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Faktencheck
Vorwurf der Wettermanipulation:Unwetter in Dubai war kein künstlicher Regen
von Katja Horneffer und Oliver Klein
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Cloud Seeding, also das Impfen von Wolken, soll das Unwetter-Chaos in Dubai ausgelöst haben. Meteorologen halten das für Quatsch. Dennoch ist der Mensch mitverantwortlich.
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Beim Blick auf die enormen Regenmassen, die Dubai am Dienstag überfluteten, fragen sich viele: Inwieweit hat da der Mensch seine Hand im Spiel? Er hat sie im Spiel. Aber anders, als derzeit in Sozialen Netzwerken und selbst in renommierten Medien behauptet wird: Einige machen das sogenannte Cloud Seeding für die sintflutartigen Regen verantwortlich. Dabei bringen Flugzeuge chemische Wirkstoffe in Wolken aus, um die Bildung von Regen zu fördern.
Ausgerechnet vor dem Unwetter-Chaos in Dubai soll genau diese Technik zum Einsatz gekommen sein. Der Vorwurf: Dubai habe mit Wettermanipulation künstlichen Regen erschaffen - und damit eine ganze Region unter Wasser gesetzt. Was ist dran an der Theorie? ZDFheute mit einem Faktencheck.
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Wurde vor dem Unwetter Cloud Seeding betrieben?
Das National Center for Meteorology (NCM) bestätigte laut Medienberichten, dass am Sonntag und Montag mehrere Flüge für Cloud Seeding durchgeführt wurden. Aber: Unmittelbar vor dem heftigen Regen am Dienstag habe es solche Operationen nicht gegeben, erklärte Omar Al Yazeedi, der stellvertretende Direktor des NCM.
Beim Cloud Seeding - auch Wolkenimpfung genannt - werden winzige Teilchen, meist Silberiodid, in Wolken eingebracht. Ziel ist es, die Niederschlagsmenge oder -art zu verändern, Hagel zu mildern oder Nebel aufzulösen. Die Teilchen fungieren als Kondensationskerne, an denen sich Wasser anlagert - sind die Tropfen groß genug, fängt es an zu regnen.
Auch einzelne Hagelkörner sollen mit Cloud Seeding weniger groß werden, damit sie geringere Schäden anrichten, wenn sie zu Boden stürzen. Andere Einsatzgebiete sind Versuche, Regen "umzuleiten", indem Wolken geimpft werden, die erst später - zum Beispiel über einer Militärparade in Moskau oder über der Eröffnungsfeier von olympischen Spiele in China - ohne menschliches Zutun abregnen würden. Ist genug Wasserdampf in der Luft, lassen sich auch künstlich Wolken erzeugen, die wiederum beim Abregnen die Luftqualität verbessern können.
Ob die Methode wirklich funktioniert, ist schwer zu beweisen, weil es in der Natur nie zwei identische Wolken gibt, die dann entweder geimpft oder nicht geimpft abregnen.
Bekannt ist, dass einige Staaten auf der Welt Wolken impfen - unter anderem China, Russland, die USA, Pakistan - aber auch Deutschland. Hierzulande werden Gewitterwolken, die potenziell große Hagelkörner produzieren können, in einigen Landkreisen mit Silberjodid geimpft. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate betreiben Cloud Seeding, wie der Nationale Wetterdienst auf seiner Webseite bestätigt.
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Könnte Cloud Seeding ein so heftiges Unwetter auslösen?
Eindeutig nein. Grundsätzlich ist die Wirkung von Cloud Seeding begrenzt. Ohne Feuchtigkeit in der Atmosphäre kann die Technik gar nichts ausrichten - an einem knochentrockenen Tag oder wenn wenig Wasserdampf in der Luft ist, wird Cloud Seeding keine Regenwolke erzeugen. Ob die Methode überhaupt funktioniert, ist schwer zu beweisen. Erst recht ist Cloud Seeding nicht in der Lage, die gigantischen Mengen an Regen zu erzeugen, die auf Dubai niedergegangen sind.
Und der heftige Regen war nicht auf Dubai beschränkt: Von der Sahara bis zum Indischen Ozean gab es Tiefs, die es teils heftig über Wüstenregionen regnen ließen. Die Wettervorhersage-Modelle hatten genau das Tage vorher schon präzise vorausgesagt. Sollte das Impfen von Wolken in Dubai zu den ohnehin existierenden Niederschläge zusätzlichen Regen hervorgebracht habe, wäre der Effekt minimal gewesen.
Die Wetterlage Anfang der Woche: Mehrere Tiefs brachten Regen dort, wo es eher selten regnet - in der Sahara, in Oman, in Saudi-Arabien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Quelle: ZDF
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Was sind die wahren Gründe für das Unwetter?
Die Ursache für den Starkregen ist schlicht die globale Temperaturerhöhung. Sie verstärkt die Niederschläge auf der ganzen Welt, weil eine wärmere Atmosphäre mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Daran haben vor allem die aktuell extrem hohen weltweiten Wassertemperaturen ihren Anteil: Die Meeresoberflächentemperaturen liegen im dreizehnten Monat in Folge über den jemals zuvor gemessenen Werten.
Auch Deutschland ist betroffen: Forschungen zur Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 an Ahr und Erft und weiteren Teilen Westeuropas kamen zum Ergebnis, dass so ein Starkregenereignis im aktuellen Klima ein Phänomen war, das etwa alle 400 Jahren eintritt. Es ist damit 1,2 bis 9-fach wahrscheinlicher geworden als in der vorindustriellen Zeit. In den Jahren 1850 bis 1900 wäre mit einem solchen Starkregenereignis etwa alle 2.000 Jahre zu rechnen gewesen.
Quelle: mit Material von AP
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