Vor allem wenn sie nicht mehr verschwinden, können Schmerzen das Leben zerstören. Schätzungen zufolge leiden bis zu 14 Millionen Menschen in Deutschland unter chronischen, länger andauernden oder wiederkehrenden Schmerzen. Ein Drittel dieser Patienten ist davon stark beeinträchtigt. Viele Schmerzpatienten haben eine jahrelange Odyssee hinter sich, bis sie wirksame Hilfe erhalten.
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Schmerzen dienen normalerweise zur Warnung
„Die an sich sinnvolle Einrichtung, dass wir Schmerzen empfinden können, kann sich leider auch verselbstständigen“, erklärt Medizinjournalist Dr. Christoph Specht. Der Schmerz erfülle dann keine Warnfunktion mehr wie etwa beim Kontakt mit der heißen Herdplatte. Stattdessen halte er einfach weiter an, obwohl das schädigende Ereignis längst vorüber sei.
Normalerweise empfinden wir Schmerz, weil zum Beispiel an einem Organ etwas nicht in Ordnung ist und die dortigen Schmerzrezeptoren dies melden. Bei den sogenannten neuropathischen Schmerzen hingegen melden sich nicht die Schmerzrezeptoren: Da die Nervenzellen geschädigt sind, sind sie selbst für die Schmerzinformation verantwortlich. „Das sind die berühmten Nervenschmerzen, zum Beispiel nach einer Gürtelrose oder Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie. Daraus kann dann ein eigenständiges Krankheitsbild entstehen“, führt Specht aus.
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Mehr Medikamente, verstärkte Schmerzen
Betroffene geraten schnell in einen Teufelskreis: So entstehen beispielsweise bei einem Bandscheibenvorfall akute Schmerzen. Der Patient nimmt automatisch eine Schonhaltung ein, die allerdings nicht ohne Folgen bleibt: Bänder und Muskeln verkürzen sich, während andere gedehnt werden. „Durch die Schonung nimmt insgesamt die muskuläre Stabilität der Wirbelsäule ab“, erklärt Christoph Specht. Wenn dann der ursprüngliche Bandscheibenvorfall längst ausgestanden ist und nichts mehr auf die Nerven drückt, bleibt der Schmerz oft erhalten. Dadurch verharrt der Patient weiter in einer Schonhaltung, die die Situation weiter verschlimmert und zementiert.
Nehme der Patient dann regelmäßig Schmerzmittel, lassen diese mit der Zeit in der Wirkung nach, so Specht. Die Folge: Es werden zusätzlich andere Schmerzmittel eingenommen. Dieser Cocktail habe dann selbst wieder das Potenzial, Schmerzen zu verursachen. „Ganz klassisch ist das beim Kopfschmerz und wird als schmerzmittelinduzierter Kopfschmerz bezeichnet“, erklärt Specht.
Individuelle Therapie
In den letzten 20 Jahren habe es in der Schmerzmedizin allerhand Fortschritte gegeben, sagt Christoph Specht: „Man geht heute davon aus, dass Schmerz quasi grundsätzlich multimodal angegangen werden muss, also gleichzeitig mit mehreren Methoden.“ Neben medikamentösen und medizinisch-physikalischen Methoden gehören dazu auch psychologisch-verhaltensmedizinische Verfahren sowie eine auf den Patienten abgestimmte Bewegungstherapie.
„Ein Leben ganz ohne Schmerz kann niemand garantieren, aber das Bestreben muss sein, die Schmerzen erträglich zu machen“, sagt Christoph Specht. Die Therapie müsse je nach Grunderkrankung auf den einzelnen Patienten abgestimmt werden.
Patienten müssen mithelfen
Wer sich bei seinem Arzt nicht gut aufgehoben fühlt, sollte zumindest eine zweite Meinung einholen. Denn gerade bei einem so schwierigen Gebiet wie der Schmerztherapie muss das Verhältnis zwischen Patient und Arzt stimmen. Allerdings sollten Patienten nicht der Vorstellung verfallen, der Arzt alleine sei für die Herstellung eines schmerzlosen Zustandes verantwortlich. Dr. Specht: „Ohne die Mitarbeit des Patienten geht das nicht, denn wie Schmerz empfunden wird, hängt von vielen Faktoren ab, die im Einflussnahmebereich des Patienten selbst liegen und sein aktives Zutun erfordern. Die Psyche kann man beim Thema Schmerz einfach nicht außer Acht lassen.“
Bewegung zur Bekämpfung des Schmerzes, auch bei schon eingetretenen Schmerzen, ist sehr hilfreich. Das Gleiche gilt für jedwede – auch geistige – Ablenkung. „Wenn wir uns nur noch mit dem Schmerz beschäftigen, nimmt er automatisch einen größeren Raum in unserem Leben ein, er verstärkt sich also selbst. Wenn es sich um extreme Schmerzen handelt, ist das natürlich leichter gesagt als getan, aber meistens konzentrieren wir uns auch schon auf den Schmerz, wenn es noch gut möglich wäre, sich davon abzulenken. Diese Chance sollte man nutzen“, rät Christoph Specht.
Medikamente nur kurzfristig
Schmerzmittel – auch rezeptfreie – sind eindeutig nur für die Kurzzeitanwendung bestimmt, das heißt, für die Dauer von einigen Tagen, maximal wenigen Wochen. Bei jedem längeren Gebrauch ist dringend der Gang zum Arzt angezeigt. Für Kopfschmerzen beispielsweise gibt es inzwischen spezialisierte Ambulanzen, die sich gut damit auskennen.
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