Unfruchtbar und ungewollt kinderlos: Wie Betroffene leiden

    Erfahrungsberichte und Wünsche:Ungewollt kinderlos: Wie Betroffene leiden

    von Lukas Wagner
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    Hierzulande ist fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ungewollt kinderlos. Was sind Ursachen, welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es und was wünschen sich Betroffene?

    Hände eines Liebespaares
    Unerfüllter Kinderwunsch: Etwa jedes zehnte Paar in Deutschland ist ungewollt kinderlos. (Symbolbild)
    Quelle: imago

    "Ich wollte das anfangs gar nicht wahrhaben. Ich habe mich geschämt, weil da etwas nicht funktioniert, was scheinbar das Natürlichste der Welt ist", sagt Ulli* (37 Jahre). So wie ihr geht es zahlreichen Betroffenen: Fast jedes zehnte Paar in Deutschland zwischen 25 und 59 Jahren ist ungewollt kinderlos. Trotzdem ist das Thema häufig noch tabu.

    Ganz viele reden nicht darüber, weil man es ja immer erst sagt, wenn es geklappt hat.

    Sarah, 33 Jahre

    Sarahs Partner hat das sogenannte OAT-Syndrom, bei dem eine schlechte Spermienqualität die Befruchtung verhindert.
    Doch das ist nur eine Ursache von vielen: Weitere Gründe für eine Unfruchtbarkeit sind bei Frauen zum Beispiel eine Hormonstörung oder die Unterleibserkrankung Endometriose. Aber auch psychische Belastungen wie Stress durch Schlafstörungen oder Erschöpfung können in Kombination mit einem ungesunden Lebensstil ursächlich sein.




    Was ungewollt Kinderlose belastet und was sie sich von ihrem Umfeld wünschen

    Mentaler Druck kommt häufig aus dem Familien- oder Freundeskreis. Fragen wie, "wann kriegt ihr denn mal Kinder?", verschlimmern die Situation, sagt Lisa, bei der bereits mit 19 Jahren die Hormonstörung PCO-Syndrom diagnostiziert wurde.

    Man sollte eine Frau niemals danach fragen, warum sie noch keine Kinder hat. Weil du nie weißt, wieso.

    Lisa, 31 Jahre

    Weitere No-Gos seien den Betroffenen zufolge Aussagen wie "entspannt euch und nehmt den Druck raus" oder "fahrt doch in Urlaub, da klappt es bestimmt".
    "37° Mein Traum vom Kind - Was moderne Medizin möglich macht": Jaqueline hält den kleinen Emilian auf dem Arm. Sie haben beide die Augen geschlossen und lehnen Stirn an Stirn in inniger Berührung.
    Ein eigenes Kind. Für viele ist das ein großer Traum. Rund sechs Millionen Deutsche sind ungewollt kinderlos und bereit, vieles zu wagen, um ihren Traum doch noch zu erfüllen.07.09.2020 | 28:24 min
    Bei Lisa seien auch einige Freundschaften zerbrochen, aber "zum Glück sind einige echt offen für das Thema gewesen", erzählt sie. Das wünscht sich auch Ulli von ihrem Umfeld: "Wir brauchen keine Ratschläge, wir brauchen auch kein Mitleid. Wir brauchen einfach nur ein offenes Ohr."

    Welche Möglichkeiten zur Behandlung gibt es?

    Für die Erfüllung ihres Kinderwunsches sind betroffene Paare auf medizinische Hilfe angewiesen. Nach einer ausführlichen Untersuchung können eine Zyklusbeobachtung oder eine Hormonbehandlung erste Behandlungsschritte sein, um eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Bleiben diese Ansätze erfolglos, gibt es für Betroffene die Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung.
    Oftmals erschwert oder verwehrt es aber die finanzielle Situation, durch medizinische Hilfe ein Kind zu bekommen. Zwar gibt es grundsätzlich eine staatliche Förderung, die gilt allerdings nur in zwölf von 16 Bundesländern und variiert zwischen den Ländern.
    Neben einem deutschen Hauptwohnsitz liegen weitere Einschränkungen vor: So dürfen ausschließlich heterosexuelle Paare eine Förderung beantragen, unabhängig davon, ob sie verheiratet oder unverheiratet sind. Das Alter der Frau muss zwischen 25 und 40 Jahren liegen, das Alter des Mannes zwischen 25 und 50 Jahren.
    Außerdem braucht es ein ärztliches Attest für die Unfruchtbarkeit und die Erfolgsaussichten der Behandlung. Hinzu kommt: Im Vorfeld muss eine medizinische und psychosoziale Beratung stattfinden und es dürfen nur die eigenen Ei- oder die Samenzellen des Partners verwendet werden.

    Was Betroffene ungewollter Kinderlosigkeit fordern

    Betroffene wünschen sich, dass Unfruchtbarkeit gesellschaftlich enttabuisiert wird, zum Beispiel durch die Anerkennung als Krankheit und mithilfe früherer und verstärkter Aufklärung.
    Wegen der Liste an Voraussetzungen für eine finanzielle Unterstützung fordern sie zudem, dass die derzeitige Altersuntergrenze von 25 Jahren herabgesetzt wird. "Als unverheiratetes Paar stehst du mit einem Kinderwunsch ganz schlecht dar. Und wenn du dann noch unter 25 Jahren bist, sowieso", sagt Lisa.
    Auch, dass homosexuelle Paare von der Förderung profitieren und dass in medizinisch notwendigen Fällen die Kosten vollständig übernommen werden, verlangen Betroffene. So auch Sarah, die sagt: "Niemand sollte die Sorge haben müssen, sich die Kinderwunschbehandlung nicht leisten zu können."
    *Name von der Redaktion geändert
    Wer ungewollt kinderlos ist, findet hier weitere Informationen oder einen Förder-Check zur künstlichen Befruchtung.

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