Turner Lukas Dauser: Weltmeister ohne Privilegien

    Turner kämpfen um Startplätze:Dauser: Weltmeister ohne Olympia-Privileg

    von Susanne Rohlfing
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    Mit den nationalen Turn-Titelkämpfen am Wochenende beginnt der Kampf um die letzten Olympia-Tickets. Auch Barren-Spezialist Lukas Dauser muss sich dem Vergleich stellen.

    Turnen: Lukas Dauser.
    Lukas Dauser ist Weltmeister am Barren, muss sich das Olympia-Ticket aber noch sichern.
    Quelle: dpa

    Vorletzte Woche haben sie noch alle gemeinsam in Kienbaum trainiert. Dann reisten alle zurück in die heimischen Turnhallen, jeder für sich, bevor die deutschen Turnerinnen und Turner am Wochenende bei den nationalen Titelkämpfen in Frankfurt aufeinandertreffen. Da geht es dann nicht nur um Medaillen, sondern bei den Männern um alle fünf Startplätze und bei den Frauen noch um ein Ticket bei den Olympischen Spielen im Sommer in Paris.

    Olympia-Tickets werden vergeben

    Auch Lukas Dauser, der Barren-Weltmeister des vergangenen Jahres, muss sich erst wieder im eigenen Land durchsetzen, um eine Fahrkarte zu erhalten. In der Qualifikation zählt der Weltmeistertitel nicht, er bringt kein Privileg, Dauser ist einer wie jeder andere.

    Lukas Dauser ist zum vierten Mal deutscher Meister im Mehrkampf. Er sicherte sich den Titel am Samstag in Frankfurt mit 82,765 Punkten. Anschließend kündigte Dauser an, dass er zum letzten Mal bei deutschen Meisterschaften einen Sechskampf absolviert hat. "Der Titel bedeutet mir enorm viel. Aber auf jeden Fall werde ich keinen Mehrkampf mehr turnen. Deswegen war das für mich die letzte Chance", sagte er.

    Zweiter wurde Andreas Toba (82,398). Der erst 18-jährige Timo Eder wurde mit 81,430 Punkten überraschend Dritter.

    Während Dauser und Toba für die Olympischen Spiele in Paris als gesetzt gelten, hat sich Eder ins Blickfeld von Bundestrainer Valeri Belenki geturnt. Titelverteidiger Pascal Brendel wurde mit 81,164 Punkten Vierter und kann wohl ebenfalls für Paris planen. 

    "Es ist ein bisschen komisch, wir sind ja jetzt Konkurrenten", sagt der 30-Jährige zum gerade noch gemeinsam absolvierten Vorbereitungscamp. "Aber im Hinblick auf die Olympischen Spiele ist es wichtig, dass wir das eine oder andere Trainingslager zusammen machen." Für Paris haben sich die Männer immerhin als Mannschaft qualifiziert.

    Fürs deutsche Turnen ist das extrem wichtig - das war unser Ziel und das haben wir geschafft.

    Lukas Dauser

    Anders als die deutschen Frauen, die eine Teamqualifikation knapp verpasst haben und die in Paris nun nur mit drei Einzelstarterinnen antreten dürfen. Sarah Voss und Pauline Schäfer haben ihre Tickets sicher, ein drittes wird nach den Deutschen Meisterschaften und der zweiten Olympia-Qualifikation zwei Wochen später in Rüsselsheim vergeben.

    Dauser voller Optimismus

    Die EM Ende April in Rimini hat Dauser wegen einer Infektion verpasst. Nun sei er aber auf einem guten Weg und zuversichtlich.

    Wenn ich meine Leistung abrufe, dann führt für Paris kein Weg an mir vorbei.

    Lukas Dauser zu seinen Olympia-Chancen

    Der in Oberbayern aufgewachsene Barren-Spezialist hat drei grandiose Jahre hinter sich: 2021 wurde er Olympia-Zweiter, 2022 WM-Zweiter und im vergangenen Jahr schließlich kürte er sich an seinem Paradegerät zum Weltmeister. Außerdem heiratete er und heimste am Ende des Jahres noch die Ehrung zu Deutschlands Sportler des Jahres ein.

    Was folgt auf das "unglaubliche" Jahr 2023?

    Kann 2024 da überhaupt noch besser werden? Das letzte Jahr sei "unglaublich" gewesen, sagt Dauser: "Das ist schwer zu toppen." Für ihn zähle daher: Gesund bleiben, Spaß haben, alles reinlegen in die Vorbereitung und in Paris zum dritten Mal bei Olympischen Spielen turnen.
    "Oft passiert es mir, dass ich schon in der Zukunft bin, dass ich mich frage, was ist morgen. Als sehr strukturierter Mensch mache ich mir immer gern einen Plan", erzählt Dauser. "Dabei vergesse ich oft, in der Gegenwart zu leben."
    Darum aber geht es ihm. Er will das Hier und Jetzt genießen. Den Alltag. Das Training. Jede Barrenübung. Die parallelen Holme sind zu seinem Lieblingsgerät geworden, weil er schon früh gut daran war.
    "Was man am besten kann, macht man auch am liebsten", sagt Dauser. Bei ihm hat das zu absoluter Perfektion geführt, seine Übungen am Barren sind elegant, kraftvoll, wirken so leicht und sind einfach toll anzusehen.

    Barren - "das schönste Gerät"

    "Für mich ist der Barren das schönste Gerät, weil es spektakulär ist, man hat viele verschiedene Bewegungen", findet Dauser. "Aber man hat auch kurze Momente, im Handstand zum Beispiel, in denen der Zuschauer, aber auch der Athlet kurz durchschnaufen kann."
    Durchschnaufen im Handstand auf zwei Holmen in 1,95 Metern Höhe - es dürfte schwer sein, für diese Entspannungspraxis viele Gleichgesinnte zu finden.
    Es gibt eben kaum jemanden auf dieser Welt, der am Barren turnen kann wie Lukas Dauser. Und er hat die Schwierigkeit seiner Weltmeisterübung noch einmal erhöht. "Die Konkurrenz schläft nicht. Wer sich nicht weiterentwickelt, bleibt stehen. Das will ich nicht", erklärt er.
    Dauser will noch einmal ganz nach oben aufs Siegertreppchen steigen. In der Quali. Aber vor allem in Paris. "Natürlich wäre das schön, das wäre ein riesiger Traum", bekennt der Sportler: "Ich muss bei mir bleiben, an mich denken, meine Übung turnen. Ich versuche, mich darauf zu konzentrieren und nicht auf irgendwelche Medaillen."

    Wenn ich meine Übung durchturne, ist vieles möglich.

    Lukas Dauser

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