Neues Supermarkt-Konzept: Tante-Emma-Laden passt sich an
Supermärkte ohne Personal:Tante Emma reloaded: Neue Läden auf dem Land
von Caroline Drees
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Auf dem Land, wo sonst alles zumacht, boomen 24/7-Supermärkte ohne Personal. Wie sie dort erfolgreich sein wollen, wo alle anderen längst aufgegeben haben.
Auf dem Land boomen 24/7-Supermärkte ohne Personal. Wie sie dort erfolgreich sein wollen, wo alle anderen längst aufgegeben haben.25.11.2024 | 2:56 min
Dienstagmittag, die Ladentüren schließen, die Kassiererinnen machen Feierabend. Eine Kundin sucht nach dem richtigen Thunfisch, sie kauft immer eine Dose günstigen und eine von einer teureren Marke, sagt sie. Sie hat Zeit, denn der Supermarkt im bayerischen Frauenau macht nie zu.
Einkaufen kann man hier auch nachts und am Sonntag. Hinein kommt man nur mit einer Mitgliedskarte und an der Kasse scannt man selbst - die meiste Zeit funktioniert der Laden namens Tante Enso völlig autonom.
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"24/7 ist für mich sehr, sehr wichtig. Ich bin Schichtarbeiter, ich arbeite in der Notaufnahme als Pfleger - heißt, ich komme zu ganz schiefen Zeiten nach Hause oder muss zu ganz komischen Zeiten weg", sagt Bernhard Hackl. Er ist Mitglied im Gemeinderat und "Tante-Enso-Pate" - Tante Enso gibt es auch dank ihm.
Kleine Orte für große Supermarktketten nicht interessant
Denn dass die Frauenauer wieder in ihrem Ort einkaufen gehen können, ist nicht selbstverständlich. Anderthalb Jahre gab es hier keinen Supermarkt. 2.700 Einwohner, und damit potenzielle Kunden, das lohnt sich für die großen Ketten nicht. Der nächste Laden war sieben Kilometer entfernt: "Das war ganz schön viel Fahrerei", sagt die Kundin, die den richtigen Thunfisch gefunden hat.
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Frauenau steht stellvertretend für viele Dörfer: Laut Berechnungen des Thünen-Instituts ist für mehr als die Hälfte der Bevölkerung auf dem Land kein Supermarkt fußläufig erreichbar. Aber genau dort, wo sonst alles zumacht, boomen nun Konzepte ohne Personal.
Deutschlandweit gibt es allein im ländlichen Raum rund 100 solcher Läden - und es werden immer mehr. Wie will Tante Enso dort erfolgreich sein, wo alle anderen längst aufgegeben haben?
Öffnungszeiten rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche - die inzwischen rund 100 Tante-Enso-Läden in ganz Deutschland machen das möglich.
Quelle: dpa
Tante Enso ist genossenschaftlich organisiert
Die Geschäfte sind genossenschaftlich organisiert, die Dorfbewohnerinnen und -bewohner müssen Anteile kaufen. Dafür dürfen sie über das Sortiment mitbestimmen und sie bekommen beim Einkauf Cashback. So will das Startup sicherstellen, dass der Supermarkt auf Dauer erfolgreich ist.
Bernhard Hackl und die anderen Tante-Enso-Paten haben sich also zu Kaffee, Kuchen und zum Ratschen eingeladen, um die Leute von dem Konzept zu überzeugen. 400 Teilhaber brauchten sie, knapp 700 haben sie schließlich zusammenbekommen. "Frauenau ist ein Dorf, das, wenn es darauf ankommt, zusammenhält", meint Doris Löfflmann, ebenfalls Tante-Enso-Patin.
Ist das Konzept zukunftsfähig?
Mit rund 4.000 Produkten soll Tante Enso als Vollversorger dienen, die Preise sind laut Betreiber vergleichbar mit denen anderer Supermärkte. Der Andrang ist groß, um die 50 Dörfer würden sich jede Woche um eine Tante-Enso-Filiale bewerben. Insbesondere das 24/7-Konzept lohne sich: Der umsatzstärkste Tag ist an den meisten Standorten der Sonntag.
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Aber sind solche Modelle wirklich zukunftsfähig? Patrick Küpper vom Thünen-Institut meint, die Betreiber scheinen durchaus eine Marktlücke gefunden zu haben. Aber nichtsdestotrotz sei der Lebensmittelmarkt ein sehr umkämpfter Markt.
Auch wenn die Frauenauer von Tante Enso überzeugt scheinen und beteuern, ihren Wocheneinkauf hier zu erledigen, ist ihnen neben dem Einkauf etwas anderes genauso wichtig. Sie sind froh, wieder einen sozialen Treffpunkt zu haben, sagt Bernhard Hackl: "Das hört man dann auch immer wieder im Geschäft: 'Mei, es ist schön, dass wir uns mal wieder sehen'."
Caroline Drees ist Redakteurin im Landesstudio Bayern
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