Talente statt Stars: Wie PSG den Teamgeist entdeckt

    Talente statt Stars:Wie PSG plötzlich den Teamgeist entdeckt

    von Ralf Lorenzen
    |

    Ein Jahrzehnt hat Paris Saint-Germain auf die Megastars des Fußballs gesetzt: Messi, Neymar, Mbappé. Die Champions League wurde trotzdem nie gewonnen. Jetzt denkt der Klub um.

    Kylian Mbappe - PSG
    Messi, Neymar sind schon weg, Mbappe wird bald gehen: Paris St.-Germain schlägt neue Wege ein - ohne Megastars. Wie dieses Konzept PSG den ersten Champions-Titel bescheren kann.16.05.2024 | 14:00 min
    Aus im Halbfinale, wieder einmal war es nichts mit dem Gewinn der Champions League. Und dann kündigte nach dem 0:1 gegen Borussia Dortmund mit Kylian Mbappé auch noch der Star des Ensembles seinen Weggang an. Da müsste doch eigentlich die große Depression ausbrechen und der nächste Mega-Star verpflichtet werden.

    PSG auf einer Zwischenstation

    Doch diesmal hinterließ der Auftritt von PSG den Eindruck, als sei eine Zwischenstation auf einem neuen Weg erreicht. Den "Pariser Weg" nennt ihn Manu Thiele in der aktuellen Folge der Sendung Bolzplatz: Ein neuer Trainer, eine neue Philosophie und ein neues Mindset.

    Hunderte Millionen hat Paris in die Hand genommen, um den Titel zu gewinnen - und jetzt stehen wir im Finale.

    BVB-Sportchef Sebastian Kehl nach dem 1:0 gegen PSG

    "Letztes Jahr ging eine Ära zu Ende", sagt Margot Dumot, Reporterin bei beIN Sports, im Bolzplatz. "Neymar ging fort, Messi auch. Die ganzen Jahre, wo Paris immer nur nach Superstars gesucht hat, waren vorbei. Nun heißt es, schlau zu sein und auch schlau zu kaufen."
    07.05.2024, ChampionsLeague, Halbfinal-Rückspiel Paris Saint-Germain - Borussia Dortmund: Marcel Sabitzer (links) und Nico Schlotterbeck (rechts) feiern Mats Hummels für sein Tor zum 1:0.
    Mats Hummels' Kopfball, viel Leidenschaft und eine Portion Glück: So landet Borussia Dortmund den Coup gegen PSG und steht nach dem 1:0 im Champions-League-Finale.08.05.2024 | 2:59 min

    PSG mit über einer Million Euro Transferdefizit

    Seit der Übernahme durch den katarischen Staatsfonds QSI vor zwölf Jahren hat der Klub über eine Million Euro Transferdefizit angehäuft, aber keine Mannschaft aufgebaut, die sich gegen Widerstände durchsetzen kann.
    Jetzt besinnt sich der Klub auf seine Stärken in der Nachwuchsarbeit. In den vergangenen Jahren hat die PSG-Akademie zahlreiche Rohdiamanten aus dem riesigen Talentpool im Großraum Paris geschliffen.
    "Im Endeffekt hat sich Paris über all die Jahre von diesen ab der U15-Spielern dann bedient und die Spieler dann in die Akademie gebracht", sagt Florian Blüchel, der als Scout für den FC Bayern München und Arsenal London gearbeitet hat. Letzten Endes habe es PSG später in der U19 aber nicht geschafft, die Spieler an die erste Mannschaft heranzuführen.

    • 2013: Viertelfinale (FC Barcelona - 2:2, 1:1)
    • 2014: Viertelfinale (FC Chelsea - 3:1, 0:2)
    • 2015: Viertelfinale (FC Barcelona - 1:3, 0:2)
    • 2016: Viertelfinale (Manchester City - 2:2, 0:1)
    • 2017: Achtelfinale (FC Barcelona - 4:0, 1:6)
    • 2018: Achtelfinale (Real Madrid - 1:3, 1:2)
    • 2019: Achtelfinale (Manchester United - 2:0, 1:3)
    • 2020: Finale (Bayern München - 0:1)
    • 2021: Halbfinale (Manchester City - 1:2, 0:2)
    • 2022: Achtelfinale (Real Madrid - 1:0, 1:3)
    • 2023: Achtelfinale (Bayern München - 0:1, 0:2)
    • 2024: Halbfinale (Borussia Dortmund - 0:1, 0:1)

    Pariser Rohdiamanten leuchten anderswo

    Einen dieser Pariser Diamanten, die woanders leuchten, hat Blüchel für den FC Bayern München selbst gescoutet: Kingsley Coman, der im Champions League Finale 2020 ausgerechnet gegen PSG das Siegtor schoss. Auch die späteren Bundesliga-Stars Christopher Nkunku und Moussa Diaby wurden einst in der PSG-Akademie ausgebildet.
    Dagegen stehen nun im augenblicklichen Kader fünf Eigengewächse: Neben dem erfahrenen Presnel Kimpembe (28 Jahre) sind das die 17- beziehungsweise 18-jährigen Yoram Zague, Warren Zaïre-Emery, Ethan Mbappé und Senny Mayulu, die allesamt in Frankreich geboren sind. Von ihnen sticht Zaïre-Emery heraus. "Er ist ein Spielertyp, der dir im Mittelfeld alles spielen kann", sagt Blüchel.
    Die PSG-Spieler Yoram Zague, Senny Mayulu und Ethan Mbappe (von links) zeigen nach dem Gewinn der französischen Meisterschaft eine Trophäe am 12. Mai 2024
    Drei von fünf Eigengewächsen, die es zuletzt in den Kader von PSG geschafft haben: Yoram Zague, Senny Mayulu und Ethan Mbappe (von links).
    Quelle: Imago / Sebastian Frej

    PSG gab rund halbe Milliarde für neue Spieler aus

    Auch wenn PSG den Weg, etablierte Megastars zu verpflichten, aufgegeben hat: Eine Verringerung des finanziellen Einsatzes bedeutet das ganz und gar nicht. Insgesamt 454,5 Millionen Euro sind vor der Saison für Neuzugänge ausgegeben worden. Das Geld wurde in neun Spieler zwischen 18 und 24 Jahren sowie die 27-jährigen Lucas Hernandez und Ousmane Dembelé investiert, die allesamt noch Entwicklungspotenzial haben.
    "Wenn man sich die neue Offensive anschaut, sind es alles junge Franzosen, die in der Nationalmannschaft etabliert sind oder bald kommen werden", sagt DAZN-Kommentator Alexis Menuge im Bolzplatz.

    Startrainer Enrique soll Kollektiv formen

    Um aus diesem Mix aus jungen Eigengewächsen und schon Etablierten aber noch hungrigen Spielern, eine Mannschaft zu formen, die geschlossen auftritt und kämpft, wurde mit Luis Enrique ein Erfolgscoach verpflichtet, der diese Fähigkeit beim FC Barcelona und der spanischen Nationalmannschaft schon gezeigt hat.
    "Seine langjährige Erfahrung, sein Knowhow, die kommen sehr gut an bei den Fans", sagt Menuge: "Weil die Mannschaft endlich wie eine Mannschaft agiert."

    Mehr Fußball

    Champions League - Highlights

    Bundesliga-Duelle