Steuersystem: Warum Arbeit mehr kostet als Kapital

    System in Schieflage:Steuer: Warum Arbeit mehr kostet als Kapital

    von Eva Schmidt
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    Arbeit und Kapital werden hierzulande laut Experten unausgewogen besteuert: Während Reiche legale Steuerschlupflöcher finden, holt sich der Staat Geld vor allem von Arbeitnehmern.

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    Der Staat verspricht Steuergerechtigkeit. Nur: Warum finden Reiche dann überall Steuerschlupflöcher - völlig legal? Und warum ist ausgerechnet Arbeit so hoch besteuert?25.11.2024 | 42:52 min
    Obwohl die Vermögensungleichheit zunimmt, ist die Vermögenssteuer seit 1997 in Deutschland ausgesetzt. Das Bundesverfassungsgericht forderte damals eine Reform der bisherigen Vermögenssteuer, die bis heute aussteht. Unter Steuerfachleuten ist die Vermögenssteuer allerdings unbeliebt. Sie gilt als zu bürokratisch.
    Nadine Riedel von der Universität Münster verweist auf den erheblichen Verwaltungsaufwand, der nötig wäre, um regelmäßig Vermögenswerte einschätzen zu lassen. "Einige Länder haben ja auch mit Vermögenssteuern experimentier, und viele haben die Vermögenssteuern im Zeitablauf auch wieder abgeschafft", erklärt Riedel.

    Wer ein Haus erbt, zahlt teils mehr Steuern als Firmenerben

    Berechtigte "Störgefühle" sieht die Professorin für Steuerlehre bei der Erbschaftssteuer. Denn durch viele Ausnahmen geht ein großer Teil der Erbschaften in Deutschland dem Fiskus durch die Lappen.
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    Hinzu kommt, dass der Staat Betriebsvermögen generell niedriger besteuert als sonstigen Besitz. Millionenschwere Firmenerben können so unter Umständen weniger Steuern zahlen als Kinder, die das Haus ihrer Eltern erben.

    Zwar werden Erbschaften in Deutschland durchaus besteuert und das mit Steuersätzen von bis zu 50 Prozent in der Spitze nicht zu knapp. Aber gleichzeitig gibt es viele Ausnahmen und Schonregelungen, so dass der Staat zuletzt mit der Erbschaftssteuer 9,3 Milliarden Euro einnahm. Dazu ein Vergleich: Die Tabaksteuer spülte 14,7 Milliarden Euro in die Staatskasse. Das heißt, in Deutschland trägt Rauchen eineinhalb Mal so viel zum Steueraufkommen bei wie Erben. 

    Quelle: Bundesfinanzministerium

    Experte: "Extrem unterschiedliche Belastungen"

    Sebastian Eichfelder, Professor für Steuerlehre an der Universität Magdeburg, fordert eine Reform der Erbschaftssteuer aus zwei Gründen:

    Die Erbschaftssteuer ist nicht nur deswegen ungerecht, weil sie sehr wenig Aufkommen generiert, sondern auch, weil sie extrem unterschiedliche Belastungen haben kann.

    Sebastian Eichfelder, Professor für Steuerlehre an der Universität Magdeburg

    Auf eine Schenkung von beispielsweise 50.000 oder 100.000 Euro von einem weit entfernten Verwandten oder Freund könnten Steuersätze von bis zu 50 Prozent anfallen, erklärt Eichfelder. "Und bei Betriebsvermögen gibt es Vollverschonung."
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    300 Immobilien würden schon als Betriebsvermögen gelten. "Also das heißt, wenn ich nur 20 Immobilien erbe, dann zahle ich im Prinzip ganz normal Erbschaftssteuer. Aber bei 300 Immobilien muss überhaupt keine Erbschaftssteuer unter Umständen gezahlt werden. Und das ist aus meiner Sicht eine völlig absurde Regelung."

    Kapitalerträge niedriger besteuert als Arbeitsleistung

    Und was ist mit Kapitalerträgen wie Dividenden oder Zinseinkünften? Hier gilt die Abgeltungssteuer von pauschal 25 Prozent. Aus Angst vor Kapitalflucht ins Ausland hatte man vor einigen Jahren diesen einheitlichen relativ niedrigen Steuersatz eingeführt.
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    Allerdings, erklärt Riedel, gebe es in der Zwischenzeit große Fortschritte in der internationalen Zusammenarbeit, um Kapitalflucht einzudämmen. Daher sieht sie die Zeit für eine Reform gekommen. Denn wie ist es auf Dauer zu rechtfertigen, dass jemand, der sein Kapital für sich arbeiten lässt, pauschal mit 25 Prozent besteuert wird, während andere auf ihre Arbeitsleistung progressiv in der Spitze bis zu 45 Prozent Steuern zahlen müssen?

    Lohn- und Einkommenssteuer wichtige Einnahmequelle des Staates

    Der deutsche Staat finanziert sich ganz wesentlich durch den Faktor Arbeit. Die Lohn- und Einkommenssteuer ist neben der Mehrwertsteuer die Haupteinnahmequelle des Staates. Hinzu kommen die Sozialabgaben, die automatisch vom Lohn eingehalten werden.



    Insbesondere kleine und mittlere Einkommen sind damit relativ stark belastet, Fachleute sprechen vom sogenannten "Mittelstandsbauch". Eichfelder von der Universität Magdeburg fordert:

    Wir müssen insgesamt die Steuerbelastung auf den Faktor Arbeit reduzieren.

    Sebastian Eichfelder, Professor für Steuerlehre an der Universität Magdeburg

    Das habe auch viel mit den Sozialabgaben zu tun, sagt er. "Und auf der anderen Seite - das zeigen auch EU-Statistiken - haben wir in Deutschland relativ niedrige Steuerbelastung auf Kapital und auf Grundvermögen." Im europäischen Vergleich besteuerten andere Länder Kapital, Vermögen, Grundvermögen stärker als Deutschland. "Da könnten wir schon auch ein bisschen mehr besteuern, ohne dass wir gleich Wettbewerbsfähigkeit verlieren."
    Deutschland ist ein Hochsteuerland bei Arbeit und ein Niedrigsteuerland bei Kapital. Die stärkste Steuer- und Abgabenlast tragen nicht Vermögende, sondern Arbeitnehmende, und unter ihnen vor allem Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen.

    • SPD: Vermögenssteuer für sehr hohe Vermögen, höhere Besteuerung sehr großer Erbschaften
    • CDU/CSU: keine Vermögensteuer, keine höhere Erbschaftssteuer, Entlastung bei Eigenheimen
    • FDP: keine Vermögensteuer, Anhebung der Freibeträge bei der Erbschaftssteuer, Entlastung bei Eigenheimen
    • AfD: keine Vermögenssteuer, Abschaffung der Erbschaftssteuer
    • Grüne: hohe Erbschaftsbeträge stärker besteuern
    • Linke: Vermögensarten steuerlich gleich behandeln, Spitzensteuersatz von 60 Prozent auf Erbschaften
    • BSW: hohe Vermögen und Erbschaften stärker besteuern

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