Stoltenberg zum Nato-Beitritt der Ukraine: Alle sind einig

    Interview

    Nato-Beitritt der Ukraine:Stoltenberg: Alle einig - auch Deutschland

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    "Ich kann Ihnen nicht sagen, wann die Ukraine Mitglied wird. Aber dass sie es wird". Im Interview wischt Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg die Skepsis der Deutschen beiseite.

    ZDFheute: Herr Stoltenberg, auf dem Gipfel von 2008 hat die Nato der Ukraine eine Mitgliedschaft versprochen. Muss die Ukraine jetzt 15 weitere Jahre warten, bis dieses Versprechen eingelöst wird?
    Jens Stoltenberg: Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wann die Ukraine Mitglied wird. Aber was ich sagen kann: Dass alle Mitgliedstaaten sich einig sind, dass sie beitreten wird. Das Versprechen an die Ukraine haben wir auf unserem Gipfel im letzten Jahr erneuert.
    Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik
    Interview mit Sicherheitsexpertin Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik.01.06.2023 | 5:34 min
    Eine in der Nato geschützte, stabile Ukraine ist "auch in unserem eigenen Sicherheitsinteresse“, sagt Sicherheitsexpertin Claudia Major:
    Aber was noch wichtiger ist: Dass alle Verbündeten übereinstimmen, dass wir die Ukraine militärisch unterstützen müssen, damit sie als souveräner Staat überlebt. Wenn das nicht gelingt, ist ein Nato-Beitritt ohnehin kein Thema.
    ZDFheute: Aber die deutsche Regierung äußert sich skeptisch - sowohl der Bundeskanzler als auch die Außenministerin. Mit welchem Argument wollen Sie sie überzeugen?
    Stoltenberg: Noch einmal: Alle Verbündeten, auch Deutschland, sind sich einig, dass die Ukraine Mitglied der Nato wird. Also: Darum geht es nicht. Es geht jetzt um den Weg bis zu diesem Beitritt. Und wir müssen uns jetzt mit diesem Weg für die Ukraine befassen.

    Natürlich müssen wir anerkennen, dass ein Beitritt nicht mitten im Krieg passieren wird. Aber wir müssen uns jetzt vorbereiten für die Zeit nach dem Krieg.

    Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär

    Jens Stoltenberg, NATO Generalsekretär
    Quelle: epa

    ... wurde 1959 in Oslo geboren. Der Sozialdemokrat war von 2000 bis 2001 und von 2005 bis 2013 Ministerpräsident von Norwegen. Seit Oktober 2014 ist er Generalsekretär der Nato.

    ZDFheute: Aber warum jetzt diese Eile, jetzt über einen Fahrplan zu sprechen? Sie sagen ja selbst des öfteren, dass der Krieg in der Ukraine noch dauern kann.
    Stoltenberg: Wir müssen der Ukraine jetzt schon helfen, dass sie sich der Nato weiter annähert. Wir müssen ihr helfen, die militärische Ausrüstung von sowjetischem Standard auf Nato-Standard anzuheben.
    Und es ist notwendig, diese Diskussion jetzt zu führen - damit wir sicherstellen können, dass wir einen Sicherheitsrahmen haben, wenn dieser Krieg endet. Denn dieser Krieg wird enden. Und dann müssen wir sicherstellen, dass Präsident Putin nicht irgendwann einen weiteren Angriff auf die Ukraine beginnt.
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    Litauens Außenminister Landsbergis im heute-journal-Interview.01.06.2023 | 7:45 min
    Auch Litauens Außenminister Landsbergis fordert einen Nato-Beitritt der Ukraine. Eine Mitgliedschaft des Landes würde auch dem Bündnis ein Mehr an Sicherheit bieten.
    ZDFheute: Lassen Sie uns noch über ein anderes Thema reden. In knapp zwei Wochen startet in Deutschland die größte Luftoperationsübung seit Bestehen der Nato - "Air Defender". Diese Übung wird auch Folgen haben für die deutsche Bevölkerung, von Lärm bis zu Verspätungen im Flugverkehr. Warum ist das wirklich nötig?
    Stoltenberg: Es ist notwendig, weil wir in einer gefährlicheren Welt leben. Das sehen wir alle durch den Krieg in der Ukraine. Die Aufgabe der Nato ist es, zu verhindern, dass dieser Krieg über die Ukraine hinaus eskaliert.
    Und deshalb ist es wichtig, dass wir jeden Raum für Missverständnisse beseitigen - dass wir keine Fehleinschätzungen in Moskau zulassen, was die Bereitschaft der Nato betrifft, jeden Zentimeter des Nato-Territoriums zu verteidigen.

    Und eine glaubwürdige Abschreckung ist der beste Weg, um Frieden zu bewahren.

    Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär

    Der Nato-Beitritt der Ukraine dürfte ein "hartes Stück Arbeit" werden, sagt ZDF-Korrespondent Florian Neuhann:
    Ich beglückwünsche daher Deutschland, dass es diese Übung ausrichtet. Und auch die USA, die einen großen Teil der Flugzeuge dorthin schicken. Natürlich wird es auch manche Herausforderungen geben, Lärm und manche Schwierigkeiten im Luftverkehr. Aber ich weiß, dass die Nato und die deutsche Seite alles tun, um die Folgen für die deutsche Bevölkerung zu minimieren.
    ZDFheute: Haben Sie keine Sorge, dass eine solche Übung in Russland als Provokation empfunden und als Vorwand für eine weitere Eskalation genutzt wird?
    Stoltenberg: Nein. Denn die Nato ist ein defensives Bündnis. Die Nato hat das Recht, ihre eigenen Truppen zu üben. Die Provokation, die in Europa gerade stattfindet, ist doch, dass Russland einen vollwertigen Krieg begonnen hat, Hunderte von Panzern geschickt hat, Hunderttausende von Soldaten und Luftangriffe gegen die Ukraine ausführt. Das ist nicht nur eine Provokation, das ist eine eklatante Verletzung internationalen Rechts.
    ZDFheute: Im Herbst endet Ihr Mandat als Nato-Generalsekretär. Schließen Sie aus, dass Sie ihre Amtszeit nochmal verlängern?
    Stoltenberg: Ich konzentriere mich darauf, die Allianz in einer sehr wichtigen Phase zu führen. Wir stehen mitten in einem Krieg in Europa.

    Mein Mandat endet im Herbst - und ich habe absolut keinen anderen Plan als dieses Mandat zu beenden. Außerdem bin ich absolut überzeugt, dass das Bündnis in der Lage ist, eine gute Nachfolgelösung für mich zu finden.

    Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär

    Das Interview führte ZDF-Korrespondent Florian Neuhann in Oslo.

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