Steinmeier zu AfD-Hoch: Nicht jede Kritik populistisch

    AfD im Umfragehoch:Steinmeier: Nicht jede Kritik populistisch

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
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    Die AfD im Umfragehoch "beunruhigt" Bundespräsident Steinmeier. Allerdings sei auch nicht jede kritische Frage populistisch oder rechtsextrem, sagte er im ZDF-Sommerinterview.

    In fünf Bundesländern kommt die AfD derzeit auf Umfragewerte von fast oder mehr als 30 Prozent. In Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sind die Zahlen "beunruhigend", wie er im ZDF-Sommerinterview sagte, aber:

    Sie dürfen nicht dazu führen, dass wir jede kritische Frage automatisch als Populismus und Rechtsextremismus einordnen.

    Frank-Walter Steinmeier

    Die Gesellschaft müsse wieder lernen, sagte Steinmeier, "den demokratischen Streit miteinander zu führen, ohne jeweils in Hass und Hetze auszubrechen". Man müsse aber trotzdem "Verständnis dafür haben, dass Menschen Fragen haben, verunsichert sind". Seit 2008 habe man viele Krisen bewältigen müssen:

    Wir sind eine Gesellschaft im Stress.

    Frank-Walter Steinmeier

    Steinmeier: Jeder Protest-Wähler hat Verantwortung

    Die AfD werfe derzeit Fragen auf, auf die "viele Menschen die Erwartung nach Antwort haben", so Steinmeier. Und die müsse die Politik geben: "Was wird aus meinem Job, wie entwickelt sich die Inflation, wo positionieren wir uns im Krieg Russlands gegen die Ukraine richtig, wie wird das mit der Flüchtlingsbewegung an Europas Grenzen?"
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    Viele wollten mit ihrer Stimme für die AfD Protest ausdrücken. Allerdings, so Steinmeier, hätten sie auch eine Verantwortung.

    Jeder Wählerin und jeder Wähler übernimmt Verantwortung für das, was sie tun. Und wenn sie eine Partei stärken, die zur Verrohung der Auseinandersetzung beiträgt, dann ist das auch die Verantwortung eines mündigen Bürgers.

    Frank-Walter Steinmeier

    Wenn sich allerdings große Teile der Wählerschaft von den regierenden Parteien abwende und auch die größte Oppositionspartei wie die Union davon nicht profitiere, dann ist laut Steinmeier "etwas im Gange, was Fragen aufwirft". Und:

    Selbstverständlich müssen sich Regierungsparteien auch fragen, und sie tun es ja, ob man die richtigen Themen hat, ob Themen ausgelassen werden, ob man die richtige Kommunikation wählt.

    Frank-Walter Steinmeier

    Auch die Frage, ob es zu viel Streit gebe. Diese Fragen müsste die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP beantworten. Bei allem immer nur zu fragen, "ist es Habeck, ist es Scholz, ist es Lindner, ist es Merz, das greift zu kurz", so Steinmeier.

    Klingbeil: Menschen sind "müde"

    Steinmeier steht mit seiner Kritik an den etablierten Parteien nicht allein. SPD-Parteichef Lars Klingbeil sagt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Wir müssen als Demokraten aufpassen, dass rechtsextreme Erzählungen nicht in der Mitte der Gesellschaft ankommen." Die Gesellschaft sei "müde". Sie hätte Zukunftsängste dadurch entstehe ein "Nährboden für Populismus".
    Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger machte zudem die Ampel-Koalition und die Union verantwortlich. "Ich nehme da ausdrücklich nicht nur diese Regierung in Haftung, sondern auch die größte Oppositionspartei", sagte er "Zeit Online". Die hohen Zustimmungswerte für die AfD machten ihm Sorgen. Die Volksparteien dürften sich nicht wegducken und müssten das Land dringend modernisieren. "Deutschland muss wieder einfacher werden", so Dulger.

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