Fragen zur Landtagswahl an Eva Schiller, Leiterin des ZDF-Landesstudios Baden-Württemberg.
Am 14. März 2021 ist Landtagswahl in Baden-Württemberg: Wie bereitet sich ihr Studio auf diesen Großeinsatz unter Corona-Beschränkungen vor? Und welche Landtagswahl-Themen stehen für Sie im Fokus – ist dabei vieles auf die Frage ausgerichtet, ob der erste grüne Ministerpräsident zum insgesamt dritten Mal gewählt wird?
Eva Schiller: Wahlkampf in Pandemiezeiten – das war noch nie da in der deutschen Fernsehgeschichte und ist Neuland für uns Journalist*innen aber auch für die Politiker*innen. Und wie so häufig in diesen Tagen: Wir fahren auf Sicht. Wir werden in der Berichterstattung den Spagat versuchen: Kontakte im Studio aber auch auf Drehs reduzieren, trotzdem aber so tiefe politische Einblicke vermitteln wie möglich. Gerade in Corona-Zeiten, wo den Bürger*innen die Begegnungen mit den Kandidat*innen fehlen, tragen wir als Fernsehjournalist*innen eine besondere Verantwortung. Es wird ein knappes Rennen: Winfried Kretschmann, der erste grüne Ministerpräsident, will zum dritten Mal gewählt werden. Aber wie schwer wiegt sein Amtsbonus? Er liegt in den meisten Umfragen nur leicht vor seiner CDU-Herausforderin Susanne Eisenmann, derzeit Kultusministerin. Die Umwelt schützen, den Klimawandel bremsen, aber zugleich die Wirtschaftskraft des Autolands aufrecht erhalten – geht das? Diese Frage stellen sich derzeit viele Baden-Württemberger. Neben den großen Konzernen schlägt im Ländle das Herz des Mittelstands. Die Autoindustrie steckt in der Transformationskrise, dazu jetzt noch Corona: Viele Menschen wünschen sich eine Zukunftsvision.
Welche Themen fern der Tagespolitik sind "Dauerbrenner" für Ihr Team? Reicht diese Themenpalette von Daimler bis Stuttgart 21, von schwäbischen Protestlern bis zu badischen Urlaubsregionen?
Eva Schiller: Die Themen sind so vielfältig wie Baden-Württemberg. Von der Autoindustrie über den Mittelstand, vom Tübinger Cyber Valley über die vielen anderen hervorragenden Forschungsinstitute und Unikliniken, von der schwäbischen Alb über Baden und den herrlichen Bodensee: Die Themen, die unterschiedlichen Menschen und ihre Geschichten, sind zahlreich. Wie heterogen die Bevölkerung ist, zeigt sich auch an den Protestbewegungen von Stuttgart 21 und jetzt den Querdenkern. Auf der einen Seite sind vielen Baden-Württembergern Ordnung, Fleiß und Regeln wichtig, auf der anderen Seite herrscht aber auch eine große Skepsis gegenüber Obrigkeiten, ja, eine Protestkultur, die sich keinem politischen Lager zuordnen lässt. Ein goldenes Jahrzehnt liegt hinter den Menschen, jetzt ist die große Frage, wie es wirtschaftlich weitergeht: Das birgt weiteren Sprengstoff, quer durch alle Bevölkerungsschichten. Baden-Württemberg ist auch das Land der Tüftler und Denker: Es gibt aktuell hervorragenden Wissenschaftler zum Beispiel in den Bereichen Medizin(-Technik) und künstliche Intelligenz. Deren Arbeit möchten wir gerne stärker in den Blick nehmen.
Neben Baden-Württemberg haben Sie von Stuttgart aus auch die Schweiz im Blick zu behalten: Was sind Themen und Anlässe, bei denen Sie sofort sagen würden: Darüber müssen wir aus dem Land der Eidgenossen berichten?
Eva Schiller: Auch in der Schweiz gibt es sehr viele spannende Themen. Die Schweiz geht gerne einen Sonderweg, das zeigt sich auch jetzt in der Corona-Zeit. Freiheit, Föderalismus und das Wohlergehen der Wirtschaft sind den Menschen sehr wichtig, und es ist spannend zu sehen, wie unterschiedlich Schweizer*innen an politische Herausforderungen herangehen. Es gibt und gab viele Volksabstimmungen, die das widerspiegeln. Zum Beispiel die kürzlich knapp gescheiterte Konzernverantwortungsinitiative, die Schweizer Konzerne auf der ganzen Welt zu ethischem Handeln verpflichten wollte. Zudem ein Dauerbrenner in unserer Berichterstattung: Die herrliche Schweizer Bergwelt in allen Schattierungen, sei es in punkto Wintersport, Klimawandel oder das Leben in den Bergdörfern. Nicht zu vergessen: Die WHO und UN-Institutionen in Genf, die uns internationalen Themen nach Stuttgart tragen.
(Interview: Thomas Hagedorn, ZDF Presse und Information)