DFB-Comeback: Toni Kroos hat klaren Plan für die EM

Ganz egal, ob Toni Kroos nun ein weißes oder gelbes Leibchen trägt, ob er in einem Team zu dritt, viert oder zu fünft spielt: Standfest und ballsicher im Zentrum untermauerte der besondere Fußballer in jeder Spielform der deutschen Nationalmannschaft am ersten aktiven Tag beim Comeback seine Ausnahmestellung. Es waren 90 intensive Trainingsminuten absolviert, als der 34-Jährige noch einen Steckpass aus dem rechten Fußgelenk zauberte.

Jamal Musiala blieb dann zwar an Torwart Manuel Neuer hängen, doch den Nachschuss verwandelte der alte und neue Dirigent persönlich mit links. DFB-Angestellte, Fans und Medienvertreter hatten zuvor schon so oft von den Mitspielern ein "Toni, Toni" gehört, dass eigentlich nur noch der rote Teppich auf dem DFB-Campus fehlte.

Bei der Pressekonferenz genügte seine Präsenz, um den Raum bis zum Bersten zu füllen. "Jetzt geht’s ans Machen!" richtete ein aufgeräumter Rückkehrer aus. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich hier noch mal sitze", murmelte der Mecklenburger zwischendrin mal. Aber der Familienvater hinterließ nie den Eindruck, man habe ihn erst überreden müssen, nach fast 1.000 Tagen Abstinenz gegen Frankreich in Lyon (Samstag 21 Uhr/live im ZDF) sein 107. Länderspiel zu bestreiten.

Er habe sämtliche Konstellationen und Reaktionen durchgespielt und sei zu dem Schluss gekommen:

Weniger familiäre, mehr sportliche Gründe, erläuterte Kroos, hätten ihn nach dem Anruf von Julian Nagelsmann bewogen, der Bitte des Bundestrainers nachzukommen. "Es hilft, wenn drei, vier Leute da sind, die ein paar Turniere gespielt haben."

Nagelsmann sieht in Kroos zwar "keinen alleinigen Heilsbringer", schätzt indes "Gespür, Ruhe und Erfahrung". Denn: "Wir werden bei der EM Momente des Drucks haben. Das geht darum, nicht nervös zu werden." Und kratzbürstig hatte der Coach klargestellt:

Inzwischen ist sogar Uli Hoeneß umgeschwenkt, der zuerst von einem "Titanic-Signal" gesprochen hatte. Nun äußerte sich der 2014 vom Weggang dieses Leistungsträgers empfindlich verletzte Bayern-Patron versöhnlich, "weil wir an Persönlichkeiten im Moment nicht so eine große Auswahl haben".

"Mit mir kauft man ein, Erfolg haben zu wollen", sagte denn auch Kroos mit dem Selbstbewusstsein eines fünffachen Champions-League-Siegers. "Typisch deutsch", wie es in der DFB-Kampagne zu den neuen EM-Trikots heißt, "war es mal, wenn man erfolgreich war", sagte er und fügte entschlossen an: "Da wollen wir wieder hinkommen!"

Weit oben liegt für ihn die Messlatte. "Wenn wir in der Vorrunde ausscheiden, kann ich keinen grünen Haken dahinter setzen", betonte der Taktgeber.

Um sich in der Hierarchie ganz hinten anzustellen, ist sein Standing in Spanien zu gut, seine Titelliste zu lang.

Dem Bundestrainer schwebt ein Mittelfeldblock mit drei Legionären vor: mit Pascal Groß in einem defensiveren Part, Ilkay Gündogan in einer offensiveren Position und eben dem Real-Star als "genialer Verbindungsspieler" (Nagelsmann). Zusammen ist dieses Trio zwar 99 Jahre alt, verspricht aber eine gewisse Vielfalt in den Fähigkeiten.

Wichtig sei es, "irgendwie alle Facetten abzubilden", sagte Kroos, der in einer Kombination mit dem brasilianischen Bodyguard Casemiro und dem kroatischen Virtuosen Luka Modric auf Vereinsebene in einer ähnlichen Rollenverteilung über viele Jahre reüssierte.

Übrig geblieben ist aus dieser Troika aktuell nur "König Kroos VIII.", wie sie den Deutschen nach dem Achtelfinalsieg gegen RB Leipzig in Anspielung auf seine Trikotnummer nannten. Nun wird er auch wieder Deutschlands Achter, obwohl einer seiner wichtigsten Verwandten lange daran zweifelte, wie Kroos verriet: "Opa Heinz musste ich überzeugen: Ohne sein Okay wäre es nix geworden. Jetzt hat auch er sein Deutschland-Trikot bestellt."