Spannungsfeld Serbien und Kosovo: Konflikt mit Geschichte
FAQ
Spannungsfeld am Balkan:Serbien und Kosovo: Konflikt mit Geschichte
von Emina Mujagić
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Seit dem Ende Jugoslawiens in den 90er Jahren kommt es immer wieder zur Eskalation zwischen Serbien und dem Kosovo. Ein Blick in die Historie des Konflikts.
Gespaltene Stadt: Mitrovica an der Ibar
Quelle: AFP
Annäherungsversuche zwischen Kosovo und Serbien gab es etliche in den letzten Jahren. Die Anspannung zwischen Belgrad und Pristina bleibt. Worum geht es in dem Konflikt?
Wo hat der Konflikt seinen Ursprung?
Der Grundkonflikt im und um das Kosovo sind unterschiedliche Perspektiven auf dessen völkerrechtlichen Status. Während die Regierung des Kosovo in Pristina die Eigenstaatlichkeit betont und das Land in der internationalen Gemeinschaft etablieren will, betrachtet man im serbischen Belgrad das Kosovo als Teil Serbiens, mehr noch: als das "Herz von Serbien".
Ihren Anspruch begründen sie mit der Schlacht von Amselfeld im Kosovo. Dort befinden sich viele der wichtigsten orthodoxen Klöster. 1389 kämpften serbisch-orthodoxe Christen gegen muslimische Osmanen. Seitdem geht es für die Serben um mehr als nur Territorium, es geht um ihren christlich-orthodoxen Glauben.
Mehrheitlich leben aber ethnische Albaner im Kosovo. Sie sind größtenteils muslimischen Glaubens. Sie betrachten das Gebiet als ihr Land und werfen den Serben vor, sie jahrzehntelang unterdrückt zu haben.
Welche Rolle spielt das ehemalige Jugoslawien?
Unter Josip Broz Tito und dem Vielvölkerstaat Jugoslawien erlangte das Kosovo mehr Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Die Provinz Kosovo wird autonom, gehört aber weiterhin zu Serbien. Mit dem Tod von Tito 1980 drifteten die Bevölkerungsgruppen Jugoslawiens auseinander. Orientierungslosigkeit, Unsicherheit und Ängste nahmen zu.
Die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien gilt als Titos Utopie eines Vielvölkerstaates. Nach dem Tod des Diktators zerbricht das Konstrukt mit rasender Geschwindigkeit.22.07.2020 | 44:05 min
In den 1990er Jahren zerfiel die Föderation Jugoslawien mit blutigen Kriegen. Die Regierung der neu entstandenen Bundesrepublik Jugoslawien, bestehend aus Serbien und Montenegro, reagierte äußerst repressiv auf die kosovarische Unabhängigkeitsbewegung.
Unter der serbischen Führung von Slobodan Milošević wird die Autonomie der damals 80 Prozent albanisch besiedelten Provinz Kosovo aufgehoben und die Kosovo-Albaner aus fast allen Behörden verdrängt.
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Warum kam es zum Kosovo-Krieg?
In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre eskalierten die Auseinandersetzungen zwischen der serbischen Armee und Paramilitärs auf der einen und der kosovarischen Befreiungsarmee auf der anderen Seite.
Aufgrund schwerer Menschenrechtsverletzungen während der Kämpfe intervenierte die Nato 1999. Unter Führung der USA und ohne UN-Mandat flog das Militärbündnis 78 Tage lang Luftangriffe auf Belgrad. Je länger die Luftangriffe dauerten, desto mehr gingen der Nato die militärischen Ziele aus. Human Rights Watch geht von mindestens 500 getöteten Zivilisten aus.
Schließlich lenkte Milošević Anfang Juni 1999 ein und erklärte sich zum Rückzug seiner Truppen aus dem Kosovo bereit. Mehr als 13.000 Menschen wurden vor, während und nach dem Kosovo-Krieg getötet oder gelten bis heute als vermisst. Der Krieg beschäftigt bis heute ein Sondergericht in Den Haag.
Was macht die KFOR?
Seit Ende des Krieges sorgt die Nato-Schutztruppe Kosovo Force (KFOR) für den Frieden zwischen den Volksgruppen. Racheakte gegen Serben im März 2004 konnte die Spezialtruppe trotzdem nicht verhindern.
2008 erklärte Kosovo seine Unabhängigkeit. Mit dieser einseitigen Erklärung durch das mehrheitlich kosovo-albanisch dominierte Parlament in Pristina und der darauf folgenden massiven Kampagne des serbischen Staates gegen die Unabhängigkeit vertiefte sich der Konflikt.
Bisher haben 115 Staaten das Kosovo anerkannt, darunter Deutschland und viele EU-Mitglieder. Griechenland, Rumänien oder Spanien betrachten Kosovo weiterhin als Teil Serbiens, ebenso Russland und China.
Welche Rolle spielen Vučić und Kurti?
Seit der Machtübernahme von Aleksandar Vučić in Serbien im Jahr 2012 wird Kosovo in Serbien immer wieder innenpolitisch nationalistisch instrumentalisiert. Im kosovarischen Premierminister Albin Kurti, der strikt auf die Einhaltung der territorialen Integrität und die Souveränität des Kosovo setzt, fand Vučić seinen Gegenspieler.
Wie versucht die EU zu schlichten?
Seit 2011 vermittelt die EU zwischen Serbien und dem Kosovo. Der Konflikt gilt als Haupthindernis für die Aufnahme beider Länder in die EU.
Im Februar 2023 sah man eine Annäherung mit dem Vorschlag eines Rahmenabkommens zwischen den beiden Staaten. Es sieht vor, dass Serbien das Kosovo zwar nicht völkerrechtlich anerkennt, aber die Eigenstaatlichkeit der ehemaligen serbischen Provinz zur Kenntnis nimmt. In diesem Zuge soll Serbien kosovarische Reisepässe, Autokennzeichen und Zollpapiere anerkennen, was es bisher nicht tut.
Im Gegenzug soll das Kosovo die Rechte der serbischen Minderheit im Land institutionell absichern. Der kosovarische Regierungschef Kurti ist bereit zu unterschreiben, doch eine Unterzeichnung seitens der serbischen Seite gab es bis jetzt nicht.
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