Interview
Frachter in Nordsee in Flammen:Brennen E-Autos häufiger als Verbrenner?
von Manfred Kessler
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Noch ist unklar, was den Schiffsbrand in der Nordsee ausgelöst hat. Klar ist: An Bord waren auch E-Autos. Welche Rolle das für den Brand spielen könnte, erklärt ein Experte.
Auf dem brennenden Frachter "Fremantle Highway" in der Nordsee befinden sich mehr als 3.000 Autos.
Quelle: dpa
Das Transportschiff "Fremantle Highway" hat insgesamt 3.783 Autos an Bord. Seit Dienstagabend steht es in Flammen. Die Mutmaßungen gehen dahin, dass eines der 25 Elektroautos dafür verantwortlich war. Könnte etwa Feuchtigkeit einen Defekt in einer Elektroauto-Batterie ausgelöst haben?
Das hält Maximilian Fichtner, Direktor des Helmholtz-Instituts für Elektrochemische Energiespeicherung, für unwahrscheinlich. Batterien und auch die Elektronik seien komplett gekapselt, sodass man Feuchtigkeit als Ursache praktisch ausschließen könne.
Die Situation auf dem Frachter sei stabil, berichtet ZDF-Korrespondentin Isabelle Schaefers auf Ameland:
ZDF-Korrespondentin Isabelle Schaefers auf Ameland.28.07.2023 | 1:59 min
Warum Batterien dennoch den Brand verursacht haben könnten
Sollte die Ursache dennoch in einer Batterie liegen, handle es sich möglicherweise um einen Fabrikationsfehler, erklärt Fichtner. So etwas war beispielsweise vor einigen Jahren schon bei Samsung-Handys vorgekommen. Damals seien es Konstruktionsfehler gewesen, die innerhalb der Handy-Batterie zu einem Kurzschluss führten.
Neben der E-Auto-Batterie gibt es laut Fichtner auch andere Möglichkeiten, die einen Brand auslösen könnten. Als Beispiele nennt er einen fehlerhaften Kabelbaum oder die normale 12-Volt-Autobatterie, die in jedem Auto - auch in Elektrofahrzeugen - verbaut sei.
Kommt es in einer der Batterien zu einem Kurzschluss, fließen laut Fichtner plötzlich sehr hohe Ströme im Inneren der Batterie. Dadurch würde das Elektrolyt zum Kochen und Verdampfen gebracht. Knacke dann das Batteriegehäuse durch den starken Druck auf, komme Sauerstoff ins Innere. Die Folge: ein Brand.
Welche Rolle das Alter der E-Autos bei Bränden spielt
Der Chemieprofessor erklärt, dass die häufigsten E-Autobrände passierten, wenn ein Elektroauto noch jung sei. Produktionsfehler machten sich da direkt bemerkbar. Bei Benzin- oder Dieselautos fände das in der Regel später statt, etwa durch porös gewordene Schläuche.
Sehen Sie hier, wie Elektroauto-Batterien recycelt werden:
Warum E-Autos nicht heftiger brennen als herkömmliche Pkw
Fichtner weist darauf hin, dass E-Autos im Vergleich zu Verbrennerfahrzeugen nicht heftiger brennen würden. Das habe eine Studie der Schweizerischen Eidgenössischen Material- und Prüfanstalt gezeigt. Diese habe in einem Tunnel einen Tesla und ein Benzinfahrzeug in Brand gesetzt.
Dabei seien die Brände in ihrer Intensität ähnlich verlaufen. Der Grund: Die Brandlast werde heutzutage dominiert durch den hohen Kunststoffanteil moderner Karosserien - und weniger durch die Frage, ob sie einen Benzintank oder eine Batterie an Bord haben. Der Hauptunterschied sei im Löschwasser zu finden. Dieses sei bei Elektroautos verstärkt mit Schadstoffen kontaminiert als bei Autos mit Verbrennermotor.
Doch fangen E-Autos häufiger Feuer als herkömmliche Verbrenner? Dem sei nicht so, sagt Fichtner. Im Gegenteil: E-Autos würden wesentlich seltener brennen als Verbrennerfahrzeuge. Daten der US-Verkehrswacht und schwedischer Aufsichtsbehörden würden zeigen, dass E-Autos 25 Mal seltener Feuer fangen.
Manfred Kessler ist Redakteur in der ZDF-Umwelt-Redaktion.
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