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Jung und positiv:Leben mit HIV - Vorurteile abbauen
von Lena Mosebach und Anja Baumann
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Trotz jahrelanger Aufklärung wissen immer noch zu viele Menschen zu wenig über HIV. Bis heute erleben Betroffene Ausgrenzung und Diskriminierung - und das in allen Lebensbereichen.
Infiziert sein heißt, eine lebenslange, chronische Erkrankung zu haben.01.12.2022 | 5:27 min
Es war ein Schock, als David Billinger (30) vor zwei Jahren die Diagnose HIV-positiv erhält. Zunächst weiß er nicht, wie sein Leben weitergehen soll. Die Angst schwer zu erkranken, aber auch vor Stigmatisierung ist bei ihm groß.
David fürchtet, Familie und Freunde schon mit einer Umarmung anzustecken. Auch den körperlichen Kontakt zu seinem Partner meidet er zunächst.
"Im Grunde bin ich ein gutes Beispiel, was die Nicht-Aufklärung von HIV angeht. Ich habe gedacht, man darf von HIV-Patienten nicht mal vom selben Teller essen", erinnert sich David an die Zeit kurz nach der Diagnose.
Wie man sich mit dem HI-Virus anstecken kann
Das HI-Virus schädigt die körpereigenen Abwehrkräfte, das Immunsystem. Unbehandelt führt die Immunschwäche zu schweren Folgekrankheiten. Diese Spätfolgen der HIV-Infektion nennt man Aids.
HIV wird übertragen, wenn Blut, Sperma oder Vaginalflüssigkeiten mit Schleimhäuten in Kontakt kommen. Dies geschieht am häufigsten durch ungeschützten Geschlechtsverkehr. Davor schützt Safer Sex.
Ein hohes HIV-Risiko besteht zudem beim gemeinsamen Benutzen von Spritzen und Nadeln beim Drogenkonsum. Davor schützt Safer Use.
- Kondome und Femidome beim Geschlechtsverkehr schützen vor HIV. Viren gelangen dann nicht auf Schleimhäute und in den Körper.
- Schutz durch Therapie: Medikamente, die HIV-Positive regelmäßig einnehmen, unterdrücken die Vermehrung der Viren im Körper. HIV kann dann nicht mehr übertragen werden.
- Prä-Expositions-Prophylaxe, kurz PrEP: Dabei nehmen Menschen mit hohem HIV-Risiko vorbeugend HIV-Medikamente ein, die vor einer Ansteckung schützen. PrEP schützt vor HIV, aber nicht vor anderen Geschlechtskrankheiten.
Mit Therapie ein fast normales Leben
HIV ist bis heute nicht heilbar. Aber: Bei frühzeitiger medikamentöser Behandlung haben Betroffene heute eine normale Lebenserwartung. David wird mit einer Kombinationstherapie aus mehreren Wirkstoffen behandelt. Sie ist Standard und verhindert zum einen, dass HI-Viren in Körperzellen eindringen, zum anderen, dass sich die Viren im Körper vermehren. Auch bei individueller Anpassung der Wirkstoffe kann es anfangs zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall und Kopfschmerzen kommen. Zu den Langzeitnebenwirkungen gehören vor allem Stoffwechsel- und Fettverteilungsstörungen.
Dank Medikamenten geht es David heute gut. Seine Virenlast liegt unter der Nachweisgrenze. Damit ist er bei weiterer regelmäßiger Einnahme seiner Medikamente nicht mehr ansteckend.
In Deutschland werden aktuell etwa 95 Prozent der Infizierten therapiert. Bei fast allen ist die retrovirale Therapie erfolgreich, so dass sie nicht mehr infektiös sind.
Stigmatisierung beeinträchtigt Betroffene
HIV-positive Menschen leiden nach wie vor unter Stigmatisierung und Diskriminierung. Meist ist Unwissenheit die Ursache. Geht es um direkten Körperkontakt, zeigen sich bei vielen Mitmenschen große Vorbehalte, obwohl es erwiesenermaßen keine Ansteckungsgefahr gibt. Trotz jahrelanger Aufklärungsarbeit existieren immer noch zahlreiche Mythen rund um das Thema HIV.
Häufige HIV-Mythen
- Öffentliche Toiletten können HI-Viren übertragen: Falsch! HI-Viren überleben nicht auf Oberflächen.
- Küssen verboten: Falsch! HIV wird nicht über Speichel, sondern über Blut, Sperma und Vaginalflüssigkeit übertragen.
- Nur homosexuelle Männer haben HIV: Falsch! Risikoverhalten kann zu HIV führen, nicht Alter, Herkunft, Geschlecht oder sexuelle Vorlieben.
- HIV-positive Frauen dürfen keine Kinder kriegen: Falsch! Ist das Virus dank Therapie nicht nachweisbar, liegt das Risiko einer Übertragung auf das Kind bei unter einem Prozent.
- HIV ist ein Todesurteil: Falsch! Bei rechtzeitiger medikamentöser Therapie haben Betroffene eine nahezu normale Lebenserwartung.
Aidshilfe fordert Aufklärungsarbeit in Schulen
"Wir müssen anfangen, Aufklärungsarbeit bereits in den Schulen zu leisten. Die Unwissenheit fängt bei jungen Menschen an und nicht erst bei den Älteren", sagt Sabrina Reznizek von der Aidshilfe Essen. Als Beraterin hört sie immer wieder, welche Ausgrenzungen Betroffene erfahren. Zum Beispiel wenn Ärzte HIV-Patienten wegen ihrer Infektion nicht betreuen wollen: "Natürlich haben wir solche Klient*innen, die dieses erlebt haben, teilweise heute noch erleben."
Auch David erlebt immer wieder, wie Betroffene im Alltag ausgrenzt werden. Er selbst geht offen mit seiner HIV-Infektion um, hofft dadurch auf mehr Verständnis.
David rät auch anderen für ihr Leben einzustehen und Diskriminierung mit Aufklärung zu begegnen. Je mehr Menschen über das Virus und seine Ansteckungswege Bescheid wissen, desto mehr können sich vor ihm schützen. Und: Es ist wichtig, sich bei Verdacht auf HIV testen zu lassen. Denn nur wenn eine HIV-Infektion diagnostiziert ist, kann sie rechtzeitig und gut behandelt werden.
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