„Gegenüber dem linearen Angebot wird das Angebot der ZDFmediathek weiter an Bedeutung gewinnen“, prognostiziert Fernsehrätin Dr. Claudia Conen. Die promovierte Wirtschaftsjuristin und Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) legt Wert darauf, dass das ZDF auch bei neuen Kooperationen seine eigenständige Marke behält.
#Fernsehrat: Die Nutzung der ZDFmediathek hat im vergangenen Jahr massiv zugenommen. Wie bewerten Sie die Entwicklung?
Claudia Conen: Die intensivierte Nutzung der Mediathek zeigt in erster Linie, dass die Zuschauer diese Angebote als Ergänzung zum linearen Fernsehen annehmen. Der Mehrwert des Abrufs von Sendungen über einen längeren Zeitraum hinweg, die gezielte Suche nach Beiträgen oder die Empfehlung von inhaltlich verwandten Sendungen (an-)erkennt der Zuschauer. Zuschauer, deren Tagesablauf sich nicht nach festen Sendezeiten richtet oder richten kann, werden über die Mediathek mit den ZDF-Formaten erreicht. Das ZDF-Angebot passt sich so noch besser den Bedürfnissen und Lebensumständen der heutigen Gesellschaft an. Das ZDF ist mit dem weiteren Auf- und Ausbau daher auf dem richtigen Weg.
#Fernsehrat: In den Mediatheken gibt es inzwischen erfolgreiche Online-Only-Formate und -Inhalte. Wie sehen Sie das zukünftige Verhältnis zwischen linearem Angebot und ZDFmediathek?
Conen: Gegenüber dem linearen Angebot wird das Angebot der ZDFmediathek weiter an Bedeutung gewinnen. Hierbei ist es wichtig, nicht nur darauf zu setzen, das lineare Programm in der Mediathek zu spiegeln. Sie bietet vielmehr über das lineare Fernsehen hinaus Chancen für z. B. ausführliche Hintergrundinformationen, Inhalte in „Echt-Zeit“ und weitere Serviceangebote. Das ZDF wird v. a. von einem klugen, sich gegenseitig ergänzenden Angebot an linearen und non-linearen Beiträgen profitieren.
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#Fernsehrat: Geplant ist der Aufbau eines offenen, entwicklungsfähigen Streaming-Netzwerks mit der ARD. Wie bewerten Sie das?
Conen: Der gemeinsame Antritt ist dort richtig, wo er einen Mehrwert für den Zuschauer schafft und Synergien bei den Sendern entstehen. Nutzerfreundlichkeit, aber auch Effizienz durch digitale Vernetzung stehen bei einem gemeinsamen öffentlich-rechtlichen Streaming-Netzwerk im Vordergrund. In diesem Sinne sollten auch weitere Optionen von Kooperationen mit Dritten ausgelotet werden.
Wichtig ist jedoch, dass das ZDF beim Aufbau eines gemeinsamen Streaming-Netzwerks seine eigenständige Marke behält. Der Wiedererkennungseffekt beim Zuschauer ist essenziell, denn er erinnert daran, wofür das ZDF steht und worin sich das ZDF gerade von anderen (nicht nur öffentlich-rechtlichen) Sendern unterscheidet.
#Fernsehrat: Der Medienstaatsvertrag ermöglicht jetzt auch das Verbreiten eigenständiger journalistischer Angebote auf Drittplattformen wie YouTube & Co. Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich beim Ausspielen von Inhalten auf Drittplattformen?
Conen: Mit der Verbreitung eigener journalistischer Angebote auf Drittplattformen können Zuschauer erreicht werden, die sich eher weniger dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen oder auch den Mediatheken zuwenden. Mit der Verbreitung eigenständiger journalistischer Angebote über Drittplattformen bietet sich damit die Chance, auch den Qualitätsjournalismus des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in die Breite der Gesellschaft zu tragen. Es geht also primär um die Erreichbarkeit weiterer Zielgruppen für das bestehende, eigene Angebot mit einer eigenen Marke.
Inwieweit das Ausspielen von Inhalten auf Drittplattformen insgesamt der Medienvielfalt dient, muss dabei sehr sorgsam abgewogen und auch anhand der konkreten Plattform entschieden werden. Für zwingend halte ich es, dass die Inhalte auch auf der eigenen Plattform und damit der eigenen „Community“ zugänglich sind. Die Produktion ausschließlich für Drittplattformen ist in meinen Augen dagegen eine klare „Überreizung“ des eigenen Auftrages.
Zur Person: BDL-Hauptgeschäftsführerin Dr. Claudia Conen verfügt über eine breite Expertise in den Feldern Mittelstandsfinanzierung und Finanzmarktregulierung. Beim Bundesverband Öffentlicher Banken leitete sie den Bereich „Fördergeschäft und Finanzierung“ und betreute die Mittelstandsfinanzierung. Zuvor war die gebürtige Erfurterin in der KfW Bankengruppe im Vorstandsstab für Europaangelegenheiten und Finanzmarktregulierung tätig. Die promovierte Wirtschaftsjuristin ist Mitglied im Präsidium der überparteilichen Europa-Union Deutschland und Sprecherin der AG Europäische Wirtschaftspolitik. Sie vertritt die Europa-Union Deutschland im ZDF-Fernsehrat. Darüber hinaus gehört sie dem Team Europe-Expertenpool der EU-Kommission an.