Milliardenerfolg aus China: Was macht Temu so günstig?

    Online-Angriff aus China:Milliardenerfolg: Was macht Temu so günstig?

    Redakteur Peter Böhmer, ZDF-Landesstudio Nordrhein-Westfalen.
    von Peter Böhmer
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    Lilli war klar, an Karneval geht sie als Barbie. Ein pinkes Shirt hatte sie, den Rock bestellte sie für nur 7,49 Euro bei Temu. Was aber macht die umstrittene Plattform so billig?

     In this photo illustration, the Temu logo is displayed on a laptop on February 26, 2024 in San Anselmo, California.
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    Billig ist alles bei Temu und darum ist dieses Online-Kaufhaus so erfolgreich. Die Preise wirken wie aus einer anderen Konsumwelt: 1,38 Euro, 6,07 Euro oder 3,57 Euro für einen Markenrasiererkopf oder auch nur 68 Cent für 1.000 bunte Haargummis. Es gibt Drohnen, Fensterputzequipment, LED-Leuchtsterne und natürlich Kleidung und Schuhe - und alles unschlagbar günstig.
    Und das ist Strategie, sagt Christian Rusche vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln:

    Am Anfang werden sie natürlich draufzahlen, weil als Plattform wollen sie sehr viele Kunden haben, aber auch sehr viele Firmen, und wenn sie viele Kunden haben, haben sie auch sehr viele Firmen, die über sie verkaufen.

    Christian Rusche, Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln

    Rusche weiter: "Deswegen punkten sie am Anfang, wollen Nutzer gewinnen und später holen sie das dann über höhere Preise, über höhere Gebühren wieder rein."
    Päckchen von der Shopping-Plattform Temu
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    15 Millionen Besucher pro Monat

    Temu ist eine Tochterfirma des Digitalriesen PDD aus Shanghai. Erst seit knapp zwei Jahren ist Temu aktiv, mit Riesenerfolg: Mittlerweile liegt der Bruttowarenumsatz, also der Gesamtwert der verkauften Waren, bei über einer Milliarde US-Dollar - pro Monat.
    In Deutschland hat die Plattform 15 Millionen Besucher pro Monat - das ist bereits Platz vier hinter Amazon, Ebay und Otto - aber vor Kaufland, Mediamarkt oder Tchibo. "Temu ist mittlerweile, wenn man die Muttergesellschaft PDD hinzuzählt, größer als Amazon. Sie ist sehr viel schneller gewachsen und hat das Potenzial, Amazon-Killer zu werden", sagt Gerrit Heinemann, Handelsexperte der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach.
    Ein Smartphone, auf dem die chinesische App "Temu" geöffnet ist.
    Temu boomt auch in Deutschland: Doch die Bundesregierung wirft der Shopping-App aus China vor, manipulative Kaufanreize setzen. Die Verbraucherzentrale prüft rechtliche Schritte.08.04.2024 | 1:43 min

    Vertrieb läuft über Marktplatzpartner

    Temu hat dabei ein ganz neues Logistiksystem - nämlich: gar keins. "Temu delegiert alles, was mit dem Produkt und der Logistik zu tun hat, an ihre Marktplatzpartner, und vermittelt lediglich das Geschäft und vermarktet auch die Produkte." Temu ist also nur eine Art Makler, und damit billiger als die Konkurrenz.
    Nachhaltig ist das Konzept ganz sicher nicht, denn die hunderttausenden Pakete, die jeden Tag aus China nach Europa kommen, werden per Flieger transportiert. Martin Franz ist Wirtschaftsgeograph an der Universität Osnabrück, er beschäftigt sich mit den räumlichen Beziehungen zwischen Unternehmen und Ländern, also auch dem Transport:

    Grundsätzlich kann man sagen, dass das aus einer Nachhaltigkeitsperspektive wirklich eine Katastrophe ist.

    Martin Franz, Wirtschaftsgeograph an der Universität Osnabrück

    "Wenn wir es vergleichen mit dem Versand, wie er normalerweise stattfindet, dass eben Waren über Container erstmal nach Europa kommen und hier dann eben über LKW verbreitet werden, kann man davon ausgehen, dass wir einen etwa 50-mal so hohen CO2-Ausstoß haben, wenn die Waren per Flugzeug nach Europa kommen", sagt Franz.
    Service: Temu im Check
    Die Shoppingplattform Temu aus China trendet aktuell. Sie bietet Artikel an, die wie Markenprodukte aussehen und liefert sie zu Spottpreisen. Doch wie sicher sind diese Artikel?13.12.2023 | 2:49 min

    Temu profitiert von alter Vereinbarung

    Und auch bei der Qualität der Waren machen viele Experten große Fragezeichen. Aber die schiere Masse der Pakete macht es den Ländern praktisch unmöglich, die Waren adäquat zu testen.
    Die Chinesen profitieren zudem von einer alten Vereinabrung zwischen den Ländern des 1874 gegründeten "Weltpostvereins": Die Postunternehmen der Mitgliedsländer regeln darin die unterschiedlichen Beziehungen. China gilt dort immer noch als Entwicklungsland und zahlt damit immer noch verbilligte Portosätze.
    E-Commerce-Experten Alexander Graf bei ZDFheute live
    Manipulative Mechanismen seien normal im Handel, so E-Commerce-Experte Alexander Graf. Teleshopping funktioniere genauso, auch dort wecke man den Bedarf mit Verknappung.08.04.2024 | 10:17 min

    Wie Temu Zollgebühren spart

    Unternehmen wie Temu wird zudem vorgeworfen, auch beim Thema Zoll sehr kreativ vorzugehen: In der EU müssen Waren erst ab einem Wert von 150 Euro versteuert werden. "Es ist so, dass die Pakete eben in dieser schieren Zahl vom Zoll gar nicht ausreichend kontrolliert werden können, man aber feststellt, dass eben immer wieder Waren, die einen höheren Wert haben, aufgeteilt werden, auf mehrere Pakete, zum Beispiel Fahrräder", sagt Franz.
    Wobei Temu abstreite, dass diese Aufteilung stattfindet, um Zollgebühren zu sparen: "Da wird gesagt, es hätte einfach logistische Gründe, dass so ein Fahrrad zum Beispiel auf mehrere Pakete aufgeteilt wird.", sagt Franz. Für den Einzelhandel ist das Billigkonzept jedenfalls eine ernste Bedrohung.
    Börsenexpertin Valerie Haller im Gespräch mit Moderator Carsten Rüger.
    Blitzdeals, Rabatte, Schnäppchen: Temu boomt auch in Deutschland – doch die Ampel wirft der chinesischen Shopping-App manipulative Kaufanreize vor. Valerie Haller an der Börse.08.04.2024 | 0:59 min

    Rücksendung lohnt sich für Temu oft nicht

    Und Lilli? Die hat ihren pinken Rock wieder zurückschicken wollen, er war ihr schlicht zu kurz. Die Online-Bearbeitung der Retoure ging auch schnell vonstatten. "Aber dann haben die mir per Mail geschrieben, ich könnte den Rock behalten, und würde meine 7,49 Euro trotzdem erstattet bekommen." Offenbar war die Rückabwicklung für Temu teurer als der Warenwert des Rocks.
    Peter Böhmer ist Reporter im ZDF-Landesstudio Nordrhein-Westfalen.

    Shoppen wie ein Milliardär
    :Temu: Clou oder Schmu?

    Es gibt eine neue Billig-App aus China, bei der man sich beim Shoppen angeblich fühlt wie ein Milliardär. Sie ist sehr erfolgreich. Kritik gibt es jede Menge.
    von Klaus Weber
    Temu

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