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Für Kanzler "unverzichtbar":Scholz: Grenzkontrollen zu Österreich bleiben
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Bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen in Österreich hat Kanzler Scholz (SPD) die Aufhebung der Kontrollen an Grenzen zum Nachbarland abgelehnt. Er nannte diese "unverzichtbar".
Seit dem Jahr 2015 gibt es an der deutsch-österreichischen Grenze wieder stationäre Kontrollen.
Quelle: Armin Weigel/dpa
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei seinem Besuch in Salzburg ein Ende der derzeitigen Kontrollen an der Grenze zu Österreich abgelehnt.
Gegenwärtig sei ein solches Vorgehen "angesichts der Zahlen, die wir gemeinsam kennen, etwas, das unverzichtbar ist - genauso, wie Österreich seinerseits auch an anderen Stellen Kontrollen vornehmen muss", sagte Scholz am Freitag bei einer Pressekonferenz mit dem österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP).
Scholz: EU-Asylrecht auf "gute Füße stellen"
"Wir müssen sehen, dass wir das ganze System auf gute Füße stellen", sagte Scholz mit Blick auf die Reform des europäischen Asylrechts. "Solange das alles nicht funktioniert, werden wir uns immer mal auf irgendeine Weise ganz pragmatisch helfen müssen, wie zum Beispiel an der deutsch-österreichischen Grenze."
Nehammer hatte im Vorfeld des Besuchs gegenüber der Nachrichtenagentur APA erklärt: "Deutschland führt zu Österreich nach wie vor Grenzkontrollen durch, das zeigt, dass das Schengen-System strukturell nicht funktioniert"
Grenzkontrollen in Bayern seit 2015
Die EU-Innenminister hatten sich im Juni auf einen Kompromiss geeinigt, der erstmals Asylverfahren an den EU-Außengrenzen vorsieht, aber auch einen Verteilungsmechanismus von Asylsuchenden auf die EU-Staaten. Allerdings gibt es Widerstand zur Einigung aus Polen und Ungarn.
In Deutschland gibt es stationäre Kontrollen nur in Bayern an der Grenze zu Österreich. Sie wurden 2015 während des damaligen starken Anstiegs der Zahlen an Flüchtlingen eingeführt und seitdem immer wieder verlängert.
Nehammer verweist auf Zahl nicht registrierter Flüchtlinge
Österreichs Kanzler Nehammer sagte zum Treffen, er habe Scholz in Bezug auf den Schengen-Raum erneut die "besondere Herausforderung, in der sich Österreich befindet", darstellen können. "Auch da sind wir in einer Schicksalsgemeinschaft", sagte Nehammer.
Er verwies darauf, dass in Österreich im vergangenen Jahr von 122.000 Asylsuchenden mehr als 75 Prozent nicht registriert gewesen seien, "obwohl sie ein EU-Land durchschritten haben".
Seit Jahren streitet die EU über eine Asylreform, vor allem darüber, wie die Geflüchteten auf die EU-Staaten verteilt werden und wie die Außengrenzen gesichert werden können.06.06.2023 | 9:19 min
Wien blockierte EU-Beitritte - Berlin setzte sich dafür ein
Nehammer ist innerhalb der EU einer der lautesten Befürworter stärker gesicherter Außengrenzen. Zudem hat sein Land im vergangenen Jahr ein Veto gegen den Beitritt zum Schengen-Raum der EU-Länder Rumänien und Bulgarien eingelegt. Der österreichische Innenminister Gerhard Karner begründete dies mit der steigenden Anzahl von Migranten auf der Balkanroute.
Die Bundesregierung hingegen hatte sich für eine Aufnahme eingesetzt. "Die deutsche Haltung in dieser Frage ist klar, und das habe ich auch den Freunden in Rumänien und Bulgarien immer versichern können", bekräftigte Scholz in Salzburg.
Österreichs Kanzler lobt EU-Migrationsabkommen mit Tunesien
Beide Bundeskanzler sprachen sich für den Asylkompromiss der EU und für Abkommen mit Herkunfts- und Transitländern aus. Nehammer bezeichnete das Mitte Juli geschlossene Migrationsabkommen der EU mit Tunesien als "zukunftsweisend".
Die Einigung sieht massive EU-Finanzhilfen vor, im Gegenzug soll Tunesien stärker gegen irreguläre Migration vorgehen. Hilfsorganisationen prangern das mit Blick auf die Menschenrechtslage in Tunesien an.
Scholz mahnt Gewinnung von Arbeitskräften an
"Migrationspartnerschaften" seien auch im deutschen Interesse, sagte Scholz. "Deutschland braucht Millionen zusätzlicher Arbeitskräfte, um den eigenen Wohlstand aufrechtzuerhalten. Das ist bei Österreich nicht anders."
Gleichzeitig sei mit den Ländern im Gegenzug zu vereinbaren, dass Migranten, "die sich zu Unrecht auf Fluchtgründe berufen und deshalb keinen Schutz gewährt bekommen", auch zurückgenommen würden. "Daran hapert es ja", sagte Scholz.
Quelle: AFP
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