Leo Neugebauer: "9.000 Punkte sind machbar"

    Große Pläne für Olympia:Leo Neugebauer: "9.000 Punkte sind machbar"

    von Susanne Rohlfing
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    Der Zehnkämpfer, WM-Fünfte und neue deutsche Rekordhalter ist überzeugt, "noch ein paar gute Jahre" vor sich zu haben. Ein Leistungs-Limit? Sieht Leo Neugebauer für sich nicht.

    Vier Männer weltweit haben bislang die 9.000-Punkte-Marke im Zehnkampf geknackt. Der Tscheche Roman Sebrle machte 2001 mit 9.026 Punkten den Anfang. 2015 steigerte der Amerikaner Ashton Eaton den Weltrekord auf 9.045 Punkte. Seit 2018 hält der Franzose Kevin Mayer mit 9.126 Punkten die Bestmarke. Vor zwei Jahren trat noch der Kanadier Damian Warner mit 9.018 Punkten dem erlesenen Klub bei.
    Leo Neugebauer, Newcomer des Jahres und mit 8.836 Punkten neuer deutscher Rekordhalter, fehlen noch ein paar Zähler bis zur magischen Marke. Neunter der ewigen Weltbestenliste ist der 24-Jährige aktuell. Im Juni hatte er die 39 Jahre alte nationale Bestmarke von Jürgen Hingsen um vier Punkte verbessert. Das empfinde er nach wie vor als "sehr verrückt", sagte Neugebauer am Samstagabend im "aktuellen sportstudio".

    Ich bin ja immer noch so jung. Ich habe noch ein paar gute Jahre vor mir.

    Leo Neugebauer, Zehnkämpfer

    Neugebauer ist Hoffnungsträger der deutschen Leichtathletik

    Und die will der schnellkräftige Hüne nutzen. "Ich bin wie so ein Rohdiamant. Ich mache alles nur mit Kraft. Da ist noch viel Feintuning möglich", sagte er. Bleibe er gesund, gebe es "nicht wirklich ein Limit. Die 9.000 Punkte sind machbar. Ich habe echt Bock."
    Mit seiner fröhlich vorgetragenen Chuzpe hat Neugebauer in diesem Sommer die Herzen vieler Fans erobert. Bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften zuletzt in Budapest gab es keine deutschen Medaillen zu feiern. Es waren rabenschwarze Tage für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Da sorgte Neugebauer mit seinem fünften Platz im stärksten Zehnkampf der WM-Geschichte für den schillerndsten Lichtblick.
    Die deutsche Leichtathletik in der Krise:

    Bei der WM reichte es nicht fürs Treppchen

    Er hatte nach dem ersten Tag in Führung gelegen, schien seine im Juni bei den College-Meisterschaften in den USA aufgestellte Bestmarke noch einmal überbieten zu können. Doch es folgten am zweiten Tag ein wackliger Hürdenlauf und ein flatternder Diskus.
    Neugebauer rappelte sich auf, ließ in den letzten beiden Disziplinen, dem Speerwurf und den 1.500 Metern, seinen schlechtesten, Bestleistungen folgen. Doch die Medaille war futsch. Der Spaß allerdings nicht. Das betonte Neugebauer.

    Ich glaube, ich hatte mehr Spaß als mancher Goldmedaillengewinner.

    Leo Neugebauer, Zehnkämpfer

    Perfekte Trainingsbedingungen in den USA

    2019 zog Leo Neugebauer aus dem Landkreis Esslingen nach Austin in Texas. Zwei Jahre zuvor war er bei den U-18-Weltmeisterschaften Dritter im Zehnkampf geworden, das war seine Eintrittskarte in den amerikanischen College-Sport.
    An der University of Texas erhielt er ein Stipendium, sein Studium der Wirtschaftswissenschaften und sein Leichtathletik-Training sind dort perfekt aufeinander abgestimmt. Die Bedingungen seien optimal, erzählte Neugebauer. Kurze Wege, professionelle Infrastruktur, hochmotivierte Trainer, Ärzte und Physiotherapeuten: "Akademisch und sportlich ist alles top dort."
    Basketball-Star Dirk Nowitzki machte ebenfalls in Texas Karriere:
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    Großer Erfolgsdruck kann belastend sein

    Er habe aber erst lernen müssen, mit dem Druck umzugehen, sagte der Zehnkämpfer. Denn natürlich werde von ihm erwartet, für die Uni Erfolge zu sammeln. So funktioniert das System. Und es klappte nicht alles von Beginn an reibungslos. "Aber ich wurde jede Saison ein bisschen lockerer", erzählte Neugebauer.
    Die Möglichkeiten, die ihm die Uni bietet, lobte er in den höchsten Tönen: "Um uns wird sich so gut gekümmert, das ist verrückt. Die gehen sicher, dass du jeden Tag rausgehen und alles geben kannst." Als Allheilmittel für die deutsche Erfolglosigkeit sieht er das amerikanische System aber nicht. "Bei mir hat alles zusammengepasst. Ich liebe meine Teamkollegen, ich liebe meine Trainer, ich liebe meine Stadt." So erlebe es aber nicht jeder deutsche Athlet, der den Schritt wagt.

    Es ist ein kleines Risiko, man weiß nicht, wie es sein wird. Man muss eine Klippe runterspringen und gucken, wo man landet.

    Leo Neugebauer, Zehnkämpfer

    Leo Neugebauer ist in der Weltspitze gelandet. Er hat die Olympischen Spiele im kommenden Jahr in Paris vor Augen. Die 9.000 Punkte. Die ganz großen Dinge in seinem Sport.
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