In einer gesellschaftspolitisch aufgeheizten Zeit brauche es Programme wie phoenix, um die Komplexität von Themen besser durchblicken zu können. Zu dieser Einschätzung kommt Ali Ertan Toprak, Fernsehratsmitglied und Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschlands. Er habe den Eindruck, dass die Öffentlichkeit zunehmend neutrale und faktenbasierte Sendungen wünsche und "weniger Meinung und erzieherischen Journalismus".
#Fernsehrat: Gesellschaftliche Herausforderungen nehmen hierzulande weiter zu und in Europa verschärfen sich die Konflikte. Wird der Partnerkanal phoenix seinem Auftrag weiter gerecht, einerseits hintergründig zu berichten und andererseits in großem Maße live-fähig zu bleiben?
Ali Ertan Toprak: Zunächst einmal möchte ich ein großes Lob für das ganze phoenix-Team aussprechen. Mit so einem kleinen Personaltableau auf diesem hohen Niveau und unaufgeregt tagtäglich über aktuelle politische Ereignisse hintergründig zu berichten - und dabei auch über weniger attraktive Themen regelmäßig live zu berichten - ist eine große Leistung.
Bei phoenix wird gezeigt, was geschieht. Das ist die ureigenste Aufgabe der Medien, nämlich zu berichten, was ist. Denn es gibt genügend Menschen, die gerade in gesellschaftspolitisch aufgeheizten Zeiten die Komplexität von Themen besser durchblicken möchten. Und die sich in zunehmend polarisierenden und schnelllebigen Nachrichtenlagen weiterhin die Zeit dafür nehmen wollen.
Gerade für diese Menschen ist phoenix da. Und wenn es phoenix nicht gäbe, müsste man schon allein deswegen phoenix erfinden.
#Fernsehrat: In drei ostdeutschen Bundesländern haben Landtagswahlen stattgefunden. Wie beurteilen Sie die Wahlberichterstattung von phoenix? Ist phoenix als Ereignis- und Dokumentationskanal in allen Bundesländern präsent genug?
Toprak: Ich kann jetzt vielleicht nicht überblicken, ob phoenix in allen Bundesländern immer zu jederzeit gleichermaßen präsent ist. Aber ich habe schon das Gefühl, dass Menschen bei phoenix gerade bei der Wahlberichterstattung tiefgründigere Informationen erfahren als bei anderen Sendern - da es dort meistens auf Schnelligkeit ankommt und Vieles dabei auch untergeht. Deswegen schaue ich gerade die Wahlberichterstattung bei phoenix gerne an, um mehr Hintergründe und ehrlichere Antworten zu erhalten.
#Fernsehrat: Die Ministerpräsidenten werden sich bereits ab Ende September zu Reformplänen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks austauschen. Auf der Agenda stehen auch Überlegungen, Partnerkanäle von ARD und ZDF zu reduzieren. Sind die Kriterien der Länder hierfür für Sie nachvollziehbar?
Toprak: Natürlich kann man über einzelne Kriterien streiten. Ohne Frage gibt es aber einen Reformbedarf. Auch die Öffentlichkeit verlangt es von der Politik. Die Aufgabe der Politik ist es, einerseits diese öffentliche Erwartung sehr ernst zu nehmen, andererseits aber nicht vollends populistischen Erwägungen zum Opfer zu fallen. Denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird auch in Zukunft eine unverzichtbare Rolle für unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft haben.
Gerade deswegen aber sind Programmangebote wie phoenix für die Glaubwürdigkeit und Verankerung der öffentlich-rechtlichen Sender in unserer immer diverseren Gesellschaft wichtig, weil phoenix berichtet, was ist. Ich habe den Eindruck, dass die Öffentlichkeit zunehmend neutrale und faktenbasierte Sendungen will und weniger Meinung und erzieherischen Journalismus wünscht. phoenix ist ein gutes Beispiel, wie das gehen kann, und alle Meinungen zu Wort kommen.
#Fernsehrat: Ein Schwerpunkt des phoenix-Programms liegt auf der Berichterstattung aus den Parlamenten. Wie relevant ist es Ihres Erachtens, direkt aus dem Bundestag und dem Europäischen Parlament zu senden?
Toprak: Das ist immens wichtig. Gerade in Zeiten, wo immer mehr Menschen den Glauben an unsere Demokratie und seine Institutionen verlieren. Es ist wichtig, dass die Menschen regelmäßig in unsere Parlamente und deren Arbeit einen Einblick erhalten. Und dass sie dadurch nicht den Eindruck erhalten, die Parlamente würden ohne die Bürger ihr eigenes Ding machen. Denn diesen Eindruck erwecken Populisten jedweder Couleur. Die Berichterstattung direkt aus dem Bundestag und dem Europäischen Parlament ist essenziell für die Überlebensfähigkeit unseres demokratischen Systems in Konkurrenz zu den demokratiefeindlichen Systemen weltweit.
Zur Person: Ali Ertan Toprak ist der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Ehrenpräsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände in Deutschland. Außerdem ist er Sprecher der Initiative Säkularer Islam und Beauftragter des Landesvorstandes der CDU Hamburg für Vielfalt, Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Er ist seit 2016 Mitglied des ZDF-Fernsehrates und des Programmausschusses Chefredaktion.