Gesetzentwurf nimmt erste Hürde:Verkauf oder Verbot: US-Kongress gegen TikTok
von Anna Kleiser, Washington D.C.
|
Ein neues Gesetz soll Bytedance zwingen, seine Tochter TikTok zu verkaufen - sonst droht ein Verbot in den USA. Fachleute sagen, das ist mehr Politik als Datenschutz.
TikTokerinnen verfolgen die Abstimmung vor dem US-Kapitol.
Quelle: AP
"Das wird der Grund sein, warum ich die amerikanische Regierung hasse", sagt TikToker Carter PC Smith vor wenigen Tagen. Er hat über fünf Millionen Follower auf der Plattform, ein Verbot der App würde ihm seine Einnahmen rauben.
Am Mittwoch hat das US-Repräsentantenhaus mit überwältigender Mehrheit für ein Gesetz gestimmt, das Bytedance dazu zwingen soll, die Tochterfirma TikTok zu verkaufen. Mit 352 Ja- zu 65 Nein-Stimmen zeigt es ungewöhnliche parteiübergreifende Einigkeit im zerstrittenen Abgeordnetenhaus.
Zustimmung im Senat unklar
Der Gesetzentwurf verbietet chinesischen Teilhabern, 20 Prozent und mehr an großen Social-Media-Plattformen in den USA zu halten. Wenn Bytedance das US-Geschäft nicht innerhalb von sechs Monaten verkauft, wird die App praktisch verboten.
Der Entwurf marschiert bisher mit enormer Geschwindigkeit durch die Instanzen. Die nächste Hürde ist nun der US-Senat. Dort ist die Zustimmung bisher nicht so deutlich erkennbar. Einige Demokraten stehen dem Gesetz kritisch gegenüber. Joe Biden hat vergangene Woche jedoch angekündigt, das Gesetz zu unterstützen:
Wenn sie es verabschieden, werde ich es unterschreiben.
„
US-Präsident Joe Biden am 8. März
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump sprach sich hingegen überraschenderweise gegen das Gesetz aus. TikTok sei ein wichtiges Gegengewicht zu Facebook, so Trump - eine 180-Grad-Wede zu vorherigen Positionen. US-Medien spekulieren, ein Besuch des TikTok-Investors Jeff Yess bei Trump könne damit zu tun haben.
TikTok als Gefahr für "nationales Sicherheit"
2020 wollte Trump als damaliger US-Präsident Bytedance bereits zum Verkauf zwingen, Microsoft brachte sich in Stellung, um das Unternehmen zu kaufen. Das Vorhaben wurde vor Gericht ausgebremst. Seither gab es immer wieder Versuche in den USA, gegen TikTok vorzugehen.
Hintergrund der Verbotsdebatte ist die Sorge, die App könne zum Sammeln von Informationen über Nutzer durch chinesische Behörden oder für politische Einflussnahme missbraucht werden. Über zehn Mal sprachen Abgeordnete vor der Abstimmung von einer Gefahr für die "nationalen Sicherheit". So auch der hochrangige Republikaner Steve Scalise:
Das ist eine entscheidende Frage der nationalen Sicherheit.
„
Steve Scalise, republikanischer Abgeordneter
TikTok widerspricht dem vehement. Die Daten der Nutzenden seien sicher, China habe keinen Zugriff. Bytedance sei zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren.
Abgeordnete betonen, es gehe nicht um ein TikTok-Verbot
Es gilt als sicher, dass das Unternehmen gegen das Gesetz klagen würde. Es sieht, wie andere Kritiker, die Meinungsfreiheit dadurch eingeschränkt. Dieses Argument war vor Gericht bereits mehrfach erfolgreich. Im US-Bundesstaat Montana, das TikTok dort aus den App-Stores verbannen sollte, liegt es deswegen auf Eis.
Politikerinnen und Politiker aus beiden Parteien betonten in der Debatte, es gehe ihnen darum den Datenschutz für Nutzerinnen und Nutzer sicherzustellen.
Dies ist kein Versuch, TikTok zu verbieten. Es ist ein Versuch, TikTok besser zu machen.
„
Nacny Pelosi, demokratische Abgeordnete
Auch der nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan betonte, es gehe um einen Eigentümerwechsel.
