Die Bundesregierung geht davon aus, dass das Bruttosozialprodukt bis Ende des Jahres weiter schrumpft.
Quelle: dpa
Deutschland braucht für die Erholung von der
Energiekrise mehr Zeit: Die Bundesregierung senkte heute ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr und rechnet mit einem schrumpfenden Bruttoinlandsprodukt. In seiner Projektion geht das Bundeswirtschaftsministerium für 2023 von einem Rückgang um 0,4 Prozent aus.
Bundeswirtschaftsminister
Robert Habeck (
Grüne) betont: "Wir kommen in einem schwierigen geopolitischen Umfeld langsamer aus der Krise heraus als gedacht. Für das kommende Jahr rechnen wir wieder mit einem Wachstum. Die Auswirkungen der Energiepreiskrise in Verbindung mit der weltwirtschaftlichen Schwäche belasten die deutsche Wirtschaft anhaltender als noch im Frühjahr angenommen."
Was heißt das und welche Konsequenzen hat das?
Nahezu jede Woche kommen
neue Prognosen zum Wirtschaftswachstum - und derzeit sind sich alle einig: die deutsche Wirtschaft ist im Schrumpfmodus. 0,4 Prozent klingt jetzt eigentlich nicht nach wirklich viel, wenn man Größe und Leistungskraft der viertgrößten Wirtschaftsnation bedenkt. Dennoch: Jeder Zehntelpunkt mehr oder weniger Wirtschaftswachstum hat eben erheblichen Einfluss auf die Finanzierbarkeit künftiger Politikentscheidungen.
Eine Faustregel besagt: Jeder Prozentpunkt Bruttoinlandsprodukt entspricht rund 40 Milliarden Euro - und führt zu etwa 10 Milliarden Euro zusätzlichen oder eben weniger Steuereinnahmen. On top kommen Beitragseinnahmen oder -verluste in den Sozialversicherungen. Vor dem Hintergrund anrollender gewichtiger Ausgabeblöcke, die die Bundesregierung schultern muss, wie etwa die
Finanzierung des 49-Euro-Tickets oder auch die Betreuung und Integration von Flüchtlingen, schlägt jedes Minus ein Loch in die Finanzplanung. Der Gestaltungsspielraum wird eingeschränkt
Muss Zuwanderung begrenzt werden? Bei den Grünen lehnen das viele ab. Matthias Schimpf von den Grünen, Beigeordneter im Kreis Bergstraße, sagt, Kapazitäten seien nicht vorhanden.01.10.2023 | 0:47 min
Was sind die wichtigsten Probleme, die es zu lösen gilt?
Laut Wirtschaftsminister Habeck sind überbordende Bürokratie sowie der Bedarf an Fach- und Arbeitskräften die drängendsten strukturellen Probleme: "Wir alle spüren es mittlerweile in unserem Alltag. Unternehmen suchen händeringend Arbeitskräfte, Handwerksbetriebe müssen Aufträge ablehnen, Geschäfte und Gastronomie ihre Öffnungszeiten einschränken."
Teil der Lösung ist laut Habeck, inländisches Arbeitspotenzial besser zu heben, durch Qualifikation, bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf und durch Anreize für ältere Arbeitnehmer, freiwillig länger zu arbeiten. "Wir haben so gut ausgebildete Menschen, ihre Expertise und ihr Können sind für das Land wichtig."
Zum anderen hält er es für sinnvoll,
Geflüchtete, die schon hier im Land sind, in Arbeit zu bringen. "Ich weiß, dass es zum Teil Vorbehalte dagegen gibt, und natürlich ist völlig klar, dass wir eine bessere Steuerbarkeit brauchen, wer ins Land kommt, und dass die, die nicht bleiben dürfen, zügig wieder gehen müssen. Das ist für mich unstrittig. Nur, wenn jemand jetzt schon seit einiger Zeit hier ist, sollte die Devise doch sein: Raus aus dem Sozialsystem, rein in die Beschäftigung, damit Flüchtlinge möglichst selbst ihren Lebensunterhalt verdienen und ihren Beitrag zum Gemeinwesen leisten können. So, wie es der DIHK-Präsident kürzlich deutlich gesagt hat: mehr Pragmatismus."
Wie geht es kommendes Jahr weiter und worauf stützt die Bundesregierung ihre Hoffnungen für 2024?
Kommendes Jahr soll die Wirtschaft um 1,3 Prozent wachsen. Wachstumsimpulse erwartet Habeck vor allem vom privaten Konsum, der immerhin die Hälfte zum deutschen Bruttoinlandsprodukt beiträgt. "Die Inflation geht zurück, und entsprechend werden die Kaufkraftverluste der privaten Haushalte zunehmend überwunden, in Verbindung mit deutlich anziehenden Löhnen und einer insgesamt robusten Beschäftigungssituation werden sie zu einer Belebung des privaten Konsums führen." Angesichts anziehender Arbeitslosenzahlen, steigender Sozialabgaben und einer wachsenden Zahl an Insolvenzen wird sich zeigen, wie haltbar die Voraussage ist.
Bei den Energiekosten deutet sich immerhin eine Entlastung an: wie heute bekannt wurde, strebt die Bundesregierung eine Verlängerung der Ende des Jahres auslaufenden Preisbremsen für Strom, Gas und Fernwärme um drei Monate an. Das sorgt bei Verbrauchern für Sicherheit, doch angesichts zuletzt fallender Gas- und Strompreise muss der Staat dafür vermutlich auch weniger ausgeben.
Stephanie Barrett ist Redakteurin in der ZDF-Hauptredaktion Wirtschaft, Recht, Service, Soziales und Umwelt im Team Wirtschaft und Finanzen.
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