Alpiner Weltcup-Start in Sölden:Skirennfahrer kämpfen um den guten Ruf
von Elisabeth Schlammerl
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Skistars wie Mikaela Shiffrin fordern wegen des Klimawandels einen späteren Saison-Start. Der Weltverband ignoriert das und sorgt mit einer neuen Wachs-Regel für weiteren Unmut.
Die Pisten für den Weltcup-Auftakt am Söldener Rettenbachferner-Gletscher.
Quelle: AFP
Die Chancen auf Schnee in den Bergen stehen gut in diesen Tagen. Wenn zum Auftakt der alpinen Ski-Saison in Sölden an diesem Wochenende (ZDF live) wenigstens oben am Berg ein Hauch von Winter herrscht, hilft das einer Sportart, die um ihren Ruf kämpft.
Als Mitte September im Netz Fotos von Bagger-Arbeiten im Gebiet des Gletschers in Sölden, dem Rettenbachferner auftauchen, dort wo die Frauen am Samstag und die Männer am Sonntag ihre ersten Riesenslaloms der neuen Weltcup-Saison austragen, löste das große Empörung aus.
Vorwürfe der Klimaschützer: Gletscher werde abgetragen
Die Umweltorganisation Greenpeace warf den Veranstaltern im Ötztal vor, dass Teile des Gletschers abgetragen würden, um die Weltcup-Piste zu optimieren. "Unsere Gletscher dürfen nicht Prestige-Projekten zum Opfer fallen", sagte die Greenpeace-Wirtschaftsexpertin Ursula Bittner.
Der Chef der Söldner Bergbahnen, Jakob Falkner, wehrte sich gegen die Vorwürfe und merkte an, dass nur an der bestehenden Piste gearbeitet werde und somit kein Eis abgetragen wurde und die Sanierung nicht für den Weltcup vorgenommen werde, sondern für die Ski-Touristen.
Skiläufer plädieren für späteren Saison-Start
Neben dem ehemaligen Skirennläufer Felix Neureuther plädierten mehrere aus der Branche für einen späteren Saisonstart. Gesamtweltcupgewinner Mikaela Shiffrin sprach sich dafür aus, den Weltcup-Kalender zu überdenken, weil es in den vergangenen Jahren oft bis weit in den Oktober hinein zu warm war.
Die Schweizer Olympiasiegerin Lara Gut-Behrami nennt Mitte November als den viel geeigneteren Termin für den Start. Der deutsche Abfahrer Thomas Dreßen kann indes die öffentliche Kritik von Neureuther nicht ganz nachvollziehen. Damit, sagt er, "machen wir unseren Skisport kaputt, unsere Leidenschaft".
Dreßen: "Geht mir auf den Keks"
Dreßen wehrt sich dagegen, dass der Ski-Weltcup als die umweltzerstörende Sportart gilt. Über die Formel 1 und Moto-GP rege sich niemand auf: "Das geht mir tierisch auf den Keks", so Dreßen.
Aber auch der DSV-Athlet findet, dass man über einen späteren Saisonstart nachdenken müsse. Dieser Meinung sind mittlerweile fast alle Beteiligten - beim Internationalen Ski-Weltverband FIS und dessen Präsidenten Johan Eliasch stößt der Vorschlag auf taube Ohren.
Der Deutsche Skiverband (DSV) schickt beim Weltcup-Auftakt in Sölden nur ein kleinees Team an den Start. Bei den Frauen fährt Emma Aicher, bei den Männern sind es Anton Grammel, Fabian Gratz und Jonas Stockinger. Parallel-Weltmeister Alexander Schmid befindet sich nach einem Kreuzbandriss noch im Aufbautraining, Stefan Luitz hat sich jüngst im Riesenslalom-Training erneut verletzt.
FIS verbietet umweltschädliches Tempo-Wachs Fluor
Denn eine Verschiebung des Auftakts nach hinten würde ein paar Rennen weniger im Weltcup-Kalender bedeuten - und damit geringere Einnahmen für die FIS, die von sich selbst behauptet, nachhaltig und klimapositiv zu sein.
Wohl deshalb hat sie das umgesetzt, was unter Eliasch' Vorgänger Gianfranco Kasper einst beschlossen, aber wegen unzuverlässiger Kontroll- und Messmethoden immer wieder verschoben worden war: Ski-Wachse dürfen keine Fluor-Verbindungen mehr enthalten.
Neues Ski-Wachs noch giftiger?
Fluor auf dem Belag, egal ob es sich um Alpin-, Sprung- oder Langlaufski handelt, erhöht zwar wegen der wasser- und schmutzabweisenden Wirkung die Schnelligkeit der Bretter, ist allerdings umweltschädigend.
Die Firmen haben nun hektisch neues, fluorfreies Wachs herstellen müssen, das, wie der Bundestrainer Wissenschaft im Deutschen Skiverband, Karlheinz Waibel, sagt, eher noch giftiger und umweltschädigender sei, "wenn man den Warnhinweisen auf der Packung glauben darf".
Zu viele Messfehler
Zudem gibt es noch immer keine Geräte, die valide Messungen durchführen können. Es wird stichpunktartig im Weltcup und bei Großereignissen getestet und bei Werten über der Toleranzgrenze von einem Prozent mit Disqualifikation bestraft.
"Wir hatten im Verband Ski mit Fluor-Wachs getestet, die negativ waren, und welche ohne, die positiv waren", berichtet DSV-Sportvorstand Wolfgang Maier von dem Dilemma. An verschiedenen Stellen des Belages seien unterschiedliche Werte gemessen worden.
Da könnten leicht "Unschuldige zu Schuldigen" werden, kritisiert Roswitha Stadlober, die Präsidentin des Österreichischen Skiverbandes.
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