EM-Bilanz: Deutschland überzeugt nicht überall als Gastgeber

    Ausländische Gäste berichten:So blickt Europa auf die EM in Deutschland

    von Claudio Palmieri
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    Die Bahn? Zu spät. Die Straßen? Voller Baustellen. Die EM in Deutschland hat im Ausland einige Klischees unterstrichen. Bei vielen Gästen überwiegen aber die positiven Eindrücke.

    Eine große Menge Menschen mit Fahnen beim Public Viewing in Berlin zum Spiel Deutschland gegen Spanien bei der EM 2024.
    Die EM 2024 in Deutschland neigt sich dem Ende zu. Zeit Bilanz zu ziehen: Wie kam Deutschland bei den ausländischen Gästen an?
    Quelle: dpa

    Sein erster Eindruck von Deutschland? "Baustellen, Baustellen, Baustellen", sagt Nikolas Loidolt und lacht. Die gut 1000 Kilometer lange Strecke von Wien nach Düsseldorf legte der 33-Jährige mit dem Auto zurück: "Die Fahrt hat sich gezogen."
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    Deutsche Pünktlichkeit kann nicht überzeugen

    Der Ausflug mit Freunden und Bekannten zum österreichischen EM-Auftakt gegen Frankreich bleibt dem wissenschaftlichen Mitarbeiter der TU Wien dennoch in bester Erinnerung. "Als wir ab dem Tag vor dem Spiel in der Stadt unterwegs waren, hat alles top funktioniert", denkt er an die Plaudereien mit Volunteers, Kellnern und Polizisten zurück:

    Alle waren super freundlich und hilfsbereit. Unter den Fans hat man sich in keiner Sekunde unwohl gefühlt. Das war ein schönes, gemeinsames Fest - auch nach dem Spiel.

    Nikolas Loidolt, Fußballreporter aus Wien

    Natürlich will Loidolt nicht für alle sprechen. Von einem Mitfahrer erfuhr er, dass ein Bekannter stundenlang in Passau in einem Zug festsaß - und erst während der zweiten Halbzeit im Stadion ankam.
    Ihr Hotel hatten Loidolt und Co. zeitig gebucht. Preislich wäre es sonst wohl ähnlich gelaufen wie bei den Flügen: "Die kosten sonst 70 bis 120 Euro. Diesmal waren es 450 Euro. Deshalb sind wir auf das Auto umgestiegen."
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    Essen unterwegs "oft schwer verdaulich"

    Dass die Bahn chronisch verspätet ist, hat sich im Ausland herumgesprochen - nicht erst, seitdem die Pressekonferenz der Niederlande vor dem Halbfinale gegen England wegen der "signifikanten Verspätung" eines ICE ausfiel.
    Trotzdem: Viele EM-Gäste treten die Heimreise mit überwiegend positiven Eindrücken an. "Mir hat es sehr gut gefallen", sagt Aude Lasjaunias. Die Sportjournalistin war drei Wochen lang im ganzen Land unterwegs. "Die Kritik an der Bahn ist berechtigt. Es war aber nicht so chaotisch, wie ich befürchtet hatte", berichtet die Französin von nur zwei Verspätungen.
    Schon bei ihrem ersten Halt in München staunte Lasjaunias nicht schlecht. "Ich fand es dort sehr sauber für so eine große Stadt", findet die Pariserin, die sich auch nachts "ziemlich sicher" gefühlt habe.
    Ihr einziger Kritikpunkt: das Essen. "Vielleicht bin ich zu sehr Französin", schmunzelt die 37-Jährige: "Sicher war es auch meinen Arbeitszeiten geschuldet. Die Mahlzeiten, die ich mir zwischen Bahnhof, Stadion und Hotel holen konnte, waren aber oft schwer verdaulich."

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    Landschaft in München und Leipzig macht Lust auf mehr

    Rund ums Stadion machte Lasjaunias ähnliche Erfahrungen wie Loidolt: eindrucksvolle Begegnungen mit Fans, nette Menschen, selbsterklärende Ausschilderungen. "Obwohl ich kein Deutsch kann, habe ich mich nicht wie auf Reisen gefühlt", lobt die Reporterin, die gerne mehr vom EM-Gastgeberland gesehen hätte. Und deshalb wiederkommen will: "Die Landschaft um München ist echt schön."
    Raimondo De Magistris denkt ebenfalls über einen Urlaub nach. "Leipzig hat mir sehr gut gefallen", meint der 36-jährige Redakteur aus Florenz. Auch er kommt nicht am Verkehrschaos vorbei:

    Das hat sich in NRW nicht mit meinen Vorstellungen von Deutschland als Motor Europas gedeckt. Es haben auch weniger Deutsche Englisch gesprochen als gedacht.

    Raimondo De Magistris, Fußballjournalist aus Florenz

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    Die Planung der EM hat De Magistris gefallen. Als Reporter der Azzurri, die in Iserlohn untergebracht waren, hatte er es nicht weit zu den Spielorten Dortmund und Gelsenkirchen.
    Über die vielen losen Stellschrauben in Deutschland kann vorerst wohl nur eines hinwegtrösten: Woanders ist es auch nicht besser.
    Der Komfort in den Arenen sei "auf einem ganz anderen Level" als in den überwiegend veralteten Stadien in Italien, betont De Magistris. Genau das hat auch Loidolt an Düsseldorf sehr geschätzt: "Bei uns im Praterstadion haben Fans schon ganze Halbzeiten verpasst, weil sie für eine Cola anstanden." Und Lasjaunas blickt bereits ihrem Olympia-Einsatz in Paris entgegen: "Auch wir Franzosen sind nicht die Königinnen und Könige der Organisation."

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