Wollen wir, dass Daten aus TikTok - Daten von Kindern und Erwachsenen - hier in Amerika bleiben oder nach China gehen?
„
Jake Sullivan, Nationaler Sicherheitsberater
Aber hilft das Gesetz wirklich dem Datenschutz?
Fachleute kritisieren: Politik statt Datenschutz
Experten wie der Rechtsprofessor Anupam Chander von der Georgetown University bezweifeln das gegenüber ZDFheute. Die Datenschutzpraktiken von TikTok würden denen der anderen großen Social-Media-Plattformen gleichen, so Chander. Ein Verkauf oder ein Verbot könnten natürlich etwaigen chinesischen Einfluss zurückdrängen, aber das Grundproblem bleibe bestehen.
Auch David Greene, der Direktor der Electronic Frontier Foundation, sagt gegenüber ZDFheute es sei kein effektiver Weg, um die Privatsphäre zu schützen.
Es ist schwer, das als ernsthaften Versuch zu verstehen, wenn der Kongress es wiederholt versäumt, eine umfassende Datenschutzregelung zu erlassen.
„
David Greene, Direktor der Electronic Frontier Foundation
Fachleute fordern schon lange ein umfassendes nationales Datenschutzgesetz, statt des Verbots einzelner Apps. Datenschutz sei den Menschen in den USA auch wichtig, so Chander, aber:
Unser Gesetz hat mit den Sorgen der Menschen in dieser Frage nicht Schritt gehalten.
„
Prof. Anupam Chander, Georgetown University
Die digitale Macht der AfD wächst. Welche Strategie dahinter steckt und warum die hohe Reichweite der AfD in Sozialen Netzwerken gefährlich ist.21.02.2024 | 16:15 min
Bis zur finalen Entscheidung wird es noch dauern
Für Menschen wie Carter Smith, die sich mit TikTok ihre Marke aufgebaut haben und um ihre Einkünfte bangen, sind nicht diese Argumente, sondern das Ergebnis entscheidend. Sollte das Gesetz tatsächlich in Kraft treten, hofft er darauf, dass Gerichte es einkassieren.
Bis sich die rund 170 Millionen Nutzerinnen und Nutzer in den USA eine neue Plattform suchen müssen, wird es also noch eine Weile dauern.
Um dir eine optimale Website der ZDFmediathek, ZDFheute und ZDFtivi präsentieren zu können, setzen wir Cookies und vergleichbare Techniken ein. Einige der eingesetzten Techniken sind unbedingt erforderlich für unser Angebot. Mit deiner Zustimmung dürfen wir und unsere Dienstleister darüber hinaus Informationen auf deinem Gerät speichern und/oder abrufen. Dabei geben wir deine Daten ohne deine Einwilligung nicht an Dritte weiter, die nicht unsere direkten Dienstleister sind. Wir verwenden deine Daten auch nicht zu kommerziellen Zwecken.
Zustimmungspflichtige Datenverarbeitung • Personalisierung: Die Speicherung von bestimmten Interaktionen ermöglicht uns, dein Erlebnis im Angebot des ZDF an dich anzupassen und Personalisierungsfunktionen anzubieten. Dabei personalisieren wir ausschließlich auf Basis deiner Nutzung der ZDFmediathek, der ZDFheute und ZDFtivi. Daten von Dritten werden von uns nicht verwendet. • Social Media und externe Drittsysteme: Wir nutzen Social-Media-Tools und Dienste von anderen Anbietern. Unter anderem um das Teilen von Inhalten zu ermöglichen.
Du kannst entscheiden, für welche Zwecke wir deine Daten speichern und verarbeiten dürfen. Dies betrifft nur dein aktuell genutztes Gerät. Mit "Zustimmen" erklärst du deine Zustimmung zu unserer Datenverarbeitung, für die wir deine Einwilligung benötigen. Oder du legst unter "Einstellungen/Ablehnen" fest, welchen Zwecken du deine Zustimmung gibst und welchen nicht. Deine Datenschutzeinstellungen kannst du jederzeit mit Wirkung für die Zukunft in deinen Einstellungen widerrufen oder ändern.