Skispringen Weltcup: Wellinger will zurück in Weltspitze
Heim-Springen für Olympiasieger:Wellinger: Einstiger Überflieger greift an
von Lars Becker
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Andreas Wellinger wurde schon früh zum umjubelten Skisprung-Star. Nach Verletzungen kämpft er sich mühsam zurück. In Titisee-Neustadt erwartet ihn ab Freitag der Heim-Weltcup.
Andreas Wellinger Ende November beim Skispringen im finnischen Ruka. Dort kam er auf den siebten Platz.
Quelle: dpa
Andreas Wellinger hat auf die harte Tour gelernt, sich auch über kleinere Erfolge zu freuen. "So fliegt es sich auf jeden Fall leichter", meinte der 27-Jährige nach einem siebten Platz beim Weltcup im finnischen Ruka mit einem strahlenden Lächeln. Das war Ende November. Und ab Freitag will Wellinger beim Heim-Weltcup in Titisee-Neustadt (ab 11.30 Uhr live im ZDF) im Schwarzwald den nächsten kleinen Schritt auf dem Weg zurück Richtung Weltspitze machen.
Mit 18 Olympiasieger und Champion der Herzen
Das Flug-Ausnahmetalent krönte sich schon in jungen Jahren zum Doppel-Olympiasieger und Weltmeister. Dass er nach dem kometenhaften Aufstieg zum Skisprung-Star jetzt dennoch wieder eine Art Anfänger ist, hängt mit seiner außergewöhnlichen Geschichte zusammen.
Zarte 18 Jahre alt war Andreas Wellinger, als er in Sotschi zum Team-Olympiasieger wurde. Dem feschen und frechen Youngster flogen die Herzen und Social-Media-Follower zu - inzwischen hat er mehr als 260.000 Fans bei Instagram und Facebook.
Auch ein Horrorsturz in Ruka konnte ihn nur kurzfristig stoppen. 2017 gewann Wellinger bei der WM Gold und zweimal Silber. Ein Jahr später wurde er mit 22 durch seinen Olympiasieg von Pyeongchang plus zwei Silbermedaillen endgültig zum neuen deutschen Überflieger.
Wellingers Glückssträhne endete 2019 nach einem schweren Trainingssturz jedoch brutal. Nach einem Kreuzbandriss musste er bei Null anfangen, verpasste die komplette folgende Saison und brach sich beim Surfen in Australien 2020 zudem noch das Schlüsselbein.
Trainer: "Karren war im Dreck"
Auch nach seiner Rückkehr auf die Schanzen lief es zunächst überhaupt nicht gut, der Doppel-Olympiasieger war Mittelmaß und musste sogar im unterklassigen FIS-Cup starten. "Der Karren war im Dreck", berichtet Bundestrainer Stefan Horngacher. "Ihm hat das richtige Gefühl gefehlt, dann kam die Verkrampfung dazu."
Im vergangenen Winter schien ihm das immer besser zu gelingen. Wellinger stand vor dem Sprung ins deutsche Skisprung-Team für die Olympischen Spiele in Peking, doch dann stoppte ihn eine Corona-Infektion. Doch auch dieser Rückschlag war für Wellinger kein Grund zum Aufgeben, stattdessen stellte er alles auf Null und lernte quasi das Fliegen neu.
Neues Knie, neue Ski - und neue Erfolge?
Im Frühjahr unterzog er sich einer neuerlichen Knie-Operation: "Mein Meniskus wurde repariert, weil ich ihn erneut beschädigt hatte."
Zudem wechselte er nach langen Materialtests seine Flughilfen. Mit "Van Deer" entschied er sich für eine ganz neue Skimarke, die von der österreichischen Alpin-Legende Marcel Hirscher gegründet wurde.
Das Rezept "neues Knie, neue Ski, neue Erfolge" scheint zu wirken. Schon im Sommer-Grand-Prix kratzte Wellinger mit zwei vierten und einem fünften Platz am Podest. Bei der Deutschen Meisterschaft ließ er die Platzhirsche Markus Eisenbichler und Karl Geiger hinter sich. Und auch auf den ersten beiden Weltcup-Stationen war sein siebter Platz der große Lichtblick in einem eher enttäuschenden deutschen Team.
Wellinger: Lächeln wichtiger als Sieg
Erstmals seit zwölf Jahren gab es in den ersten vier Weltcup-Springen der Saison keinen deutschen Podestplatz. Kann ausgerechnet Wellinger in Titisee-Neustadt den Bann brechen?
Seinen letzten Weltcup-Sieg feierte der schlaksige Mann vor fünf Jahren. Nicht nur wegen des damaligen Austragungsorts Nischni Tagil/Russland klingt das wie eine Geschichte aus einer anderen Zeit. Eins ist jedoch für Andreas Wellinger immer gleich geblieben:
Egal, ob es dann Platz sieben oder doch die lang ersehnte Rückkehr aufs Podest geworden ist.