Mehr als 1.000 Islamisten demonstrieren
Slogans wie "Deutschland = Wertediktatur" oder "Kalifat ist die Lösung" waren auf einer islamistischen Kundgebung am Samstag in Hamburg zu lesen. Immer wieder waren auch "Allahu Akbar"-Rufe ("Gott ist groß") zu hören. Die Kundgebung wurde von einem Großaufgebot der Polizei gesichert. Zu gewalttätigen Zwischenfällen kam es jedoch nicht.
Mehr als 1.000 Menschen protestierten gegen eine angeblich islamfeindliche Politik. Angemeldet wurde die Demonstration aus dem Umfeld der Gruppierung "Muslim Interaktiv", die vom Hamburger Verfassungsschutz als gesichert extremistisch eingestuft wird.
Verbot von islamistischer Gruppierung gefordert
Bundesinnenministerin Faeser forderte nach der Demonstration eine harte Reaktion des Staates. So eine "Islamisten-Demonstration auf unseren Straßen zu sehen", sei schwer erträglich, so die Ministerin. Es dürfe keine Propaganda (...) und keine Gewaltaufrufe auf deutschen Straßen geben, sagte Faeser im Deutschlandfunk.
Es sei skandalös, dass "in Hamburg schon wieder Hass-Demonstranten für ein Kalifat auf die Straße gehen - trotz vollmundiger Ankündigungen von Innenministerin Faeser, dass so etwas nicht toleriert werde", kritisierte CDU-Generalsekretär Linnemann die Innenministerin.
Die Hamburgische Bürgerschaft hatte es am vergangenen Mittwoch mehrheitlich mit den Stimmen der SPD und Grünen gegen die Stimmen der CDU und AfD abgelehnt, ein Verbotsverfahren gegen die Gruppierung anzustrengen, da sie schon im Blick der Verfassungsbehörden seien. Die CDU-Fraktion fordert nun eine Sondersitzung des Innenausschusses.
Meinungsäußerung vom Grundgesetz gedeckt
Der Hamburger Polizeipräsident Falk Schnabel sagte im ZDF-"Morgenmagazin", dass aus juristischer Sicht ein Verbot der Demonstration nicht möglich gewesen sei. Das Grundgesetz lasse auch extremistische Meinungsäußerungen zu. Allerdings stelle sich die Frage, ob zu gegebener Zeit nicht ein Verbot von "Muslim Interaktiv" in Betracht zu ziehen sei. Nach der Demonstration solle nun die Staatsanwaltschaft tätig werden. Die einzelnen Parolen und Transparente würden von ihr auf strafrechtliche Relevanz überprüft.
Jurist Prof. Clemens Arzt erläutert die rechtlichen Schwierigkeiten eines Demonstrationsverbots. Islamexpertin Prof. Susanne Schröter analysiert die Hintergründe der islamistischen Gruppierung.
Die Initiative "Muslim Interaktiv" tarnt sich mit Aufklärung über Rassismus. Doch sie gehört zu den islamistischen Gruppierungen, die dafür sorgen, dass die Gräben im Land wachsen.
Wer sind die Mitglieder von "Muslim Interaktiv"?
"Muslim Interaktiv" ist eine islamistische Gruppe, die eine ideologische Nähe zur Gruppierung "Hizb ut-Tahrir" aufweist. Diese wurde 2003 in Deutschland verboten. Laut Verfassungsschutz richtet sich die Organisation gegen den Gedanken der Völkerverständigung, befürwortet die Anwendung von Gewalt, um politische Ziele durchzusetzen, verbreitet Antisemitismus und ruft zur Tötung von Jüdinnen und Juden auf.
Seit langem wird auch ein Verbot von Gruppierungen wie "Muslim Interaktiv" gefordert. Die Bewegung wird von den Verfassungsschutzbehörden in mehreren Bundesländern als gesichert extremistische Bestrebung beobachtet. Die Gruppierung soll Narrative von "Hizb ut-Tahrir" sowie der Forderung eines Kalifats in den sozialen Medien wie Facebook, Instagram und TikTok verbreiten. Auf dem TikTok-Kanal "Muslim Interaktiv" mit über 24.000 Followern findet sich antisemitische Propaganda sowie die Darstellung einer weit verbreiteten Muslimfeindlichkeit des "Westens".
Dem Hamburger Verfassungsschutzbericht 2022 zufolge organisierte die Gruppe unter dem Tenor "Uiguren, Olympiade, China" 2022 eine Kundgebung in Hamburg, auf der propagiert wurde, dass nicht nur in China, sondern auch in Deutschland eine Hetzkampagne gegen Muslime stattfinden würde.
"Kalifat ist die Lösung": Was es mit der Forderung auf sich hat
Das Kalifat ist eine frühere Regierungsform des Islams, den Titel Kalif trugen seit der islamischen Frühzeit politisch-religiöse Führer der Muslime. Der Begriff stammt aus dem arabischen Wort chalifa und bedeutet "Nachfolger" oder "Stellvertreter" Gottes oder des Propheten Mohammeds.
Die Große türkische Nationalversammlung schaffte das Kalifat 1924 endgültig ab. Bis heute versuchen jedoch islamistische Gruppen, ein neues Kalifat einzuführen. Die Hizb ut-Tahrir Bewegung fordert beispielsweise einen islamistischen Staat mit einem Kalifen an der Spitze in Deutschland. Als Grundlage für sein Handeln soll der Kalif die Gesetze des Korans, die Scharia, durchsetzen. Demokratische Prinzipien wie Gewaltenteilung und freie Wahlen sollen abgeschafft werden. Der Chef der Terrormiliz "Islamischer Staat", Abu Bakr al-Baghdadi, bezeichnet sich als Kalif.
Mit Material von ZDF, epd, dpa, KNA