Walter Lübcke war im Oktober 2015 während einer Bürgerversammlung von Rechtsextremisten beschimpft worden, weil er ein Flüchtlingsheim in einem Ort nahe Kassel durchsetzte. Das Video von der Bürgerversammlung hatte Markus H. ins Netz gestellt, der im Juni 2019 Beihilfe zum Mord an Lübcke geleistet haben soll. Es wurde auch von der früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach gepostet, die inzwischen der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung vorsteht. Das Video löste eine Welle von Hasskommentaren aus: "Möge der Kerl bekommen, was er verdient", lautete ein Kommentar. Bilder von Galgen und Pistolen wurden unter dem Video als Kommentare gepostet.
Nachdem das Video von der Bürgerversammlung zuletzt im Frühjahr 2019 gepostet wurde und dazu erneut zahlreiche Hasskommentare gegen Lübcke hinzugefügt wurden, soll der Rechtsextremist Stephan Ernst Regierungspräsident Walter Lübcke am 1. Juni 2019 vor dessen Wohnhaus erschossen haben. Ernst steht deswegen gemeinsam mit Markus H. ab dem 16. Juni 2020 in Frankfurt am Main vor Gericht. Nach dem Mord tauchten im Internet dann Kommentare auf wie: "Mal den Richtigen erwischt."
Bundesweite Hausdurchsuchungen
Seit September 2019 ermittelten hessische Behörden wegen der Hasskommentare gegen Lübcke. Jetzt fanden Hausdurchsuchungen bei 40 Beschuldigten in zwölf Bundesländern statt. Ihnen wird vorgeworfen, öffentlich zu Straftaten aufgerufen, Straftaten gebilligt und das Andenken des ermordeten Walter Lübcke verunglimpft zu haben. Die Durchsuchungen basieren auf Ermittlungen der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main und des hessischen Landeskrimalamtes. Elf weitere Staatsanwaltschaften sind beteiligt. In Hessen richten sich die Ermittlungen gegen fünf Männer und eine Frau im Alter von 25 bis 62 Jahren, in Bayern gegen sechs Männer und eine Frau im Alter von 23 bis 67 Jahren. In Sachsen wurden die Wohnungen von fünf Beschuldigten durchsucht.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht kündigte ein Gesetzespaket gegen Hass und Hetze im Netz an. "Menschenverachtende Drohungen und Diffamierungen schaffen ein Klima der Gewalt", teilte Lambrecht mit. "Aus Worten werden Taten. Wer im Netz hetzt und droht, muss deshalb schnell und konsequent von der Strafjustiz zur Verantwortung gezogen werden."