auf, die Beziehung von Mensch und Tier zu erforschen. Er heuert im Schlachthof an, geht auf Jagd und reist in den globalen Süden, wo Regenwälder für die Nutztierhaltung geopfert werden. Mances Resümee: Wir müssen Tiere nicht lieben – es reicht, sie in Ruhe zu lassen. 25 Punkte
10 (-) Erst hält sie es für ein böses Omen, wenn Patty Smiths Stimme erklingt – hörte die kranke Mutter schließlich in Krisen ihre Musik. Später, nach einer zufälligen Begegnung, wird die Künstlerin zur Verbündeten – und zur Eintrittskarte in eine neue Welt. Die Schriftstellerin Helene Hegemann erzählt die persönliche Geschichte einer Freundschaft – die zugleich eine über die heilende Kraft der Kunst ist. 25 Punkte
10 (-) Unter griechischen Feministinnen galt das Stricken einst als reaktionär und frauenfeindlich. Ungeachtet dessen entdeckte Katerina Schiná in den achtziger Jahren ihre Leidenschaft dafür. Bald stellt sie fest: Stricken, das ist gelebte Emanzipation, "mein Pullover bin ich". Eine Kulturgeschichte des Strickens, bunt, humorvoll und reich an Überraschungen. 25 Punkte
Jedes Jury-Mitglied der Sachbuch-Bestenliste vergibt monatlich an vier Sachbücher je einmal 15, 10, 6 und 3 Punkte.
Die Jury der Sachbuch-Bestenliste: René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Peter Arens (ZDF), Susanne Billig (Deutschlandfunk Kultur), Ralph Bollmann (F.A.S.), Stefan Brauburger (ZDF), Alexander Cammann (DIE ZEIT), Gregor Dotzauer (Der Tagesspiegel), Heike Faller (DIE ZEIT), Marlen Hobrack (DIE ZEIT), Daniel Fiedler (ZDF), Jenny Friedrich-Freksa (Kulturaustausch), Manuel J. Hartung (DIE ZEIT), Thorsten Jantschek (Deutschlandfunk Kultur), Kim Kindermann (Deutschlandfunk Kultur), Inge Kutter (DIE ZEIT), Hannah Lühmann (DIE WELT), Ijoma Mangold (DIE ZEIT), Tania Martini (taz), Susanne Mayer (DIE ZEIT), Catherine Newmark (Deutschlandfund Kultur), Jutta Person (freie Literaturkritikerin), Bettina von Pfeil (ZDF), Jens-Christian Rabe (Süddeutsche Zeitung), Christian Rabhansl (Deutschlandfunk Kultur), Anne Reidt (ZDF), Anna Riek (ZDF), Stephan Schlak (Zeitschrift für Ideengeschichte), Hilal Sezgin (freie Autorin), Catrin Stövesand (Deutschlandfunk), Elisabeth von Thadden (DIE ZEIT)