Klima: Wie sich die Landwirtschaft ändern muss

    Hitze, Dürre, Starkregen:Wie sich die Landwirtschaft ändern muss

    Mark Hugo
    von Mark Hugo
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    Hitze, Starkregen, Schädlinge - der Klimawandel setzt der Landwirtschaft schwer zu. Sie muss sich umstellen - etwa mit robusteren Pflanzen und mehr Vielfalt auf dem Acker.

    Ein Landwirt wirbelt mit seinem Traktor beim Bearbeiten eines Feldes Staub auf.
    Der Klimawandel stellt die Landwirtschaft vor Herausforderungen. Müssen wir Flächen anders bewirtschaften?
    Quelle: dpa

    Es sieht irgendwie anders aus auf den Feldern des Mühlenhofs im Kreis Gütersloh. Raps wächst gemeinsam mit Winterwicke und Rohrschwingel, Kleegras zusammen mit Roggen. Die Betreiberfamilie Künsemöller hat sich ein besonderes Anbausystem mit Misch- und Untersaaten ausgedacht. Der Vorteil: Der Boden ist nahezu ganzjährig bedeckt. Das hält ihn kühl und hält das Wasser. Ein Vorteil bei Hitze und Trockenheit.
    Weil das eine "konkrete Lösung für drängende Herausforderungen" ist, haben die Künsemöllers in diesem Jahr den Bundeswettbewerb Ökolandbau gewonnen. So oder auf andere Weise: Umdenken müssen in der Landwirtschaft alle. Denn durch den Klimawandel nehmen nicht nur Hitze und Trockenheit zu, sondern auch Extremwetterereignisse wie Hagel oder Starkregen.

    Spätfröste und mehr Schädlinge

    Außerdem müssen die Landwirtinnen und Landwirte die Pflanz- und Erntezeiten oft an die Veränderungen anpassen. Spätfröste oder zu frühe Hitzephasen machen das nicht einfacher. Ebenso wenig wie Krankheiten und Schädlinge, die sich bei wärmeren Temperaturen ausbreiten oder bei hitzegestressten Pflanzen leichteres Spiel haben.
    Aber wie kann die Anpassung klappen? Eine intensive Bewässerung ist eine naheliegende Strategie - etwa mit Regenrückhaltebecken. Das aber ist teuer und geht längst nicht überall. Agroforsten eine andere. Dabei könnten Bäume auf oder am Feld für Schatten und Kühlung sorgen.
    Bauer der Agroforst betreibt
    Landwirt Sebastian Frey will der Dürre durch Agroforst entgegenwirken. Er baut Bäume auf seinen Feldern an, denn diese ziehen das nötige Wasser aus der Tiefe und halten so den Acker feucht.19.06.2023 | 1:48 min

    Mehr Vielfalt als mögliche Lösung

    Für Prof. Frank Ewert vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) ist mehr Vielfalt auf dem Acker Teil der Lösung, die sogenannte Diversifizierung. Das Prinzip ist eigentlich einfach:

    Wenn Landwirte ihre Fruchtfolgen diversifizieren, werden Sie immer auch Fruchtarten haben, die von den auftretenden Extremwetterereignissen weniger betroffen sind als andere.

    Prof. Frank Ewert vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)

    Heißt: Kommt die Dürre, überleben die Pflanzen, die damit umgehen können, gibt es andauernden Starkregen, überleben andere. Das verringert das Risiko kompletter Ertragsausfälle. "Wichtig ist zudem, dass die Bodenfruchtbarkeit aufgebaut und erhalten sowie die Wasserhaltefähigkeit des Bodens positiv beeinflusst wird", sagt Ewert. Auch das kann klappen, wenn etwa in die Fruchtfolge nährstoffreiche Pflanzen eingebaut werden, die den Boden anreichern.

    Neue Pflanzen auf dem Acker

    Und natürlich sei es eine gute Idee, künftig auf robustere Sorten zu setzen. Hirse, Soja oder Kichererbsen kommen besser mit Hitze und Trockenheit klar als etwa die häufig angebauten Weizensorten. Längst ruht die Hoffnung auch auf neuen widerstandsfähigen Züchtungen. Ein großes Thema ist das etwa am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben.
    Dort haben die Forschenden eine riesige Gen-Datenbank für Gerstensorten zusammengestellt. "Die mehr als 150.000 Muster in der Genbank sind ein Schatz an genetischer Diversität der Kulturpflanzen", erklärt Dr. Jens Freitag vom IPK. Konserviert, als Saatgut oder auf dem Feld werden die Sorten bewahrt. Ein Fundus, in dem auch viele alte Pflanzen eine Rolle spielen.

    Für die Pflanzenzüchtung sind sie wichtig, um einzelne vorteilhafte Merkmale aus diesem historischen Material auch für neue Sorten zu nutzen.

    Dr. Jens Freitag, IPK

    Der Schwerpunkt liege dabei auf der Anpassung an Hitze und Trockenheit. "Aber auch Krankheitsresistenzen sind ein wichtiges Merkmal - und dies gleich in doppelter Hinsicht." Die Sorten sollen mit neuer Erregern klarkommen. Gleichzeitig soll so der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduziert werden.

    Die Landwirtschaft ist nicht nur Opfer des Klimawandels, sie trägt auch dazu bei. Laut Umweltbundesamt war sie 2022 für 7,4 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Methan und Lachgas -  zwei besonders klimaschädliche Gase, die in den Mägen von Vieh und beim Düngen entstehen - machen dabei den größten Anteil aus. Beim Klimawandel geht es in der Landwirtschaft also nicht nur um Anpassung an neue Gegebenheiten, sondern gerade auch um die deutliche Verbesserung der Klimabilanz – etwa durch die Reduktion des Düngereinsatzes und das Verkleinern der Viehbestände.

    Herausforderung für die Betriebe

    Lösungen und Ideen gibt es bereits. Dennoch: Die Herausforderungen seien gewaltig, sagt Prof. Ewert. "Die Betriebe sehen sich heute einem ganzen Katalog an Anforderungen gegenüber, den sie unmöglich allein bedienen können." Deshalb müsse geklärt werden, welche Landwirtschaft man wolle und "was das für die Landwirtinnen und Landwirte und die Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet. Diese Debatte vermisse ich aktuell."
    Andere Pflanzen auf dem Speiseplan, weniger Fleisch auf dem Teller und weniger Lebensmittelabfälle - auch das gehöre thematisch dazu. Denn:

    Mehr Klimaschutz und ein Wandel in der Landwirtschaft wird es ohne Veränderung in den Ernährungsgewohnheiten nicht geben.

    Prof. Frank Ewert vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)

    Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion.

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